Branchenzuschläge – Darlegungslast hinsichtlich des Vergleichsentgelts

Autor: RAin FAinArbR Daniela Range-Ditz, Dr. Ditz und Partner, Rastatt
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 05/2014
Beruft sich der Verleiher zur Deckelung von tarifvertraglich vereinbarten Branchenzuschlägen einzig auf die Auskunft des Entleihers, so muss er alle für die Berechnung des Vergleichsentgelts erforderlichen Tatsachen vortragen. Die Rechtsprechung des BAG zur „Equal-Pay”-Klage eines Leiharbeitnehmers, wonach allein die Vorlage der Auskunft des Entleihers für die Darlegung des Vergleichsentgelts ausreicht, kann nicht spiegelbildlich auf diese Fallkonstellation übertragen werden.

ArbG Stuttgart, Urt. v. 21.11.2013 - 24 Ca 4398/13

AÜG §§ 10 Abs. 4 Satz 1, 12, 13; Tarifvertrag über Branchenzuschläge für Arbeitnehmerüberlassungen in der Metall- und Elektroindustrie

Das Problem:

Die Parteien streiten um die Berechtigung der beklagten Verleiherin zur Deckelung von Ansprüchen des klagenden Leiharbeitnehmers auf Zahlung von tarifvertraglichen Branchenzuschlägen. Der einschlägige Tarifvertrag begrenzt den Branchenzuschlag der Höhe nach auf die Differenz zum laufenden regelmäßig gezahlten Stundenentgelt eines vergleichbaren Arbeitnehmers des Kundenbetriebs.

Die Beklagte kürzte die an den Kläger gezahlten Zuschläge, nachdem die Muttergesellschaft des Kundenbetriebs mitgeteilt hatte, dass mit dem Kläger vergleichbare Stammarbeitnehmer im Vorjahr 13,84 € pro Stunde verdient hätten.

Mit seiner gegen die Kürzung gerichteten Klage macht der Kläger geltend, dass er von Mitarbeitern der Stammbelegschaft gehört habe, sie würden übertariflich vergütet. Darüber hinaus habe die Stammbelegschaft eine Lohnerhöhung erhalten. Die Mitteilung über das Vergleichsentgelt aus dem Vorjahr sei nicht mehr zutreffend. Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Vorlage der Bestätigung der Muttergesellschaft ihrer Darlegungslast genüge.

Die Entscheidung des Gerichts:

Das Arbeitsgericht gibt der Klage statt. Diese Konstellation sei nicht spiegelbildlich auf den Fall übertragbar, dass ein Leiharbeitnehmer eine sog. „Equal-Pay”-Klage erhebe (s. hierzu BAG, Urt. v. 13.3.2013 – 5 AZR 146/12, ArbRB 2013, 231 [Suberg], ArbRB online). Daher reiche hier nicht bereits die Vorlage der Auskunft des Entleihers gem. § 13 AÜG aus (a.A. ArbG Oldenburg, Urt. v. 11.7.2013 – 6 Ca 49/13, und ArbG Osnabrück, Urt. v. 18.9.2013 – 2 Ca 180/13). Da die Berechtigung der Beklagten zur Deckelung der Ansprüche auf die Differenz zum laufenden regelmäßig gezahlten Stundenentgelt eines vergleichbaren Arbeitnehmers des Kundenbetriebs streitig sei, treffe den Verleiher bereits nach allgemeinen Regeln die volle Darlegungs- und Beweislast bezüglich des Vergleichsentgelts. Die Vorlage einer Mitteilung durch die Muttergesellschaft der Entleiherin reiche insoweit nicht aus. Der Verleiher habe insbesondere die
  • genauen Aufgabenbereiche und Funktionen der Mitarbeiter der Stammbelegschaft im Entleiherbetrieb,
  • deren Qualifikation sowie
  • deren Arbeits(vertrags)bedingungen
genau darzulegen.

Für eine solche Verteilung der Darlegungslast spreche auch, dass der Verleiherbetrieb leichter an die gewünschten Vergleichsdaten komme, da er aufgrund vertraglicher Nebenpflicht (vgl. § 12 Abs. 1 AÜG) berechtigt sei, detailliert Auskunft vom Entleiher zu verlangen. Er könne darüber hinaus mit dem Entleiher konkrete Sanktionen für den Fall vereinbaren, dass dieser die erforderlichen Informationen bezüglich vergleichbarer Arbeitnehmer nicht zur Verfügung stelle. Der Zahlungsanspruch des Klägers sei daher gerechtfertigt.


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