Wann können sich Arbeitnehmer Urlaubstage auszahlen lassen?

01.12.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice / Lesedauer ca. 4 Min. (646 mal gelesen)
Geld statt Urlaub,Urlaubsabgeltung,Urlaub auszahlen Wann hat ein Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaubsabgeltung? © Rh - Anwalt-Suchservice
Das Wichtigste in Kürze

1. Beendigung des Arbeitsverhältnisses: Arbeitnehmer in Deutschland können sich bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses Resturlaub in Geld auszahlen lassen. Voraussetzung: Es war nicht mehr möglich, den Urlaub zu nehmen.

2. Fristlose Kündigung: Besteht noch ein (Rest-) Urlaubsanspruch eines fristlos gekündigten Mitarbeiters, so ist dieser vom Arbeitgeber auszuzahlen.

3. Abgeltung bei Krankheit: Erkranken Arbeitnehmer vor dem Ende ihres Arbeitsverhältnisses, bis zum Ende des Kalenderjahres oder bis zum Ende des Übertragungszeitraumes ins Folgejahr und können deswegen ihren restlichen Urlaub nicht nehmen, bleibt der Anspruch auf Urlaubsabgeltung erhalten.
Arbeitnehmer müssen normalerweise ihren Urlaub innerhalb des Jahres nehmen, in dem der Urlaubsanspruch entsteht. Wenn das Arbeitsverhältnis weiter besteht, kann der Urlaub unter bestimmten Voraussetzungen auf das nächste Jahr übertragen werden. Natürlich funktioniert dies nicht immer. Vielleicht endet der Arbeitsvertrag vor Ablauf des Jahres durch Kündigung. Oder Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben einen Aufhebungsvertrag abgeschlossen, der das Arbeitsverhältnis beendet, bevor der Urlaub genommen werden kann. Natürlich kommt es auch vor, dass ein Arbeitnehmer während der letzten Monate eines Arbeitsverhältnisses krank wird und deshalb keinen Urlaub nehmen kann. Die Lösung in solchen Fällen kann eine Urlaubsabgeltung in Form von Geld sein.

Wo ist der Anspruch auf Urlaubsabgeltung geregelt?


Maßgeblich ist hier § 7 Abs. 4 des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG). Dieser besagt: "Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten."
Dabei ist jedoch immer der normale Erholungsurlaub vorrangig. Kann dieser also vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch genommen werden, gibt es auch keine Urlaubsabgeltung. Diese ist nur für Fälle gedacht, in denen es nicht mehr möglich ist, den Urlaub zu nehmen.

Wie berechnet sich die Urlaubsabgeltung?


Wer als Arbeitnehmer feststellen will, wie hoch der Anspruch auf Urlaubsabgeltung ist, muss zunächst seinen Tageslohn ermitteln. Das geht so:
Ein Quartal hat 13 Wochen. Der Monatslohn wird mit 3 multipliziert und dann durch 13 geteilt. So erhält man den Wochenlohn. Bei einer fünf-Tage-Woche teilt man nun diesen Betrag durch fünf. Ergebnis ist der Tageslohn. Diesen Betrag kann man für einen Tag Urlaubsabgeltung verlangen.

Gibt es Urlaubsabgeltung auch nach einer fristlosen Kündigung?


Die Urlaubsabgeltung ist vom Arbeitgeber auch nach einer fristlosen Kündigung zu zahlen, wenn noch ein Urlaubsanspruch besteht. Der Urlaubsanspruch ist schließlich entstanden, Verfehlungen des Arbeitnehmers hin oder her. Hier gilt also nichts anderes als bei einem einvernehmlichen Aufhebungsvertrag.

Welche Ausschlussfristen sind für die Urlaubsabgeltung zu beachten?


Tarifverträge und Arbeitsverträge enthalten oft Ausschlussfristen, nach deren Ablauf alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis erlöschen. Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts gelten diese Fristen auch für die Urlaubsabgeltung (Urteil vom 9.8.2011, Az. 9 AZR 352/10). Arbeitnehmer sollten sich daher rechtzeitig informieren und den Anspruch auf Urlaubsabgeltung unbedingt vor Ablauf der jeweiligen Frist geltend machen.

Gibt es auch bei Krankheit Urlaubsabgeltung?


Es kommt vor, dass Arbeitnehmer vor dem Ende ihres Arbeitsverhältnisses erkranken, bis zum Ende des Jahres oder sogar des Übertragungszeitraumes (erstes Quartal) arbeitsunfähig bleiben und deswegen ihren restlichen Urlaub nicht nehmen können. Das Bundesarbeitsgericht hat dazu entschieden, dass der Anspruch auf Urlaubsabgeltung in solchen Fällen nicht erlischt (Urteil vom 24.3.2009, Az. 9 AZR 983/07).

Schadensersatz als Abgeltung für Urlaubsansprüche?


Was gilt nun aber, wenn ein Arbeitnehmer vor Ende seines Arbeitsverhältnisses einen Anspruch auf Urlaub hatte, den der Arbeitgeber nicht gewährt hat, den er aber auch gar nicht beantragt hat? Mit einem solchen Fall hat sich das
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg befasst. Das Gericht erläuterte, dass der Arbeitgeber den Anspruch auf Urlaub von sich aus erfüllen müsse. Wenn er dieser Pflicht nicht nachkomme und der Urlaubsanspruch deshalb mit Ende des Übertragungszeitraumes verfalle, müsse der Arbeitgeber entweder Schadensersatz in Form eines Ersatzurlaubes leisten oder diesen Ersatzurlaub bei Ende des Arbeitsverhältnisses in Geld abgelten (Urteil vom 12.6.2014, Az. 21 Sa 221/14).
Der Anspruch sei entgegen der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Az. 8 AZR 846/09) nicht davon abhängig, dass der Arbeitgeber mit der Urlaubsgewährung in Verzug gewesen sei.

Kann der Arbeitnehmer wirksam auf die Urlaubsabgeltung verzichten?


Wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist und ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Abgeltung seines Urlaubs besteht, kann der Beschäftigte auf diesen Anspruch grundsätzlich verzichten. § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG untersagt zwar Abweichungen von der Urlaubsabgeltungs-Regelung zuungunsten des Arbeitnehmers. Diese Vorschrift verhindert jedoch nur einzelvertragliche Vereinbarungen, die das Entstehen von Urlaubsabgeltungsansprüchen ausschließen.

Wenn der Arbeitnehmer die Möglichkeit hat, Urlaubsabgeltung in Anspruch zu nehmen und davon absieht, hat er wirksam darauf verzichtet. In einem Fall vor Gericht hatten Arbeitgeber und Arbeitnehmer nach einer Kündigung einen gerichtlichen Vergleich geschlossen. Der Arbeitnehmer bekam eine Abfindung, mit der alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis abgegolten sein sollten. Er verlangte trotzdem Urlaubsabgeltung für mehrere zurückliegende Jahre - und verlor (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14.5.2013, Az. 9 AZR 844/11).

Haben auch Beamte Anspruch auf Urlaubsabgeltung?


Beamte haben nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) einen Anspruch auf Abgeltung des EU-rechtlich gewährleisteten Mindesturlaubs, den sie krankheitsbedingt bis zum Eintritt in den Ruhestand nicht mehr nehmen konnten. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht bestätigt. Dabei ging es um einen Polizeibeamten, der dienstunfähig erkrankt und dann in den Ruhestand gegangen war (Urteil vom 31.1.2013, Az. 2 C 10.12).

Ist der Anspruch auf Urlaubsabgeltung vererbbar?


Stirbt ein Arbeitnehmer im laufenden Arbeitsverhältnis, ist sein Anspruch auf Urlaubsabgeltung vererbbar. Dies hat das Bundesarbeitsgericht entschieden. Der Anspruch fällt also in den Nachlass (Urteil vom 22.1.2019, Az. 9 AZR 45/16).

Praxistipp zur Urlaubsabgeltung


Zum Thema Urlaubsabgeltung und Geld statt Urlaub gibt es viele Gerichtsurteile. Die Rechtsprechung ändert sich auch immer wieder. Bei Streitigkeiten mit dem Arbeitgeber empfiehlt es sich für Arbeitnehmer, sich rechtzeitig vor Ende des Arbeitsverhältnisses von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht beraten zu lassen. Dieser kann Ihnen helfen, Ihre Ansprüche durchzusetzen.

(Ma)


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 Ulf Matzen
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