Datenschutzrechtliche Zulässigkeit einer heimlichen Spind-Durchsuchung?

Autor: RAin FAinArbR Dr. Jessica Jacobi, Kliemt & Vollstädt, Berlin
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 03/2014
Die Erkenntnisse aus einer heimlich durchgeführten Spind-Durchsuchung sind nur dann verwertbar, wenn die Interessenabwägung im Einzelfall ergibt, dass die Durchsuchung zur Aufdeckung einer Straftat unerlässlich und sie auch i.Ü. nicht unverhältnismäßig war.

BAG, Urt. v. 20.6.2013 - 2 AZR 546/12

Vorinstanz: Hessisches LAG - 18 Sa 1474/11

GG Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1; BGB § 626 Abs. 1; BDSG §§ 4 Abs. 1, 32 Abs. 1 u. 2; ZPO § 286 Abs. 1

Das Problem:

Der Kläger arbeitet in der Getränkeabteilung eines Großhandelsmarktes. Die Beklagte hatte aufgrund verschiedener Anhaltspunkte den Verdacht, der Kläger könne Waren entwendet haben. Ohne seine Kenntnis, aber im Beisein eines Betriebsratsmitglieds, öffnet sie während der Arbeitszeit den verschlossenen Spind des Klägers und durchsucht ihn. Sie behauptet, dabei vom Kläger entwendete Damenunterwäsche entdeckt zu haben. Arbeitsgericht und LAG haben der Kündigungsschutzklage stattgegeben.

Die Entscheidung des Gerichts:

Das BAG hat das Berufungsurteil aufgehoben und an das LAG zurückverwiesen. Eine sog. „Tatkündigung” komme zwar bereits mangels geeigneter und verwertbarer Beweise nicht in Betracht. Das LAG möge aber eine etwaige Verdachtskündigung näher prüfen.

Das LAG habe allerdings zu Recht eine gerichtliche Beweiserhebung zum Ergebnis der Spind-Durchsuchung abgelehnt; die Verwertung der heimlich erlangten Erkenntnisse sei ausgeschlossen. Das ergebe sich aus § 32 Abs. 1 BDSG. Es spreche einiges dafür, dass die Vorschrift auch auf nicht-automatisierte Dateien anwendbar sei und im Streitfall tatbestandlich eine Datenerhebung i.S.v. § 32 Abs. 1 BDSG vorliege. Nach § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG dürften personenbezogene Daten im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses nur dann ohne Einwilligung des Betroffenen zur Aufdeckung von Straftaten erhoben werden, wenn
  • ausreichende Verdachtsmomente vorlägen,
  • die Erhebung der Daten zur Aufdeckung einer Straftat erforderlich sei und
  • die schutzwürdigen Interessen des Beschäftigten gegen eine solche Erhebung nicht überwiegen.
Das Verwertungsverbot können daneben – unabhängig von § 32 BDSG – auch auf das Recht des Arbeitsnehmers auf informationelle Selbstbestimmung gestützt werden. Die prozessuale Verwertung heimlich erlangter Beweismittel stelle einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers dar. Dieser sei nur zulässig, wenn dem Arbeitgeber keine ebenso effektiven, dem Arbeitnehmer aber weniger belastenden Möglichkeiten zur Verfügung stünden, den Verdacht aufzuklären.


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