Sind Scheidungskosten steuerlich absetzbar?

27.05.2021, Redaktion Anwalt-Suchservice / Lesedauer ca. 5 Min. (2302 mal gelesen)
Scheidungskosten,Prozesskosten,Einkommenssteuer,absetzen Eine Scheidung ist teuer: Was kann man von der Steuer absetzen? © Bu - Anwalt-Suchservice

Es gibt viele widersprüchliche Gerüchte über steuerliche Absetzbarkeit von Scheidungskosten. Online werden die widersprüchlichsten Urteile diskutiert. Wir erläutern hier die aktuelle Rechtslage.

Die rechtliche Situation bei der Absetzbarkeit von Scheidungskosten ist unübersichtlich. Es kursieren nämlich viele überholte Informationen und Gerichtsurteile. Vor Jahren war es möglich, die Kosten einer Ehescheidung fast vollständig als sogenannte außergewöhnliche Belastung von der Einkommenssteuer abzusetzen. Nach einer Gesetzesänderung von 2013 schien dies nicht mehr möglich zu sein. Die Gerichte ließen jedoch auch damals noch eine Absetzbarkeit bestimmter Kostenpositionen zu. Höchstrichterliche Urteile haben dies dann unterbunden. Heute gilt: Scheidungskosten sind in der Regel nicht mehr von der Steuer absetzbar. Aber: Es gibt Ausnahmen.

Was sind Scheidungskosten?


Eine Ehe scheiden kann nur das Familiengericht. Anträge stellen kann dort nur eine Rechtsanwältin oder ein Rechtsanwalt. Wenn die Scheidung mit Streit verbunden ist, benötigen beide Partner einen Anwalt oder eine Anwältin. Gerichte und Anwälte verlangen Gebühren entsprechend ihren jeweiligen Gebührentabellen.

Unter den Scheidungskosten versteht man die Gerichts- und Rechtsanwaltskosten, die für das Scheidungsverfahren selbst anfallen und für die immer durchgeführte gerichtliche Klärung des Versorgungsausgleichs.
Dann gibt es noch die sogenannten Scheidungsfolgekosten. Dies sind die zusätzlichen Gerichts- und Anwaltskosten, die entstehen, wenn auch noch Ehegattenunterhalt, Kindesunterhalt, Sorgerecht, Zugewinnausgleich und zusätzliche Vermögensfragen vom Gericht entschieden werden müssen. Dazu kommen, wenn nötig, auch die Kosten für einen Gutachter, der den Wert von Vermögensgegenständen und Wertsachen ermittelt, beispielsweise von Immobilien, Antiquitäten oder Geldanlagen.

Wie war die Rechtslage vor 2013?


Früher einmal war es möglich, Prozesskosten grundsätzlich bei der Einkommenssteuer als außergewöhnliche Belastung abzuziehen. Aus einem Urteil des Bundesfinanzhofes als dem höchsten deutschen Steuergericht vom 12.5.2011 ergab sich, dass für Kläger und Beklagte Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastung abziehbar wären – zumindest, wenn das Verfahren einige Aussicht auf Erfolg habe und nicht mutwillig erscheine. Auch müssten die Kosten notwendig sein und durften gewisse Grenzen nicht überschreiten. Angerechnet werden mussten die Zahlungen einer Rechtsschutzversicherung (Az. VI R 42/10).

Jedoch setzte sich die Finanzverwaltung schlicht über dieses Urteil hinweg. Das Bundesfinanzministerium hatte nämlich auf das Urteil mit einem sogenannten Nichtanwendungserlass reagiert. Die Gerichtsentscheidung wurde daher von den Finanzämtern nicht umgesetzt. Viele Fälle blieben in der Schwebe. Somit konnten Steuerpflichtige ihre Scheidungskosten in Wirklichkeit doch nicht absetzen.

Was hat sich 2013 geändert


Das Einkommenssteuergesetz (EStG) hat sich zum Jahresanfang 2013 geändert. § 33 EStG wurde ein neuer Absatz 4 hinzugefügt. Dieser besagt: Kosten für das Führen eines Rechtsstreits (Prozesskosten) sind nicht mehr steuerlich absetzbar.
Eine Ausnahme gibt es für bei Aufwendungen, die der Steuerpflichtige tätigen muss, um seine Existenzgrundlage nicht zu verlieren. Dabei geht es um Fälle, in denen der Betreffende nicht um einen Prozess herumkommt, da ihm sonst nicht mehr genug Geld zum Leben bleibt. In solchen Fällen dürfen die Prozesskosten immer noch steuerlich abgesetzt werden.
Diese Vorschrift gilt bis heute und ist inzwischen in § 33 Absatz 2 Satz 4 EStG zu finden.

Wie reagierten die Gerichte auf die Änderung?


Nach dieser Gesetzesänderung folgten einige Gerichtsurteile, die trotz der neuen Rechtslage die Absetzbarkeit von Scheidungskosten erlaubten. So entschied das Finanzgericht Düsseldorf am 11.4.2013, dass die gesamten Aufwendungen einer Ehescheidung von der Steuer abziehbar seien. Damals hatte ein Steuerpflichtiger nicht nur Kosten für das Scheidungsverfahren und den Versorgungsausgleich gehabt, sondern zusätzlich für den Zugewinnausgleich und die gerichtliche Klärung des nachehelichen Unterhalts.

Dieses Urteil begründete das Gericht damit, dass Scheidungswillige sich den Gerichts- und Anwaltskosten bei einer Scheidung nicht entziehen könnten. Die Prozesskosten für Versorgungsausgleich, Zugewinnausgleich und Unterhaltsansprüche würden im Regelfall bei Scheidungen entstehen. Es sei nicht relevant, dass Teilbereiche einer Scheidung nur durch Urteil geregelt werden könnten, andere Teile aber auch durch einen Vergleich zwischen den Ehepartnern zu klären seien (Az. 10 K 2392/12 E).

Das Finanzgericht Köln vertrat sogar der Ansicht, dass die neue gesetzliche Regelung die Scheidungskosten überhaupt nicht betreffe. Bei diesen handle es sich nämlich nicht um Prozesskosten. Das Gesetz über Verfahren in Familiensachen verwende immer nur den Begriff „Scheidungssache“ und nicht die Begriffe "Rechtsstreit" oder "Prozess" (Urteil vom 13.1.2016, Az. 14 K 1861/15).

Was sagte die höchstrichterliche Rechtsprechung dazu?


2015 und 2016 beschäftigte sich der Bundesfinanzhof erst noch mit mehreren Fällen, für die noch die alte Rechtslage galt – also Scheidungen von vor 2013. Dabei erlaubte der BFH die Absetzbarkeit der direkten Scheidungskosten und der Kosten für den Versorgungsausgleich. Das Gericht lehnte jedoch die Absetzbarkeit der (höheren) Scheidungsfolgekosten ab (Az. VI R 69/12, Az. VI R/14).

Über die Ansichten aus Köln waren die Bundesrichter “not amused”. In ihrem Urteil vom 18.5.2017 betonten sie im Rahmen der Revision des Kölner Urteils in deutlichen Worten, dass auch Gerichts- und Anwaltskosten für ein Scheidungsverfahren Prozesskosten sind. Durch die gesetzliche Neuregelung könnten alle Prozesskosten bei Ehen, die ab dem 1.1.2013 geschieden würden, nicht mehr als außergewöhnliche Belastungen steuerlich abgesetzt werden. Auch sei eine Existenznot durch Scheidungskosten grundsätzlich auszuschließen: Schließlich erbringe ein Ehegatte die Aufwendungen für ein Scheidungsverfahren regelmäßig nicht zur Sicherung seiner Existenzgrundlage und seiner lebensnotwendigen Bedürfnisse.

So blockierte der Bundesfinanzhof also auch die Anwendung der gesetzlich vorgesehenen Ausnahme – jedenfalls für übliche Fälle. Trotzdem bleiben ein paar Extremsituationen denkbar, in denen ohne die jeweiligen Gerichtsverfahren eine Existenzbedrohung als möglich erscheint. Beispielsweise, wenn beide Ehepartner vom gleichen Familienbetrieb leben (Az. VI R 9/16).

Welche Folgekosten können keinesfalls abgesetzt werden?


Die Gerichte haben eine Absetzbarkeit für manche Kostenpositionen schon nach der alten Rechtslage abgelehnt. So hat das Hessische Finanzgericht entschieden, dass Gutachterkosten für die Wertermittlung einer Immobilie, die im Ehescheidungsverfahren wegen Auskunftserteilung und Zahlung von Zugewinn anfallen, mangels Zwangsläufigkeit nicht als außergewöhnliche Belastungen anzusehen sind. Diese können also nicht abgesetzt werden (2.7.2013, Az. 13 K 985/13).

Sind Detektivkosten absetzbar?


Nun spielt zwar mangels Verschuldensprinzip der Privatdetektiv bei deutschen Scheidungen keine so große Rolle wie zum Beispiel in den USA. Trotzdem gibt es Bereiche, in denen Detektive zum Einsatz kommen – etwa bei der Klärung der Frage, ob ein Unterhaltsanspruch erlischt, weil die unterhaltsberechtigte Person bereits eine gefestigte Beziehung mit einem neuen, zahlungskräftigen Partner hat, oder ob Einkünfte wie ein neuer Job oder Schwarzarbeit verschwiegen werden.

Gemäß einem Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz können die Kosten für einen Detektiv, der der Ex-Frau nachspürt, um zu prüfen, ob diese eine neue Beziehung hat und sich somit der Unterhaltsanspruch ändert, nicht von der Steuer abgesetzt werden (Urteil vom 28.8.2007, Az. 3 K 1062/04). Hier hat sich durch die neue Rechtslage nichts geändert: Sind schon die Kosten für den Rechtsanwalt in der Regel nicht steuerlich absetzbar sind, sind es diejenigen für den Detektiv erst recht nicht. Aber: Solche Kosten können unter Umständen bei einem gewonnenen Rechtsstreit um Unterhalt der gegnerischen Seite auferlegt werden (BGH, Beschluss vom 15. Mai 2013, Az. XII ZB 107/08).

Praxistipp


Bei Fällen aus der Zeit vor 2013 hatten Betroffene noch gewisse Chancen, zumindest die Kosten für das Scheidungsverfahren und den Versorgungsausgleich von der Steuer abzusetzen. Diese Beträge stellen allerdings den geringeren Anteil der Kosten einer Scheidung dar. Für Scheidungen ab 1.1.2013 besteht nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes kaum eine Chance auf Erfolg. Die Frage, ob vielleicht ausnahmsweise einer der angesprochenen Extremfälle der Existenzgefährdung vorliegt, kann ein Fachanwalt für Steuerrecht für Sie individuell prüfen.

(Ma)


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 Ulf Matzen
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