Berufung: Die zweite Chance

23.08.2015, Autor: Herr Alexander Betz / Lesedauer ca. 11 Min. (2785 mal gelesen)
Für Verurteilte bringt die Berufung eine zweite Chance. Auch ein Wechsel des Anwalts ist zu diesem Zeitpunkt kein Problem.

Verurteilt das Amtsgericht in einer Strafsache und ist der Verurteilte damit nicht einverstanden, kann er es mit dem Rechtsmittel der Berufung angreifen.

Zwar bietet sich statt der Berufung auch gleich eine sog. Sprungrevision an, doch schneidet man sich dadurch eine ganze Rechtsmittelinstanz ab, die zudem nur Rechtsfragen und keine Tatsachen wie Beweise oder Indizien prüft, sodass sich zunächst regelmäßig das Berufungsverfahren anbietet; gegen das Berufungsurteil besteht nämlich dann immer noch die Möglichkeit, Revision einzulegen.

Nach dem erstinstanzlichen Urteilsspruch kann sich der Verurteilte oftmals dem Gefühl nicht erwehren, dass das Urteil in erster Linie aus dem Bauch heraus gesprochen und die Beweislage zu wenig oder falsch gewürdigt wurde. Vielleicht war der bisherige Anwalt schlecht gewählt oder es ist im Vertrauen auf einen guten Ausgang nicht ausreichend Geld für eine vernünftige Verteidigung in die Hand genommen worden?

Deshalb nehmen Sie ein Urteil, mit dem Sie nicht einverstanden sind, nicht einfach hin. Lassen Sie es von einem erfahrenen Verteidiger unter dem Gesichtspunkt der Berufung prüfen und lassen Sie ihn eine maßgeschneiderte Strategie entwickeln und für ihr Recht kämpfen! Es ist noch nicht zu spät, das Ruder herumzureißen.

Denn die Berufung ist eine eigene, vollwertige Instanz. In ihr kann ein Strafverfahren noch einmal komplett neu aufgerollt werden. Der Verurteilte kann darauf bestehen, dass die Beweisaufnahme noch einmal vollständig durchgeführt und auch neue Tatsachen und Beweismittel vorgetragen werden. So kann der Prozess völlig neu gestaltet und der komplette Anklagevorwurf noch einmal verhandelt werden. Damit bietet die Berufung eine echte zweite Chance ein bereits gefälltes Urteil zu revidieren.

Wann ist eine Berufung möglich?

Die Berufung ist ausschließlich gegen amtsgerichtlichen Urteile, also gegen die erstinstanzlichen Urteile des Strafrichters oder des Schöffengerichts zulässig. Erstinstanzliche Urteile der Strafkammern bei den Landgerichten, bzw. der Strafsenate bei den Oberlandesgerichten, können dagegen nur mit der Revision angegriffen werden. Hier gibt es also nur eine einzige Rechtsmittelinstanz.

Zuständig für die Entscheidung über eine Berufung ist die kleine Strafkammer des jeweiligen Landgerichts. Sie ist in der Regel mit einem Berufsrichter und zwei Laienrichtern, sogenannten Schöffen besetzt.

Vorsicht: Es gelten sehr kurze Fristen! Die Berufung muss binnen einer Woche nach Verkündung des Urteils eingelegt werden.

Berufung und Untersuchungshaft

Durch die rechtzeitige Einlegung der Berufung wird die Rechtskraft des Urteils gehemmt. Für den Angeklagten gilt also weiterhin die Unschuldsvermutung – er gilt bis zum Urteilsspruch des Berufungsgerichts also trotz der erstinstanzlichen Verurteilung als nicht verurteilt und damit unschuldig. Sofern eine Freiheitsstrafe verhängt wurde, bedeutet das auch, dass der nunmehr Verurteilte diese noch nicht antreten muss. Ein Angeklagter, der sich bislang auf freiem Fuß befand, bleibt also, sofern auch weiterhin keine Gründe (insbesondere Fluchtgefahr) für die Anordnung der Untersuchungshaft vorliegen, in Freiheit.

Vorsicht ist geboten, wenn das Gericht eine deutlich höhere Freiheitsstrafe verhängen sollte, als von der Verteidigung beantragt. Immer wieder kommt es in dieser Konstellation vor, dass Richter nunmehr für den Angeklagten einen Fluchtanreiz in der für ihn vermeintlich überraschend hohen Strafe sehen und einen (Untersuchungs-) Haftbefehl erlassen. Mit dem notwendigen Fingerspitzengefühl wird die Verteidigung daher spätestens in ihrem Plädoyer darauf hinweisen, dass sich der Angeklagte trotz der beantragten niedrigen Freiheitsstrafe bzw. des geforderten Freispruchs durchaus der im Raum stehenden hohen Straferwartung bewusst ist und sich auf die Möglichkeit einer späteren Inhaftierung vorbereitet hat. Eine dennoch im Anschluss an die Urteilsverkündung verhängte Untersuchungshaft ist dann mit guten Erfolgschancen mit der Haftbeschwerde anzufechten.

In der umgekehrten Situation, in welcher der Angeklagte als Häftling aus der Untersuchungshaft vorgeführt, jedoch vom Amtsgericht zu einer Bewährungs- oder sogar (nur) Geldstrafe verurteilt wird, ist regelmäßig mit der sofortigen Aufhebung des Untersuchungshaftbefehls durch das erkennende Gericht zu rechnen, auch wenn das Urteil nun noch nicht rechtskräftig ist.

Schwierig wird es, wenn der Angeklagte aus der Untersuchungshaft vorgeführt und schließlich vom Amtsgericht zu einer Freiheitstrafe verurteilt wird, die nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden kann. In den weitaus meisten Fällen wird das Gericht bis zur Rechtskraft des Urteils den Untersuchungshaftbefehl in Vollzug lassen. Das ist für die meisten Angeklagten besonders bitter. Denn ihre Festnahme wird meist sehr überraschend gekommen sein; oft wird sie in den frühen Morgenstunden zu Hause stattgefunden haben, bei einer Verkehrskontrolle oder auf offener Straße. Der Inhaftierte hatte dann keine Chance, sich auf die Haft vorzubereiten, z.B. seine Steuer- oder Buchführungsangelegenheiten abzuschließen oder Dritte damit zu betrauen, das Haus winterfest zu machen oder einfach nur den Verbleib des Haustiers zu regeln.

Ziel der Verteidigung muss es daher sein, auch den zu einer unbedingten Freiheitsstrafe verurteilten Mandanten (wenigstens vorübergehend) aus der U-Haft heraus zu holen. Kann die vom Amtsgericht verhängte Freiheitsstrafe zwar nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden, fällt sie jedoch relativ niedrig aus, besteht hierfür durchaus eine realistische Chance. Zumindest wird es schwierig für das Gericht sein, eine Fluchtgefahr alleine mit der nunmehr ausgesprochenen, und damit also offensichtlich im Raum stehenden (niedrigen) Strafhöhe zu begründen. Wurde – wie so oft – die den Haftbefehl begründende Fluchtgefahr bislang einzig auf die zu erwartende, nicht näher zu beziffernde Strafhöhe gestützt, müsste der Untersuchungshaftbefehl spätestens jetzt konsequenterweise aufgehoben, zumindest jedoch gegen geeignete Auflagen außer Vollzug gesetzt werden.

Unbeschränkte Berufung

Mit dem Rechtsmittel der Berufung kann der Verurteilte das gesamte erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichts anfechten, er kann sich mit seiner Berufung allerdings auch auf die Anfechtung einzelner Punkte des Urteils beschränken. Konkret gesagt wird es bei der Frage einer möglichen Berufungsbeschränkung meist um die Frage gehen, ob sich der Mandant am festgestellten Sachverhalt und der darauf begründeten Strafe und ihrer Strafhöhe stört oder ob es ihm tatsächlich ausschließlich darum geht, die ausgesprochene Strafe selbst bzw. ihre Höhe anzugreifen.

Für den Fall der unbeschränkten Berufung muss das gesamte Urteil überprüft, also nicht nur die Frage geklärt werden, welche Strafhöhe Tat und Schuld angemessen ist, sondern zunächst, wie das Gericht überhaupt zu dem nach seiner Überzeugung festgestellten Sachverhalt gekommen ist. Hierfür ist in der Regel die nochmalige Durchführung der gesamten Beweisaufnahme (so. z.B. die Vernehmung von allen Zeugen und Sachverständigen sowie die in Inaugenscheinnahme von Beweismitteln etc.) erforderlich.

Auf Zeugen, die sich in der ersten Instanz als nicht wesentlich herausgestellt haben, werden Verteidigung, Staatsanwaltschaft und Gericht nun womöglich verzichten. Grundsätzlich gilt aus Verteidigersicht jedoch, dass bei einer unbeschränkten zweiten (Berufungs-) Instanz alle Zeugen noch einmal gehört werden müssen. Dies bietet sich alleine schon deshalb an, weil Zeugen sich mit ihrer erneuten Aussage in Widerspruch zu der bisherigen setzen könnten. So werden Zeugenaussagen, die die Anklage stützen und dem Angeklagten schaden sollen, durch das so mögliche Herausarbeiten von Widersprüchen in ihrem Wert geschwächt werden. Umso wichtiger ist es, bei einem streitigen Strafprozess bereits in der ersten Instanz und nicht erst in der Berufung dafür zu sorgen, dass wirklich alle wesentlichen Zeugen geladen und zu allen wichtigen Punkten befragt werden. Dabei ist ein weiterer positiver Aspekt der Umstand, dass die Verteidigung sich in der Berufung noch besser auf die Zeugen einstellen kann, nicht zuletzt weil sie deren Stärken und Schwächen im Auftreten und Aussageverhalten nun bereits aus der Verhandlung in erster Instanz beim Amtsgericht kennt. Die Chancen, die sich für die Zeugenvernehmungen dadurch in der zweiten Instanz bieten, würden anderenfalls empfindlich geschmälert, wenn nämlich wesentliche Zeugen ohne Not erstmals in der Berufungsverhandlung zu Wort kommen würden.

Auch der Verteidiger, der erstmals in der Berufungsinstanz mit dem Fall betraut wird, kann von den in der ersten Instanz vorausgegangenen Vernehmungen profitieren. Zwar war er dann beim Prozess vorm Amtsgericht nicht persönlich dabei; da dort allerdings immer ein Wortprotokoll geführt wird, kann er die Aussagen sämtlicher Zeugen und den gesamten Gang der Hauptverhandlung in der ersten Instanz gut nachvollziehen.

Vorsicht und größte Aufmerksamkeit ist geboten, wenn es überhaupt um die Ladung der Zeugen als solche geht. Nur weil ein Zeuge schon in erster Instanz ausgesagt hat, ist das Landgericht nun nicht per se verpflichtet, diesen Zeugen erneut zu laden. Es entscheidet selbst, welche Zeugen es zur Urteilsfindung benötigt. "Vermisst" die Verteidigung in der Ladung zum Berufungstermin Zeugen, die sie gerne in der Hauptverhandlung erneut (oder auch erstmals) hören würde, muss sie dies dem Gericht möglichst rechtzeitig vor Prozessbeginn mitteilen; in der Regel wird es dann auch diese Zeugen nachladen. Versäumt die Verteidigung eine entsprechende Mitteilung vor Beginn der Berufungsverhandlung, bleibt ihr im Prozess nur noch die Möglichkeit, einen sogenannten förmlichen Antrag zu stellen, für den allerdings strenge Anforderungen gelten. Sie muss dann nicht nur den Zeugen genau benennen, sondern auch die Tatsachen, die dieser Zeuge bestätigen soll und den näheren Grund, weshalb ausgerechnet dieser Zeuge zu den behaupteten Beweistatsachen Ausführungen machen kann. Das Gericht hat es in diesem Fall ungemein leichter, einen solchen Beweisantrag abzulehnen.

Auch wenn die Berufung zwar eine vollwertige, weitere Tatsacheninstanz ist, unterscheidet sich der Prozessablauf der Hauptverhandlung dennoch von dem in der ersten Instanz beim Amtsgericht. So wird kein Anklagesatz mehr verlesen, sondern vom Gericht das zugrundeliegende, erstinstanzliche Urteil. Des Weiteren wird von ihm kurz der bisherige Ablauf bzw. Gang des Verfahrens umrissen. Danach steht es dem Angeklagten – wie schon beim Amtsgericht – frei, Angaben zur Sache zu machen; anschließend werden in der Beweisaufnahme Zeugen gehört, Urkunden verlesen, Objekte wie Tatwaffen in Augenschein genommen etc. Nachdem die Beweisaufnahme geschlossen und das Bundeszentralregister verlesen worden ist, kommt es – wie in der ersten Instanz auch - zu den Schlussplädoyers.

Dass die Berufung einseitig vom Angeklagten bzw. seinem Verteidiger eingelegt wird, ist in der Praxis bedauerlicherweise eine Ausnahme - bedauerlich deshalb, weil nur dann das sogenannte Verschlechterungsverbot ("Reformatio in peius") gilt. Das heißt, wird Berufung ausschließlich auf Seiten des Angeklagten eingelegt, sind dem Berufungsgericht beim Strafmaß "nach oben" die Hände gebunden; die zu verhängende Strafe darf nicht höher ausfallen als das erstinstanzliche Urteil.

Und trotzdem ist selbst für den Fall, dass Berufung einseitig von der Verteidigung eingelegt wurde, und somit der Verschlechterungsgrundsatz gilt, Vorsicht geboten. Stand nämlich in erster Instanz die Begutachtung des Angeklagten mit Blick auf eine mögliche Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) oder in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) im Raum, könnte die nun erneut mögliche Vornahme der Begutachtung in der zweiten Instanz dazu führen, dass der Verurteilte zwar maximal in gleicher Höhe verurteilt, bei Feststellung des Unterbringungsfalls jedoch faktisch länger weggesperrt würde, als es von der Strafe selbst vorgesehen ist. Auch gilt das sog. Verschlechterungsverbot nicht für etwaige Auflagen die dem im Rahmen des erstinstanzlichen Bewährungsbeschlusses auferlegt wurden. Legt die Staatsanwaltschaft auch Berufung ein, gilt das Verschlechterungsverbot nicht. Das Urteil kann rein theoretisch auch höher ausfallen.

Beschränkung der Berufung?

Möglich ist es auch, ein Urteil mithilfe der Berufung nur teilweise anzufechten. Dies bietet sich zum Beispiel in Bezug auf einzelne Taten an, wenn manche klar bewiesen sind und andere nicht. So ist es möglich, bei mehreren Anklagevorwürfen einen Teil der verurteilten Taten einfach rechtskräftig werden zu lassen, und nur eine Tat oder ein paar der verurteilten Taten anzugreifen.

Die Berufung kann auch nur auf den Rechtsfolgenauspruch beschränkt werden, also sich beispielsweise wehren gegen die vom Amtsgericht vorgenommene Einstufung der angeklagten Tat als gefährliche und nicht "bloß" einfache Körperverletzung. Ebenso kann sie sich auf das verhängte Strafmaß beschränken, um also beim Beispiel zu bleiben, nicht die Feststellung der gefährlichen Körperverletzung monieren, sondern die mit ihr begründete Strafhöhe. Und sie kann sich isoliert auf Nebenfolgen, wie den Entzug der Fahrerlaubnis beziehen oder auf die nicht erfolgte Aussetzung einer Freiheitsstrafe zur Bewährung.

So kann beispielsweise im Rahmen des Berufungsverfahrens, welches mindestens 3 Monate, manchmal jedoch auch weit über 1 Jahr dauern kann, versucht werden, eine Strafe, die beim Amtsgericht nicht mehr – oder vielleicht besser gesagt noch nicht – zur Bewährung ausgesetzt werden konnte, alleine schon durch den Zeitablauf zu verbessern. Der Verurteilte hat bis zur Berufungsverhandlung schlichtweg die Chance der Optimierung seiner im Zeitpunkt der ersten Instanz eher schlechten Prognoseaussichten für eine Bewährungsstrafe, indem er sich in dieser Zeit weiterhin bewährt, also keine Straftaten mehr begeht und zum Bespiel zusätzlich seine Lebensumstände (Arbeiten, Wohnen) verbessert. Dies ist insbesondere bei Jugendlichen und Heranwachsenden oftmals Erfolg versprechend.

Insbesondere vor dem Hintergrund, dass für den Fall, dass die Berufung nicht einseitig von der Verteidigung eingelegt wurde, immer auch eine Verschlechterung des Urteils im Raum steht, ist sehr genau zu prüfen, ob und in welchem Umfang ein Urteil angefochten werden soll.

Gang des Berufungsverfahrens

Die Berufung ist bei dem Gericht anzubringen, welches das angegriffene Urteil erlassen hat. Binnen Wochenfrist nach Verkündung des Urteils muss das Rechtsmittel gemäß § 314 Abs. 1 StPO eingereicht sein. Gem. § 314 Abs. 2 StPO beginnt die Frist beim nicht anwesenden, weil vom Gericht beispielsweise beurlaubten Angeklagten erst dann zu laufen, wenn ihm das Urteil zugestellt wird (es sei denn, bei Verkündung des Urteils war sein mit schriftlicher Vollmacht versehener Verteidiger anwesend).

Eine Begründung der Berufung ist im Strafprozess nicht erforderlich. Gem. § 317 StPO kann die Berufung jedoch binnen Wochenfrist, sobald das Urteil mit seinen Gründen zugestellt wird, begründet werden. Und auch nach Ablauf dieser Frist verbietet es sich selbstverständlich nicht, gegenüber dem Gericht in einem gesonderten Schriftsatz auszuführen, welches Ziel die Berufung verfolgt. Dies bietet sich bisweilen unbedingt an. Denn es ist sich immer vor Augen zu führen, dass dem Berufungsgericht nicht nur – wie das in erster Instanz der Fall war – die Verfahrensakte nebst Anklage, sondern auch das erstinstanzliche Urteil des Richterkollegen vom Amtsgericht vorliegt. Erscheint das Urteil soweit – jedenfalls auf den ersten Blick – in sich schlüssig und nachvollziehbar, wird sich das Berufungsgericht hiervon womöglich beeinflussen bzw. leiten lassen. Nicht selten ruft der Vorsitzende Richter des Berufungsgerichts deshalb einige Wochen vor der Hauptverhandlung den Verteidiger an, um mit einem bisweilen spürbaren Unverständnis nach Sinn und Zweck der Berufung zu fragen. Umso wichtiger kann es sein, dem Gericht den Standpunkt des Verurteilten verständlich aufbereitet zu offenbaren und vor allem überzeugend zu erklären. Je interessierter das Gericht (auch) an der Einschätzung des Verurteilten ist, desto mehr wird es sich bei der in der Berufungsverhandlung durchzuführenden Beweisaufnahme den Fragen der Verteidigung öffnen.

Wenn die Berufung rechtzeitig eingelegt, also zulässig ist, so sind nach Ablauf der Frist zur Rechtfertigung der Begründung der Berufung die Akten gemäß § 320 StPO der Staatsanwaltschaft vorzulegen. Wenn nur die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt hat, hat diese dem Angeklagten eine Abschrift ihrer Berufungseinlegung und eine Abschrift der Berufungsbegründung zuzustellen. Die Staatsanwaltschaft hat sodann die Akten an die Staatsanwaltschaft beim Berufungsgericht zu übersenden. Diese hat die Akten binnen Wochenfrist dem Vorsitzenden des Berufungsgerichts vorzulegen.

Ist die Berufung nach dem Ergebnis der in zweiter Instanz durchgeführten Beweisaufnahme auch begründet, so hebt das Berufungsgericht das Urteil auf und entscheidet selbst in der Sache neu. Begründet ist die Berufung immer dann, wenn das Berufungsgericht die angefochtene Entscheidung für unrichtig hält und im Schuldspruch, oder hinsichtlich der ausgesprochenen Strafe zu einem anderen Ergebnis kommt. Möglich ist es auch, dass eine Berufung nur zum Teil begründet ist. Das Urteil wird dann teilweise aufgehoben. Die Urteilsaufhebung gilt allerdings immer nur für den Angeklagten, der auch Berufung eingelegt hat. Anderen Mitangeklagten, die keine Berufung eingelegt haben, kommt diese also auch nicht zu gute!

Gegen das Berufungsurteil kann zum Oberlandesgericht Revision eingelegt werden. Das Urteil kann dann noch einmal zur erneuten Überprüfung gestellt werden. Im Fall einer Revision wird das Urteil jedoch nur auf rechtliche Fehler überprüft. Eine weitere Tatsacheninstanz findet nicht statt. Gegen erstinstanzliche Urteile des Landgerichts und des Oberlandesgericht ist nur die Revision zum Bundesgericht zugelassen; mehr dazu unter der Rubrik Revision.

Fazit:

- Die Berufungsinstanz ist eine volle und neue Tatsacheninstanz.
- In der Berufung können alle Beweismittel wie z.B. Zeugen neu gehört werden.
- Das erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichts kann hier noch einmal komplett neu aufgerollt werden
- Ein Verteidigerwechsel ist jetzt problemlos möglich.
- Die Berufung kann auch auf einzelne Punkte beschränkt werden.
- Die Berufung kann eine echte zweite Chance für Sie sein.
- Die Frist zur Einlegung einer Berufung ist sehr kurz: Nur 1 Woche!

Nehmen Sie ein für Sie schlechtes, möglicherweise sogar falsches Urteil deshalb nicht einfach hin! Als erfahrene Strafverteidiger und Rechtsmittelspezialisten können wir anhand der Verfahrensakten, des erstinstanzlichen Urteils und des Sitzungsprotokolls des Amtsgerichts klären, welche Erfolgschancen für Sie in der zweiten Instanz bestehen und Sie ggf. suffizient vertreten. Dabei sind die Möglichkeiten, wie aufgezeigt, vielschichtig. Sprechen sie uns hierzu jederzeit und unverbindlich an.