Einführung des „Gesetztes zur Klärung der Vaterschaft außerhalb des Anfech-tungsverfahrens“ zum 01.04.2008:

09.04.2008, Autor: Herr David Frinken / Lesedauer ca. 4 Min. (3426 mal gelesen)
Wie kann die Vaterschaft für ein Kind festgestellt oder angefochten werden - mit besonderer Berücksichtigung des „Gesetztes zur Klärung der Vaterschaft außerhalb des Anfechtungsverfahrens“ ab 01.04.2008

Ein Überblick:

Verfahren zur Klärung der Abstammung vom Vater - Vaterschaftsfeststellung u.ä.
I. Bisheriges Recht bis 31.03.2008
1. Allgemeines
Überwiegend streitig: Wer ist der Vater des Kindes (ganz selten Probleme mit Mutterschaft! Vorstellbare Problemkreise hier: z.B. bei Eispende, Embryonen-spende, Ersatz- oder Leihmutterproblematik)

Gesetzliche Regelung der Vaterschaft:
§ 1592 BGB: „Vater eines Kindes ist der Mann,
1. der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verhei-ratet ist,
2. der die Vaterschaft anerkannt hat oder
3. dessen Vaterschaft ... gerichtlich festgestellt ist.“

Problem: Diskrepanz zwischen gesetzlichem (=Vater im Sinne des Gesetzes) und biologischem Vater (Erzeuger),
dann: Feststellungs- oder Anfechtungsklage (sog. Statusverfahren)

2. Vaterschaftsanerkennung, wenn das Kind nicht in einer Ehe geboren oder nicht von dem mit der Mutter zum Zeitpunkt der Geburt verheirateten Vater stammen soll

Die Anerkennung begründet, auch wenn sie wissentlich falsch erklärt wird, den Anschein der Vaterschaft im gesetzlichen Sinne.

Voraussetzungen:
1. Zustimmung der Mutter und in bestimmten Fällen des Kindes (im-mer volljährige, ggf. auch minderjährige Kinder) und des zur Zeit der Geburt mit der Kindesmutter verheirateten Ehemannes (zum Aus-schluss vor Missbrauch)
2. öffentliche Beurkundung der Anerkennungs- und Zustimmungser-klärungen (Notar, Gericht)

3. Vaterschaftsfeststellungsklage
Immer dann nötig, wenn keine Vaterschaft nach § 192 Nr. 1 oder Nr. 2 BGB ge-geben ist.

Vermutung: es ist derjenige Mann der Vater, der der Mutter in der Empfängnis-zeit beigewohnt hat (300. bis 181. Tag vor der Geburt)

4. Vaterschaftsanfechtungsklage
Eine nach § 1592 Nr. 1 oder Nr. 2 BGB bestehende Vaterschaft wird zugunsten des genetischen / biologischen / leiblichen Vaters angefochten

Verfahren:
Klage vor dem Amtsgericht / Familiengericht
Anfechtungsfrist: 2 Jahre ab Kenntnis der Umstände, die gegen die bestehende Vaterschaft sprechen

5. Die Beteiligten
a) bei Vaterschaftsfeststellung:
- Kind
- Mutter
- Vater
- Biologischer Vater
- Ergänzungspfleger des Kindes bei Interessenkollision zwischen den El-tern des Kindes bei gemeinsamen Sorgerecht
- Freiwillige Beistandschaft durch das Jugendamt für das Kind bei Antrag eines Elternteil – das Jugendamt vertrott das Kind dann im Prozess; gilt auch schon während der Schwangerschaft bei Antrag der Mutter (sog. pränataler Beistand)
b) bei Vaterschaftsanfechtung:
- gesetzlicher Vater = hier Scheinvater
- biologischer Vater
er hat nur begrenzte Möglichkeit der Anfechtung
Voraussetzungen:
1. Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung des biologischen Vaters, der Kindesmutter in der Empfängniszeit beigewohnt zu haben
2. zwischen Kind und gesetzlichem Vater darf keine sozial-familiäre Beziehung bestehen oder bei Tod bestanden haben
3. der Anfechtende muss leiblicher Kindesvater sein.
- Mutter
- minderjähriges Kind mit gesetzlichem Vertreter (Ergänzungspfleger
- volljähriges Kind

II. Neues Recht ab 01.04.2008

„Gesetz zur Klärung der Vaterschaft unabhängig vom Anfechtungsverfahren“
in Kraft seit 01.04.2008

Unabhängig vom reinen Anfechtungsverfahren (s.o.) soll in einem eigenen Gerichts-verfahren die biologische Vaterschaft festgestellt werden können, ohne dass dies Ein-fluss auf die gesetzliche Vaterschaft hat.

Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 13.02.2007 (Leitsätze)

„ 1. Der Gesetzgeber hat zur Verwirklichung des Rechts des rechtlichen Vaters auf Kenntnis der Abstammung seines Kindes von ihm (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) ein geeignetes Verfahren allein zur Feststellung der Vaterschaft bereitzustellen.
2. Es entspricht dem Grundgesetz, wenn die Gerichte die Verwertung heimlich ein-geholter genetischer Abstammungsgutachten wegen Verletzung des von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützten Rechts des betroffenen Kindes auf informationelle Selbstbestimmung als Beweismittel ablehnen.“

Vor 01.04.2008:
Im Einvernehmen mit der Kindesmutter konnte der Vater, der wissen wollte, ob das Kind tatsächlich biologisch von ihm abstammt, mit Zustimmung der Kindesmutter ein privates genetisches Gutachten einholen.

Verweigerte einer der Betroffenen die Zustimmung zu einer solchen Begutachtung, konnte der als gesetzlicher / rechtlicher Vater vermutete Mann zumindest nach Ab-lauf der Anfechtungsfrist (2 Jahre) keine Anfechtungsklage mehr gewinnen. Wenn ein Verfahren rechtzeitig begonnen wird, führte dies nach der alten Rechtslage dazu, dass bei der Feststellung, dass der bisher als rechtliche Vater geltende Mann nicht der Erzeuger des Kindes ist, endete automatisch die rechtliche Stellung des Vaters zum Kind. Das ist jedoch eine Konsequenz, die in dieser unwiderbringlichen Schärfe nicht immer im Interesse des die biologische Abstammung begehrenden Vaters war.

Bei fehlender Einigkeit über die Einholung eines privaten Abstammungsgutachtens gab es für den Vater keine Möglichkeit, die Abstammung wirksam feststellen zu las-sen, ohne damit auch die rechtliche Beziehung zu „seinem“ Kind zu zerstören.

Das neue Gesetz soll also neben den gerichtlichen Anfechtungsverfahren ein eigen-ständiges Abstammungsverfahren ermöglichen.

1. Das Abstammungsverfahren:

„§ 1598a BGB Anspruch auf Einwilligung in eine genetische Untersuchung zur Klä-rung der leiblichen Abstammung

(1) Zur Klärung der leiblichen Abstammung des Kindes können
1. der Vater jeweils von Mutter und Kind,
2. die Mutter jeweils von Vater und Kind und
3. das Kind jeweils von beiden Elternteilen
verlangen, dass diese in eine genetische Abstammungsuntersuchung einwilligen und die Entnahme einer für die Untersuchung geeigneten genetischen Probe dulden. Die Probe muss nach den anerkannten Grundsätzen der Wissenschaft entnommen wer-den.
(2) Auf Antrag eines Klärungsberechtigten hat das Familiengericht eine nicht erteilte Einwilligung zu ersetzen und die Duldung einer Probeentnahme anzuordnen.
(3) Das Gericht setzt das Verfahren aus, wenn und solange die Klärung der leiblichen Abstammung eine erhebliche Beeinträchtigung des Wohls des minderjährigen Kindes begründen würde, die auch unter Berücksichtigung der Belange des Klärungsberech-tigten für das Kind unzumutbar wäre.
(4) Wer in eine genetische Abstammungsuntersuchung eingewilligt und eine geneti-sche Probe abgegeben hat, kann von dem Klärungsberechtigten, der eine Abstam-mungsuntersuchung hat durchführen lassen, Einsicht in das Abstammungsgutachten oder Aushändigung einer Abschrift verlangen. Über Streitigkeiten aus dem Anspruch nach Satz 1 entscheidet das Familiengericht.“

Das Gesetz regelt also einen Anspruch von Vater, Mutter und Kind jeweils gegen die beiden anderen Angehörigen auf Klärung der Abstammung.

Voraussetzungen: keine
Frist: keine

Die fehlende Einwilligung der anderen Familienangehörigen wird durch Entschei-dung des Familiengerichts ersetzt.

Bei besonderen Härtefällen aus Sicht des Kindes (Kindeswohlprüfung) kann das Ver-fahren ausgesetzt werden. (Beispiel: Das Kind ist aufgrund psychischer Probleme o-der einer Magersucht so stark gesundheitlich beeinträchtigt, dass bei Kenntnis des Er-gebnisses eines Abstammungsgutachtens mit einer medizinisch attestierten Ver-schlechterung des Gesundheitszustandes zu rechnen ist. Ist die Gesundheitsgefähr-dung nicht mehr gegeben, kann das ruhende Verfahren wieder aufgenommen wer-den.)

2. Die Vaterschaftsanfechtungsklage ab 01.04.2008:

Unabhängig vom reinen Abstammungsverfahren und auch nach Durchführung des Abstammungsverfahrens möglich.

Es bleibt die zweijährige Anfechtungsfrist nach Kenntnis der Umstände, die gegen die Vaterschaft sprechen (s.o.). Sinn und Zweck: Schaffung von Rechtssicherheit

Aber (neu!): Hemmung der Zweijahresfrist, wenn der Vater ein reines Abstam-mungsverfahren innerhalb der Frist begonnen hat (Hemmung für die Dauer des Ver-fahrens plus 6 Monate).