Dienstwagen: Nach der Kündigung gleich zurückgeben?

17.03.2021, Redaktion Anwalt-Suchservice / Lesedauer ca. 4 Min. (13688 mal gelesen)
Dienstwagen,Rückgabe,Arbeitsvertrag,Kündigung,Rückgabeklausel Darf man den Dienstwagen noch während der Kündigungsfrist nutzen? © - freepik

Viele Arbeitnehmer nutzen heute ihren Dienstwagen auch privat. Endet das Arbeitsverhältnis, fragt sich, wann das Auto zurückzugeben ist – nach der Kündigung oder bei tatsächlicher Beendigung der Tätigkeit?

Es ist für Arbeitnehmer ein großer Vorteil, einen Dienstwagen mit der Möglichkeit der Privatnutzung zu haben. Häufig bieten Unternehmen solche Vereinbarungen an, um Anreize für besonders qualifizierte Mitarbeiter zu bieten. Einzelheiten stehen dann im jeweiligen Arbeitsvertrag oder in einer gesonderten Dienstwagenvereinbarung. Diese regelt dann auch, ob eine private Nutzung erlaubt ist, wer die KfZ-Steuer und die Versicherung zu bezahlen hat, was es bei einem Unfall zu beachten gibt, wie das Fahrzeug versichert ist, ob Familienmitglieder es fahren dürfen und was der Beschäftigte sonst noch zu beachten hat. Die Rückgabe ist meist durch eine besondere Klausel geregelt.

Was gilt für eine Rückforderung sofort nach der Kündigung?


Viele Arbeitgeber sind der Meinung, dass sie das Recht haben, den Dienstwagen sofort nach Ausspruch der Kündigung zurückzuverlangen. Allerdings ist dies falsch. Die private Nutzung des Dienstwagens stellt einen Bestandteil der arbeitsvertraglich vereinbarten Vergütung dar. Der Chef kann dem Arbeitnehmer während der Kündigungsfrist nicht den Lohn kürzen - und ihm dementsprechend auch nicht den Dienstwagen wegnehmen. Eine Reduzierung der Arbeitsvergütung erfordert eine vertragliche Vereinbarung beider Seiten.

Wie wirksam sind Rückgabeklauseln im Arbeitsvertrag?


Heute ist es allerdings durchaus üblich, im Arbeitsvertrag oder in der Dienstwagenvereinbarung zu regeln, dass der Dienstwagen sofort bei der Kündigung zurückgegeben werden muss und der Arbeitnehmer ihn während der Laufzeit der Kündigungsfrist nicht weiter nutzen darf. Eine solche Absprache ist grundsätzlich zulässig. Ob sie im Einzelfall wirksam ist, hängt sehr von den Einzelheiten ab – denn solche Klauseln müssen den strengen Regeln der §§ 307 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches über Allgemeine Geschäftsbedingungen entsprechen. Diese Vorschriften sollen den schwächeren Vertragspartner davor bewahren, durch unklare, überraschende oder allzu unfaire Geschäftsbedingungen im Kleingedruckten unangemessen benachteiligt zu werden. Wenn die Klauseln nicht den dort gesetzten Maßstäben entsprechen, sind sie unwirksam. So hat das Bundesarbeitsgericht am 19.12.2006 entschieden (Az. 9 AZR 294/06).

Welche Anforderungen werden an Rückforderungsklauseln gestellt?


Damit eine Rückgabeklausel wirksam ist, muss sie transparent sein, also für den Arbeitnehmer verständlich. Es muss also klipp und klar geregelt sein, wann der Arbeitgeber die Nutzung des Dienstwagens widerrufen darf. Der Arbeitnehmer darf durch den Widerruf nicht unangemessen belastet werden. So muss es ihm beispielsweise möglich sein, sich vor Ende der Dienstwagennutzung ein eigenes Auto zu beschaffen.

Was gilt bei einer Kündigung mit sofortiger Freistellung?


Vor dem Landesarbeitsgericht Niedersachsen wurde über eine Vertragsregelung verhandelt, nach welcher dem Arbeitnehmer im Fall einer Kündigung mit sofortiger Freistellung von der Arbeit auch sofort der Dienstwagen entzogen werden sollte. Zwar waren die Richter der Meinung, dass dies ein zulässiger Grund für eine Entziehung des Dienstwagens sein könnte. Allerdings ginge dies nicht „sofort“. Ein Arbeitnehmer, der wegen des Dienstwagens auf ein eigenes Auto verzichtet habe, sei besonders schutzwürdig. Einem solchen Arbeitnehmer sei zumindest noch eine vierwöchige Ankündigungsfrist zu gewähren. Innerhalb dieser dürfe er den Dienstwagen noch behalten und die Zeit für die Anschaffung eines eigenen Autos nutzen. Wenn eine solche Ankündigungsfrist in der Vereinbarung nicht eingeräumt werde, sei die komplette Rückgabeklausel unwirksam (LAG Niedersachsen, 14.09.2010, Az. 13 Sa 62/10).

Was sagt das Bundesarbeitsgericht zur Ankündigungsfrist?


Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht dies etwas anders gesehen. In diesem Fall war vereinbart worden, dass eine Arbeitnehmerin ihren Dienstwagen zurückgeben musste, wenn sie ihn dienstlich nicht mehr benötigte. Dies sollte speziell im Fall einer Freistellung gelten. Nun war ihr gekündigt worden und sie wurde mit sofortiger Wirkung freigestellt. Auch der Dienstwagen wurde sofort zurückgefordert.

Das Bundesarbeitsgericht hielt die Rückforderungsklausel für wirksam – auch ohne Ankündigungsfrist. Diese sei schließlich im Gesetz nirgendwo vorgesehen. Aber: Die tatsächliche Ausübung des Widerrufs der Dienstwagennutzung sei nicht korrekt gewesen. Der Arbeitgeber habe hier kein besonderes Interesse darlegen können, warum er denn den Dienstwagen sofort zurückbekommen wollte. Deshalb müsse man der Mitarbeiterin eine Weiternutzung jedenfalls bis zum Monatsende zugestehen. Insbesondere gelte dies dann, wenn sie die Nutzung des Dienstwagens noch für den kompletten angefangenen Monat als geldwerten Vorteil zu versteuern habe. Die Frau konnte damit für diesen Zeitraum vom Arbeitgeber eine Nutzungsentschädigung verlangen (BAG, Urteil vom 21. März 2012, Az. 5 AZR 651/10).

Welche Argumente gibt es gegen den Dienstwagenentzug?


Hat der Arbeitnehmer den Eindruck, dass ihm sein Dienstwagen unberechtigterweise entzogen werden soll, gibt es zwei Möglichkeiten. Wenn er das Auto noch hat, kann er beim Arbeitsgericht eine einstweilige Verfügung beantragen. Aus dieser sollte hervorgehen, dass ihm das Fahrzeug nicht entzogen werden darf. Wenn er das Fahrzeug bereits herausgegeben hat, kann er beim Arbeitsgericht darauf klagen, dieses bis zum Ende seines Arbeitsverhältnisses weiter nutzen zu dürfen. Gleichzeitig kann er für jeden Tag der Nichtnutzung unter Umständen Schadensersatz, genauer eine Entschädigung für den Nutzungsausfall, fordern. Hier sollte durch eine Rechtsberatung geklärt werden, was sinnvoll ist.

Praxistipp


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(Wk)


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 Günter Warkowski
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