Die strafbefreiende Selbstanzeige, § 371 AO

23.04.2013, / Lesedauer ca. 3 Min. (1220 mal gelesen)
Im Rahmen der strafrechtlichen Ermittlungen gegen einen bekannten Sport-Funktionär beschäftigt sich die Presse vermehrt mit der so genannten strafbefreienden Selbstanzeige, § 371 Abgabenordnung (AO). Leider finden sich in der Berichterstattung etliche Irrtümer und Halbwahrheiten. Dieser Artikel dient dazu, Sie über die Rechtslage zu informieren und einige häufige Irrtümer richtig zu stellen.

1. Was ist eine strafbefreiende Selbstanzeige?

§ 371 AO sieht vor, dass der Täter einer Steuerhinterziehung, § 370 AO, unter bestimmten Umständen Straffreiheit erlangen kann. Wer gegenüber dem Finanzamt unrichtige Angaben gemacht hat, kann so der gesetzlichen Strafe entgehen, wenn er seine Angaben vollständig nachholt oder berichtigt die hinterzogenen Steuern vollständig entrichtet.

Wichtigste Voraussetzung ist dabei, dass man sämtliche Erklärungen vollständig nachholt und die daraufhin festgesetzten Steuern innerhalb zumeist eines Monats nachentrichtet. Bleibt die nachgeholte Erklärung für nur einem Abrechnungszeitraum oder eine Steuerart unvollständig, tritt Straffreiheit nicht ein. Gleiches gilt, wenn die hinterzogenen Steuern nicht innerhalb der Frist gezahlt werden.

2. Wann kommt es zu einem Strafverfahren?

Die Selbstanzeige hindert nicht etwa die Einleitung eines Strafverfahrens - im Gegenteil. Gerade im eingangs zitierten Fall des bekannten Fußballfunktionärs war häufig zu hören, es gäbe kein Strafverfahren. Das ist falsch. Gerade aufgrund der Selbstanzeige muss die Staatsanwaltschaft bzw. das Finanzamt für Straf- und Bußgeldsachen ein Strafverfahren einleiten. Nur innerhalb dieses Verfahrens kann überprüft werden, ob die Voraussetzungen der strafbefreienden Selbstanzeige überhaupt vorliegen. Tun sie es, wird das Verfahren wieder eingestellt, und zwar zwingend.

3. Gibt es Summen-Obergrenzen?

Häufig ist zu lesen, dass eine strafbefreiende Selbstanzeige ab einer bestimmten hinterzogenen Steuersumme nicht mehr möglich sei. Das ist nur halb richtig. Die Möglichkeit der strafbefreienden Selbstanzeige ist seit der letzten Gesetzesänderung im Jahre 2011 durch das Schwarzgeldbekämpfungsgesetz nur gegeben, wenn die hinterzogenen Steuern EUR 50.000,00 pro Tat nicht überschreiten. "Tat" bezeichnet dabei die Erklärung einer Steuerart in einem Veranlagungszeitraum, also z. B. die Kapitalertragssteuer für das Jahr 2012. Der Betrag von EUR 50.000,00 bezieht sich schließlich nicht etwa die zu erklärenden Einkünfte, sondern die darauf anfallenden Steuern. Die Obergrenze ist also nicht gerade besonders niedrig.

Auch wenn diese Obergrenze überschritten ist, besteht aber die Möglichkeit, bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen faktisch straffrei auszugehen. Das nennt das Gesetz dann zwar nicht mehr Straffreiheit, sondern Absehen von Strafe, die Unterscheidung ist aber eine rein formale, und das Ergebnis im Wesentlichen dasselbe. Weitere Voraussetzung ist allerdings, dass man nicht nur die hinterzogenen Steuern nachentrichtet, sondern hierauf auch noch 5 % Zinsen zahlt.

Im Ergebnis kann somit jeder faktisch ohne Strafe davonkommen. Lediglich der "Preis" ist unterschiedlich. Das sollte man unbedingt wissen.

4. Wann ist eine strafbefreiende Selbstanzeige zeitlich nicht mehr möglich?

Die Selbstanzeige führt nicht zu Straffreiheit, wenn die Tat - also die Steuerhinterziehung - zum Zeitpunkt der Berichtigung bereits entdeckt war oder der Täter mit seiner baldigen Entdeckung rechnen musste. Letzteres ist nach dem Gesetz seit 2011 spätestens dann der Fall, wenn eine Betriebsprüfung schriftlich angekündigt wurde. Häufig heißt es in diesem Zusammenhang, eine Tat wäre bereits entdeckt in diesem Sinne, wenn sich die Daten des Steuersünders auf einer so genannten "Steuer-CD" befänden. Das ist falsch. Beides hat nichts miteinander zu tun. Das gilt schon deshalb, weil der Steuersünder nicht wissen kann, ob und welche Daten sich auf einer dieser CDs befinden.

5. Was hat das Deutsch-Schweizerische Steuerabkommen damit zu tun?

Nichts. Richtig ist, dass die CDU/FDP-Regierung einen Gesetzesentwurf eingebracht hatte, der unter bestimmten Umständen eine Amnestie für Steuersünder vorgesehen hätte, die ihr Geld unversteuert in der Schweiz angelegt haben. Das darin vorgesehene Abkommen mit der Schweiz ist jedoch nunmehr endgültig nicht zustande gekommen. Diejenigen, die auf das Zustandekommen des Abkommens gewartet hatten und deshalb bisher auf eine Selbstanzeige verzichtet haben, haben das Risiko ihrer Entdeckung erhöht, sonst nichts.

Fazit

Die Materie ist kompliziert. Wer erwägt, sich selbst anzuzeigen, sollte neben seinem Steuerberater unbedingt auch einen erfahrenen Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht hinzuziehen.

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