Eigenbedarfskündigung: Bedarf bei Zweitwohnung

Autor: RA FAMuWR Dr. Michael Sommer, Meidert & Kollegen Rechtsanwälte Partnerschaft mbB, Augsburg
Aus: Miet-Rechtsberater, Heft 07/2014
Ausreichend für eine Eigenbedarfskündigung sind vernünftige und nachvollziehbare Gründe für die Inanspruchnahme des Wohnraums. Es ist weder erforderlich, dass die begünstigte Person einen Mangel an Wohnraum hat, noch dass der Vermieter sich in einer wohnbedarfstypischen Lage befindet.

BVerfG, Beschl. v. 23.4.2014 - 1 BvR 2851/13

Vorinstanz: LG Berlin v. 22.8.2013 - 67 S 121/12

BGB § 573

Problem:

Der Vermieter verzog im Juli 2008 mit seiner Frau und ihren vier gemeinsamen Kindern von Berlin nach Hannover. Mit Schreiben vom 31.3.2010 kündigte er eine ihm gehörende Wohnung in Berlin wegen Eigenbedarfs. Als Begründung führte er aus, dass er im Jahre 2008 berufsbedingt aus Berlin gezogen sei. Er habe jedoch in Berlin eine im Jahr 1999 geborene nichteheliche Tochter, für die er gemeinsam mit der Kindesmutter das Umgangs- und Sorgerecht habe. Um dieses auszuüben, sei es erforderlich, dass er sich regelmäßig über mehrere Tage in Berlin aufhalte. Hierfür benötige er die an den Mieter vermietete Wohnung. Das AG wies die Räumungsklage des Vermieters ab. Auf die Berufung hin verurteilte das LG Berlin den Mieter zur Räumung und Herausgabe der Wohnung. Hiergegen legt der Mieter Verfassungsbeschwerde beim BVerfG ein. Der Mieter begründet diese u.a. damit, dass bei einer Zweitwohnung und damit nur einer zeitweisen Nutzung ein „Benötigen” i.S.d. § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB nicht vorliege.

Die Entscheidung des Gerichts:

Die Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen. Zwar reicht nach ständiger Rechtsprechung des BGH allein der Wille des Vermieters, in den eigenen Räumen zu wohnen oder eine der in § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB genannten Personen dort wohnen zu lassen, für die Annahme von Eigenbedarf nicht aus. Ausreichend seien jedoch vernünftige und nachvollziehbare Gründe für die Inanspruchnahme des Wohnraumes. Weder dem Wortlaut noch dem Zweck der Vorschrift sei zu entnehmen, dass dem Vermieter ein Kündigungsrecht nur zustehe, wenn er oder eine begünstigte Person einen Mangel an Wohnraum habe oder dass der Vermieter sich in einer wohnbedarfstypischen Lage befinde.

Weitere Schranken, wie z.B. die Forderung nach der Begründung des Lebensmittelpunktes, ließen sich der Rechtsprechung des BGH nicht entnehmen. Dies gelte vor allem vor dem Hintergrund, dass auch ein zeitlich begrenzter Bedarf einer Wohnung die Voraussetzung der Eigenbedarfskündigung erfüllen könne.


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