Beziehung zwischen älterem Mann und Jugendlicher rechtlich erlaubt?

28.02.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Jugendliche,junge,Frau,älterer,Mann Jugendliche umarmt älteren Mann © - freepik

Manchmal sieht man Paare, bei denen ein Teil schon älter und der andere Teil noch sehr jugendlich aussieht. Da stellt sich die Frage: Können die Eltern der / des Minderjährigen etwas dagegen unternehmen?

Vor einiger Zeit machte ein Fall über eine Beziehung mit großem Altersunterschied Schlagzeilen. Schließlich folgte die rechtliche Aufarbeitung durch ein Gericht. Es ging dabei um Eltern, die sich nicht damit abfinden wollten, dass ihre 15-jährige Tochter mit einem 30 Jahre älteren Mann zusammen sein wollte.

Beziehung mit minderjähriger Jugendlicher


Eine 15-Jährige hatte sich in einen 47-jährigen angeheirateten Onkel verliebt. Dieser war der "Noch-Ehemann" der Halbschwester des Vaters der 15-jährigen. Er war auch selbst Vater. Der Mann ließ sich auf eine Beziehung ein: Nach eigenem Bekunden hatte er sich ebenfalls verliebt.

Allerdings wollten die Eltern des Teenagers der Beziehung einen Riegel vorschieben. Sie versuchten immer wieder, den Kontakt zu unterbinden. Das ungleiche Paar floh schließlich gemeinsam nach Südfrankreich. Dies führte zu einer polizeilichen Suchaktion und zu vielen Schlagzeilen in der Presse. Letztere wurden auch ausgelöst durch Entführungsvorwürfe und das von den Eltern veranlasste Medienecho mit Bildern und Nennung voller Namen.

Die Eltern der Jugendlichen waren der Meinung, dass ihre jugendliche Tochter unter dem Einfluss des älteren Mannes stand. Es gelang ihnen sogar, ihre Tochter wochenlang in die Psychiatrie einweisen zu lassen. Schließlich kam diese außerhalb des Elternhauses unter und hielt ihren Aufenthaltsort vor den Eltern geheim. Sie ging nicht mehr zur Schule. Schließlich nahm sie sich einen Anwalt. Vor dem Brandenburger Oberlandesgericht wurde unter anderem darum gestritten, ob die Eltern ihr die Beziehung zu dem 30 Jahre älteren Mann untersagen durften. Diese hatten ein gerichtliches Kontaktverbot gegen den 47-Jährigen durchgesetzt, um die Beziehung mit dem älteren Mann zu unterbinden.

War die Einweisung in die Psychiatrie rechtens?


Das Oberlandesgericht befasste sich kritisch mit den ärztlichen Befunden. Es stellte fest, dass die "Einweisungsverordnung" in die Psychiatrie durch einen anderen Onkel der 15-Jährigen an einem Samstag ohne Untersuchung des Mädchens und "praktisch auf Zuruf" der Eltern erfolgt war. Die von den Eltern behaupteten Angststörungen seien in der Klinik nicht aufgetreten. Nach den Erkenntnissen des Gerichts war hier eine wahnhafte Störung "nicht ansatzweise schlüssig aus irgendwelchen belastbaren, objektivierbaren Befunden abgeleitet" worden. Die Klinik habe einfach die Argumentation der Eltern übernommen, nach der die Beziehung der Jugendlichen zu einem 30 Jahre älteren Mann allein schon Beweis für eine psychische Störung sei.

Wenn man die Berichte aus dem stationären Alltag und der Klinikschule betrachte, ergebe sich das Bild einer überdurchschnittlich intelligenten, positiv gestimmten, hilfsbereiten und äußerlich gelassenen jungen Frau. Es gebe keinerlei Belege für eine krankhafte Störung. Allerdings stimmte das Gericht den Befunden in einem Punkt zu: Sie sei ein früh gereiftes Mädchen, das gern schon als junge Frau verstanden und gesehen werden wollte und sich in einem typischen Pubertätskonflikt befinde, den sie konsequent austrage.

War das Kontaktverbot rechtens?


Das Gericht sah das Wohl der mittlerweile 16-Jährigen durch die Beziehung zu dem älteren Mann nicht als gefährdet an. Diese Beziehung hatte ohne Wissen der Eltern schon eine Zeit lang angedauert, ohne dass dies negative Folgen gehabt hätte. Die Beziehung sei von ihr selbst gewünscht worden und nicht unter irgendeinem Zwang oder Einfluss zustande gekommen.

Zwar sei es eine andere Frage, ob sich nun ein 47-jähriger verheirateter Mann und Familienvater auf so etwas hätte einlassen müssen. Dies sei aber nicht "justiziabel". Tatsächlich sei das Wohl der 16-Jährigen eher durch den eskalierten Konflikt mit den Eltern in Gefahr. Hier sei ein Kontaktverbot mit dem 47-Jährigen nicht das geeignete Mittel, um wieder stabile Lebensverhältnisse herzustellen. Die 16-Jährige habe sich nachdrücklich gewünscht, wieder in die Schule zu gehen und – ohne dauernde Kontrolle durch die Eltern – in einer Jugendhilfeeinrichtung zu wohnen. Sie zeige einen festen Willen, der zu respektieren sei (OLG Brandenburg, Urteil vom 24.3.2016, Az. 9 UF 132/15).

Hat sich der Mann strafbar gemacht?


Das Brandenburger OLG erläuterte, dass hier keine strafbare Handlung vorlag. Als Kindesmissbrauch strafbar sind sexuelle Kontakte mit einem Kind, also einer Person unter 14 Jahren. Darauf steht eine Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Hier war das Mädchen bereits über 14.

Allerdings käme dann immer noch ein sexueller Missbrauch von Jugendlichen nach § 182 des Strafgesetzbuches in Frage. Nach dieser Vorschrift macht sich strafbar, wer mit einer Person unter 18 Jahren unter Ausnutzung einer Zwangslage sexuelle Handlungen vornimmt. Hier gab es jedoch keine Zwangslage.

Auch macht sich ein über 21-Jähriger strafbar, der mit einer Person unter 16 Jahren sexuell verkehrt – jedoch nur unter der Voraussetzung, dass dem Opfer die Fähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung fehlt und dies ausgenutzt wird. Letzteres war hier nicht der Fall: Von mangelnder Reife oder Entschlossenheit konnte bei dieser jungen Frau – die sich selbst einen Anwalt besorgt hatte, um ihre Vorstellungen gegenüber ihren Eltern durchzusetzen und eigenständig mit dem Jugendamt verhandelte – jedoch nicht die Rede sein.

Praxistipp zur Beziehung zwischen Erwachsenen und Jugendlichen


Eine Beziehung mit einem großen Altersunterschied ist nicht automatisch strafbar und lässt auch nicht zwingend auf eine krankhafte Geistesstörung schließen. Deutsche Gerichte erlauben Menschen über 14 Jahren, selbst über ihr Sexualleben zu entscheiden. Zu strafrechtlichen Fragen kann Sie ein auf das Strafrecht spezialisierter Rechtsanwalt kompetent beraten. Geht es um ein Kontaktverbot, ist ein Rechtsanwalt für Zivilrecht der richtige Ansprechpartner.

(Ma)


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 Ulf Matzen
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