Einladung zur Vereins-Mitgliederversammlung per E-Mail

Autor: RA, FA IT-Recht Dr. Aegidius Vogt, RAYERMANN Legal, München – www.rayermann.de
Aus: IT-Rechtsberater, Heft 03/2016
Eine Einladung zur Mitgliederversammlung eines Vereins kann aufgrund fehlender gesetzlicher Formvorschriften auch per E-Mail erfolgen, wenn in der Satzung lediglich eine „schriftliche” Einladung vorgeschrieben ist.

OLG Hamm, Beschl. v. 24.9.2015 - 27 W 104/15

Vorinstanz: AG Essen, Beschl. v. 8.5.2015 - VR 1968 (Fall 5)

BGB §§ 58 Nr. 4, 126, 127; FamFG § 382 Abs. 4 Satz 2

Das Problem

Ein Verein hatte diejenigen Mitglieder, die ihm ihre E-Mail Adresse zur Verfügung gestellt hatten, per E-Mail zur Mitgliederversammlung eingeladen. Die übrigen Vereinsmitglieder wurden mittels Briefpost eingeladen. In der Folge meldete der Verein die von der Mitgliederversammlung beschlossene Satzungsänderung zur Eintragung im Vereinsregister an. Das Registergericht verweigerte die Eintragung mit der Begründung, dass die Einberufung zur Mitgliederversammlung nicht als ordnungsgemäß anzusehen ist, weil die Satzung eine „schriftliche” Einladung vorsieht. Die in der Mitgliederversammlung gefassten Beschlüsse seien folglich unwirksam. Die hiergegen gerichtete Beschwerde blieb erfolglos.

Die Entscheidung des Gerichts

Das OLG Hamm teilte den Einwand des Registergerichts gegen die Eintragung nicht und hat die Sache zur weiteren Entscheidung an das Registergericht zurückverwiesen.

Keine Formvorschriften im Vereinsrecht: Im Gegensatz zum Recht der AG, der GmbH und der Genossenschaft enthalte das Vereinsrecht keine Vorschrift, in welcher Form die Mitgliederversammlung einzuberufen sei. § 58 Nr. 4 BGB sehe u.a. lediglich vor, dass die Satzung eine Bestimmung über die Form der Einberufung enthalten solle. Aufgrund des Teilnahmerechts jedes Mitglieds müsse jedenfalls eine Einladungsform gewählt werden, die es jedem Mitglied ermögliche, Kenntnis von der Anberaumung einer Mitgliederversammlung zu erlangen oder zumindest ohne wesentliche Erschwerungen erlangen zu können.

Maßgeblichkeit der Satzung: Die in der Satzung bestimmte Schriftform sei im Gegensatz zu einer durch Gesetz vorgeschriebenen Schriftform (bspw. in § 51 GmbHG) nicht gem. § 126 BGB, sondern grundsätzlich als gewillkürte Schriftform i.S.d. § 127 BGB zu behandeln (BGH, Urt. v. 22.4.1996 – II ZR 65/95, NJW-RR 1996, 866). Gemäß § 127 Abs. 1 BGB würden die Vorschriften der §§ 126, 126a oder 126b BGB im Zweifel auch für die durch Rechtsgeschäft bestimmte Form gelten. Nach § 127 Abs. 2 BGB genüge zur Wahrung der durch Rechtsgeschäft bestimmten schriftlichen Form die telekommunikative Übermittlung, soweit nicht ein anderer Wille anzunehmen sei. Der Satzung lasse sich hier kein abweichender Wille entnehmen.

Zweck des Schriftformerfordernisses: Der Zweck einer Formvorschrift müsse unter Berücksichtigung der zu schützenden Interessen betrachtet werden. Hier sei er darauf gerichtet, die Kenntnis der Mitglieder von der Anberaumung einer Mitgliederversammlung unter Angabe der Tagesordnung zu gewährleisten. Dies unterscheide sich deutlich von einem vereinbarten Schriftformerfordernis im allgemeinen Wirtschaftsleben, wo regelmäßig eine größere Rechtssicherheit angestrebt werde. Viele Funktionen der Schriftform, wie die Abschluss-, Identifikations-, Echtheits- und Warnfunktion seien bei der Einladung zu einer Mitgliederversammlung von jedenfalls gänzlich untergeordneter Bedeutung. Dies verdeutliche auch die Kündigungsregelung in der Satzung, die bzgl. der Kündigung vorsehe, dass diese „schriftlich und eingeschrieben” zu erfolgen habe. Dies deute darauf hin, dass der Verein in diesem relevanten Bereich auf eine erhöhte Rechtssicherheit Wert gelegt habe.


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