Ausbildungsvertrag

25.08.2011, Autor: Herr Erik Hauk / Lesedauer ca. 3 Min. (2458 mal gelesen)
Die Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf hat nach § 4 Abs. 2 BBiG grundsätzlich in einem Berufsausbildungsverhältnis zu erfolgen. Möglich ist ferner der Erwerb der dazu notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten in einem Arbeitsverhältnis. Der Abschluss eines anderen Vertragsverhältnisses iSv. § 26 BBiG ist unzulässig.
Schließen die Vertragsparteien keinen Berufsausbildungsvertrag, sondern begründen ein anderes Vertragsverhältnis nach § 26 BBiG auf der Grundlage eines „Anlernvertrages“, ist dieser nach §§ 4 Abs. 2 BBiG iVm. 134 BGB nichtig. Auf das Rechtsverhältnis sind die Regeln über das fehlerhafte (faktische) Arbeitsverhältnis anzuwenden. Es ist das für Arbeitnehmer übliche Arbeitsentgelt zu zahlen.
§ 4 Abs. 2 BBiG bestimmt, dass für einen anerkannten Ausbildungsberuf nur nach der Ausbildungsordnung ausgebildet werden darf. Diese Bestimmung findet sich in Teil 2 Kapitel 1 BBiG, welches die Überschrift „Berufsausbildung“ trägt. Dessen Abschnitt 1 regelt die „Ordnung der Berufsausbildung, Anerkennung von Ausbildungsberufen“. Teil dieses Abschnittes ist auch § 4 Abs. 2 BBiG. Es soll nach dieser Vorschrift nicht der Praxis überlassen bleiben, in welchem Umfang und mit welchem Ziel ausgebildet wird. Die Regelung ist nicht abdingbar. Für die Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf geht es jedoch, wie die systematische Stellung von § 4 Abs. 2 BBiG in Kapitel 1 von Teil 2 des Berufsbildungsgesetzes zeigt, um eine Berufsausbildung im Sinne des Gesetzes und nicht um eine sonstige Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten. Die Ausbildung in einem anderen Vertragsverhältnis iSv. § 26 BBiG wie z.B. einem „Anlernverhältnis“ ist deshalb unzulässig. Derartige Verträge sind wegen des damit verbundenen Gesetzesverstoßes nach § 134 BGB insgesamt nichtig. Das gilt auch für einen „Anlernvertrag“. Die Nichtigkeit des Vertrages führt dazu, dass das „Anlernverhältnis“ zumindest für den Zeitraum seiner Durchführung entsprechend den Regeln über das Arbeitsverhältnis auf fehlerhafter Grundlage (so genanntes faktisches Arbeitsverhältnis) wie ein Arbeitsverhältnis zu behandeln ist. In einem anerkannten Ausbildungsberuf hat die Ausbildung zwar grundsätzlich als Berufsausbildung und damit auch in einem Berufsausbildungsverhältnis nach §§ 10. Ff. BBiG stattzufinden. Daneben ist es jedoch auch möglich, sich Kenntnisse und Fertigkeiten in einem anerkannten Ausbildungsberuf im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses anzueignen. Das ergibt sich aus § 45 Abs. 2 BBiG. Danach ist zur Abschlussprüfung auch zuzulassen, wer nachweist, dass er mindestens das Eineinhalbfache der Zeit, die als Ausbildungszeit vorgeschrieben ist, in dem Beruf tätig gewesen ist, in dem die Prüfung abgelegt werden soll. Das Gesetz geht damit davon aus, dass eine Tätigkeit in einem anerkannten Ausbildungsberuf auch ohne Abschlussprüfung erfolgen kann. Das schließt im Rahmen der Tätigkeit in dem Arbeitsverhältnis auch den Erwerb der dazu erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten ein. Wird die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten in einem anerkannten Ausbildungsberuf außerhalb eines Berufsausbildungsverhältnisses durchgeführt, und statt eines Berufsausbildungsverhältnisses ein nichtiges „Anlernverhältnis“ vereinbart, erbringt die auszubildende Person Tätigkeiten, wie sie einem Arbeitsverhältnis entsprechen, ohne dass ein solches zwischen den Parteien zustande gekommen ist. In derartigen Fällen sind die Regeln über das fehlerhafte/faktische Arbeitsverhältnis anzuwenden, wenn kein Mangel besteht, der dazu zwingt, das Arbeitsverhältnis von Anfang an als nichtig zu behandeln. Ein fehlerhaftes Arbeitsverhältnis wird für den Zeitraum, in dem es trotz der ihm anhaftenden Mängel in Vollzug gesetzt war, wie ein fehlerfrei zustande gekommenes Arbeitsverhältnis behandelt. Soweit ein fehlerhaftes Arbeitsverhältnis vorliegt, können die Parteien grundsätzlich die Fehlerhaftigkeit für Zeiträume, in denen das Vertragsverhältnis nicht in Vollzug gesetzt ist, geltend machen. Auf der Grundlage eines zwischen den Parteien in Vollzug gesetzten fehlerhaften Arbeitsverhältnisses hat ein Arbeitnehmer/eine Arbeitnehmerin mangels einer wirksamen Vergütungsabrede nach § 612 Abs. 2 BGB Anspruch auf die übliche Vergütung. Nach § 612 Abs. 2 BGB ist die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen, wenn die Höhe der Vergütung nicht bestimmt ist. Die Vereinbarung eines „Anlernverhältnisses“ einschließlich seiner Vergütungsabrede ist nach § 134 BGB nichtig, s.o. Die zu zahlende Vergütung richtet sich nach dem Gehalt, das für das Arbeitsverhältnis gezahlt werden würde, für das ein „Anlernverhältnis“ vereinbart wurde. Das Gehalt kann auch durch einen Tarifvertrag geregelt sein.
Quelle: BAG, Urteil vom 27.07.2010, Az. 3 AZR 31/08