Anspruch auf Kita-Platz: Was Eltern dazu wissen müssen

12.02.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice / Lesedauer ca. 4 Min. (1467 mal gelesen)
Kita-Platz,Kindertagesstätte,Kinderbetreuung,Betreuungsbedarf,Tageseinrichtung Nicht alle Kinder finden einen Platz in einer Kita. Was können Eltern tun? © Ma - Anwalt-Suchservice
Das Wichtigste in Kürze

1. Gesetzliche Regelung: Seit August 2013 haben Eltern bzw. deren Kinder in Deutschland einen gesetzlichen Anspruch auf einen Kita-Platz. Dies ist in § 24 des achten Sozialgesetzbuches (SGB VIII) geregelt.

2. Betreuungsbedarf: Welche und wie viel Betreuung ein Kind braucht, richtet sich nach den Lebensumständen der Eltern – zum Beispiel, wie viele Stunden sie arbeiten und ob sie noch andere Kinder betreuen.

3. Mehrkosten für Ersatzbetreuung: Haben Eltern bzw. Kinder Anspruch auf einen Kita-Platz und stellt die Gemeinde diesen nicht zur Verfügung, muss sie die Mehrkosten für eine Ersatzbetreuung zahlen.
Seit August 2013 gibt es in Deutschland einen gesetzlichen Anspruch auf einen Kita-Platz, oder, mit den Worten des Gesetzesgebers, auf "Förderung in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege". Dies ist in § 24 des achten Sozialgesetzbuches (SGB VIII) geregelt. Das hindert jedoch einige Gemeinden nicht daran, die Wünsche der Eltern einfach mit dem Verweis auf einen schmalen Etat abweisen zu wollen.

Welche Ansprüche haben Kinder unter einem Jahr?


Kinder, die das erste Lebensjahr noch nicht vollendet haben, können eine Förderung in einer Einrichtung oder in der Kindertagespflege beanspruchen, wenn dies für ihre Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit geboten ist. Dieser Anspruch besteht auch, wenn die Eltern einer Erwerbstätigkeit nachgehen, eine solche aufnehmen oder Arbeit suchend sind, oder wenn sie sich in einer beruflichen Bildungsmaßnahme, in der Schulausbildung oder Hochschulausbildung befinden oder Leistungen zur Eingliederung in Arbeit bekommen. Der Umfang der täglichen Förderung bzw. Betreuung des Kindes, zum Beispiel deren Dauer, ist vom individuellen Betreuungsbedarf der Betreffenden abhängig.

Was gilt für ein- bis dreijährige Kinder?


Hat ein Kind das erste Lebensjahr vollendet, kann es bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres eine frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung (Kita) oder in einer Kindertagespflege (Tagesmutter) beanspruchen. Dabei ist ebenfalls der individuelle Bedarf eine maßgebliche Voraussetzung für den Anspruch auf einen Kita-Platz.

Welche Ansprüche haben drei- bis sechsjährige Kinder?


Wenn ein Kind das dritte Lebensjahr vollendet hat, besitzt es bis zum Schuleintritt einen Anspruch auf die Förderung in einer Tageseinrichtung. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben sich darum zu kümmern, dass es für diese Altersgruppe ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagesplätzen gibt. Bei besonderem Betreuungsbedarf oder ergänzend zur Tageseinrichtung können Kinder in diesem Alter auch in Kindertagespflege gefördert werden.

Welcher Betreuungsbedarf besteht für mein Kind?


Welche und wie viel Betreuung ein Kind braucht, richtet sich nach den Lebensumständen der Eltern – zum Beispiel, wie viele Stunden sie arbeiten und ob sie noch andere Kinder betreuen. Der Betreuungsbedarf kann dabei ganz unterschiedlich hoch sein, es kann sich also um 20 Stunden pro Woche handeln oder auch mal um 40. Nicht berücksichtigt wird dabei, ob Großeltern oder andere Verwandte die Kinder betreuen können.

Der Anspruch auf einen Betreuungsplatz hängt nicht davon ab, ob die Eltern vielleicht eine private Kinderbetreuung organisieren könnten. Die Eltern müssen jedoch den Betreuungsbedarf nachweisen. Es ist zu empfehlen, dies von Anfang an und von sich aus zu tun.

Nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Aachen haben Eltern, die fünf Tage in der Woche von 8 bis 17 Uhr arbeiten, einen Betreuungsbedarf von 45 Stunden. Die Stadt müsse für die Betreuung ihres einjährigen Kindes in diesem Zeittraum sorgen und könne nicht einfach sagen, dass eine Betreuung nur bis 16 Uhr 30 möglich sei (Beschluss vom 31.7.2018, Az. 8 L 700/18).

Fahrzeiten: Was ist Eltern und Kind zumutbar?


Auch die Fahrzeiten zur Kita können eine Rolle spielen. Zwar können Eltern grundsätzlich selbst auswählen, in welche Kita oder zu welcher Tagesmutter ihr Kind gehen soll. Dies funktioniert jedoch oft nicht, denn das Angebot ist knapp. Auch sind Kitas nicht dazu verpflichtet, jedes Kind aufzunehmen.

Ein Platz für die Betreuung eines Kindes muss jedoch immer auch zumutbar sein. Es gibt keinen Anspruch darauf, in der nächstgelegenen Kita einen Platz zu erhalten. Den zumutbaren Fahrzeiten sind jedoch Grenzen gesetzt. Die Gerichte entscheiden dabei sehr einzelfallabhängig. In der Regel sind 25 Minuten Fahrzeit den Eltern noch zumutbar. Über 30 Minuten Busfahrt sind allerdings schon zu viel (siehe unten). Als unzumutbar gilt auch die Unterbringung bei einer Tagesmutter mit Katze, wenn das Kind eine Katzenallergie hat.

Wer ist für die Zuteilung eines Kita-Platzes zuständig?


Dafür zuständig, dass genügend Kita-Plätze bereitgehalten werden, ist die Gemeinde bzw. der örtliche Träger der Jugendhilfe. So hat auch das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg entschieden. Auch Fachkräftemangel entbindet demnach die Berliner Bezirke nicht von ihrer Pflicht, Kindern eine frühkindliche Betreuung und einen bedarfsgerechten Platz zur Verfügung zu stellen. Die Plätze müssten sich dabei in einer angemessenen Entfernung zur Wohnung der Eltern befinden. Nicht mehr angemessen sei eine Fahrzeit von über 30 Minuten im öffentlichen Bus. Wie das Gericht betonte, sind die Gemeinden dazu verpflichtet, die Kapazitäten zu schaffen, um ihren gesetzlichen Pflichten nachzukommen (Beschluss vom 22.3.2018, Az. OVG 6 S 2.18 und OVG 6 S 6.18).

Welche Ansprüche haben Eltern, wenn es nicht genug Kita-Plätze gibt?


Existieren in einer Gemeinde trotz gesetzlicher Verpflichtung nicht genug Kinderbetreuungsplätze, riskiert diese, Ausgleichszahlungen leisten zu müssen. Meist kommen die Eltern in einem solchen Fall nicht darum herum, für ihr Kind einen Platz in einer privaten Kindertagesstätte zu suchen. Dieser kann deutlich teurer sein, als ein Platz in einer Gemeinde-Einrichtung.

Dazu hat das Verwaltungsgericht Stuttgart entschieden, dass die Eltern eines zweijährigen Kindes Anspruch auf Ersatz der Mehrkosten haben, die ihnen durch die Unterbringung in einer privaten Kita entstehen (Urteil vom 28.11.2014, Az. 7 K 3274/14). Die Gemeinde kommt nicht um die Erstattung der Mehrkosten herum, weil sie kein Geld hat oder nicht genug Erzieher zur Verfügung stehen. Es befreit die Gemeinde auch nicht von ihrer Zahlungspflicht, dass die Eltern sich schließlich selbst um einen privaten Platz kümmern. Eine Voraussetzung für den Anspruch ist unter anderem, dass die Eltern den Betreuungsbedarf nachweisen, zum Beispiel, weil sie beide berufstätig sind.

Praxistipp zum Anspruch auf einen Kita-Platz


Eltern sollten sich nicht mit dem Argument abschrecken lassen, dass nicht genug Kindergartenplätze vorhanden sind. Besteht Betreuungsbedarf, können sie von der Gemeinde zumindest den Ersatz der Mehrkosten für eine private Kindertagesstätte fordern. Dabei hilft mit Rat und Tat ein Fachanwalt für Verwaltungsrecht.

(Ma)


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 Ulf Matzen
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