Diebstahl/ Kaskorecht : Kfz-Schein hinter Sonnenblende keine erhebliche Gefahrenerhöhung!

28.09.2011, Autor: Herr Sven Skana / Lesedauer ca. 2 Min. (2375 mal gelesen)
Das dauerhafte Belassen des Fahrzeugscheins hinter der Sonnenblende im Pkw stellt keine vorsätzliche oder grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalls oder erhebliche Gefahrerhöhung dar, die den Haftpflichtversicherer von seiner Leistungspflicht befreit.

Im vorliegenden Fall hat der klagende Versicherungsnehmer eine Kfz-Teilkaskoversicherung mit der beklagten Versicherungsgesellschaft abgeschlossen und wollte diese wegen eines Autodiebstahls in Anspruch nehmen. Die Versicherung wies ihre Zahlungspflicht jedoch zurück. Unter anderem berief sie sich auf eine Leistungsfreiheit wegen erheblicher Gefahrerhöhung, weil der Versicherungsnehmer den Fahrzeugschein hinter der Sonnenblende im Fahrzeuginneren aufbewahrt hatte. Dadurch sei die Gefahr eines Autodiebstahls erheblich erhöht worden.

Dieser Ansicht folgte das Berufungsgericht nicht. Die Versicherung ist gemäß § 61 VVG a.F. nur dann von der Leistung befreit, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeiführt. Dies setze voraus, dass der Versicherungsnehmer in besonders vorwerfbarem Maße den vertraglich vorausgesetzten Sicherheitsstandard unterschreite und dieses Versäumnis für die Entwendung des Fahrzeugs ursächlich ist (vgl. LG Köln vom 15.01.2009, 24 O 365/08). Nach Ansicht des Berufungsgerichts fehle es hier schon an einem grob fahrlässigen Verhalten des Klägers.
Eine Leistungsbefreiung nach §§ 23, 25 VVG a.F. sei auch zu verneinen, weil es hier an einer nicht unerheblichen Gefahrenerhöhung nach Vertragsschluss fehle. Das Belassen des Fahrzeugscheines hinter der Sonnenblende sei allenfalls eine unerhebliche Gefahrenerhöhung, denn dadurch wird dem Dieb – anders als beim Zurücklassen eines Zweitschlüssels - das Entwenden des Fahrzeugs nicht erleichtert, wobei es auch nach Ansicht des Gerichts fernliegend sei, dass der Diebstahlsvorsatz durch einen von außen nicht sichtbaren Fahrzeugschein hervorgerufen werde (vgl. ebenso OLG Oldenburg vom 23.06.2010, 5 U 152/09).

Allerdings ist bei der Frage, ob ein Fahrzeugschein hinter der Sonnenblende eine Leistungsbefreiung der Versicherung im Falle eines Pkw-Diebstahls zur Folge hat, zu beachten, dass es sich hierbei um eine in der Rechtsprechung sehr kritisch beurteilte Praxis handelt. Das dauerhafte Belassen des Fahrzeugscheins im Pkw kann – jedoch nur in bedingtem Umfang – zum Beispiel bezüglich der Verwertung des Fahrzeugs, einem Grenzübertritt oder einer Verkehrskontrolle behilflich sein. Um Probleme im Schadenfall mit der eigenen Haftpflichtversicherung zu vermeiden, ist man daher gut beraten trotzdem dem Fahrzeugschein nicht dauerhaft im Auto zu lassen.

Vgl. OLG Bremen vom 20.09.2010, 3 U 77/09

Hinweis:
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Der Autor Sven Skana ist Fachanwalt für Verkehrsrecht, Spezialist für Verkehrs-Unfallrecht sowie Spezialist für Führerscheinangelegenheiten im Betäubungsmittelrecht. Er ist Partner in der Kanzlei Johlige, Skana & Partner in Berlin, Kurfürstendamm 173-174, 10 707 Berlin, Tel: 030/886 81 505.