Gilt ein Einschreiben als Zustellnachweis?

16.03.2021, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Einschreiben,Einwurf,Rückschein,Zustellung,Frist Vor Gericht gilt ein Einschreiben nicht immer als Zustellnachweis. © Bu - Anwalt-Suchservice

Viele Legenden ranken sich um das Einschreiben. Oft wird es als sicherer Versandweg empfohlen. In Wahrheit bietet das Einschreiben aber nicht so viel Sicherheit, wie man sich dies meist erhofft.

Ein Einschreiben verfolgt den Zweck, nachweisbar sicherzustellen, dass der Empfänger die Nachricht tatsächlich erhalten hat. Die Post bietet fünf verschiedene Arten von Einschreiben an. Beim einfachen Einschreiben "Standard" übergibt der Postbote die Sendung an den Empfänger oder dessen Bevollmächtigten oder einen anderen Empfangsberechtigten, der den Empfang per Unterschrift bestätigt. Bei einem Einschreiben mit Rückschein muss der Empfänger eine Karte unterschreiben, die per Post an den Absender zurückgeschickt wird. Das „Einschreiben eigenhändig“ wird nur dem Empfänger persönlich oder einem schriftlich zum Empfang Bevollmächtigten ausgehändigt. Das Einwurfeinschreiben schließlich wirft der Postzusteller in den Briefkasten des Empfängers oder in dessen Postfach ein. Den Empfang der Sendung bestätigt lediglich der Zusteller selbst durch seine Unterschrift. Dann gibt es noch das Einschreiben "Wert", welches gegen Unterschrift dem Empfänger oder einem Empfangsberechtigten ausgehändigt wird. Bei ihm haftet die Post bei versendeten Gegenständen bis zum Wert von 500 Euro, bei Bargeld bis zu 100 Euro.

Online-Empfangsbestätigung und Online-Sendungsverfolgung


Eine Online-Empfangsbestätigung mit Unterschrift und eine Online-Sendungsverfolgung bieten die Varianten Standard, Eigenhändig, Rückschein und Wert. Beim Einwurf-Einschreiben gibt es nur eine Online-Sendungsverfolgung.

Was darf ich verschicken und wie haftet die Post?


Laut Post ist es nicht erlaubt, per Einschreiben besonders wertvolle Gegenstände wie Schmuck, Edelmetalle oder Bargeld zu versenden. Eine Ausnahme sind Briefmarken, einzelne Fahrkarten oder einzelne Eintrittskarten. Die Post haftet bis zum Betrag von 25 Euro bei den Varianten Standard, Eigenhändig und Rückschein sowie bis 20 Euro beim Einwurf-Einschreiben.

Andere Regeln gelten natürlich für das Einschreiben Wert, dem früheren "Wertbrief". Dieser ist gerade für das Verschicken von Wertgegenständen gedacht. Erlaubt sind hier "wertvolle Inhalte der Valorenklasse II", dazu gehören Schmuck, Edelsteine, Münzen, Tickets oder wichtige Dokumente. Diese dürfen höchstens 500 Euro pro Brief wert sein. Versandt werden dürfen auch Bargeld und andere Zahlungsmittel bis zu einem Wert von 100 Euro pro Brief. Bis zu diesen Grenzen haftet die Post auch bei Verlust oder Beschädigung. Ersatz gibt es nur gegen Vorlage des Einlieferungsbeleges.

Was muss man zum Einschreiben mit Rückschein wissen?


Oft wird für wichtige Dokumente, aber auch für eine Vertragskündigung oder ähnliche Schriftstücke die Übersendung durch ein Einschreiben mit Rückschein empfohlen. Dabei wird schriftlich dokumentiert, dass der Absender das Schreiben auf der Post aufgegeben hat und dass es angekommen ist – und wann. Daher gilt das Einschreiben mit Rückschein als die sicherste Variante für Dokumente.

Allerdings ist diese Zugangssicherheit beim Einschreiben mit Rückschein in Wahrheit eine Illusion: All dies funktioniert nämlich nur, wenn der Empfänger mitspielt. Nimmt er das Einschreiben nicht an oder ist er nicht zu Hause und holt es auch nicht von der Post ab, wird es ungeöffnet an den Absender zurückgeschickt. Dies kann ein paar Tage oder durchaus auch Wochen dauern. Das Schriftstück erreicht den Empfänger nicht, und wichtige rechtliche Folgen - etwa der Beginn einer Frist - entstehen nicht.

Wenn der Empfänger das Einschreiben annimmt, kann der Absender immerhin nachweisen, dass der Empfänger es erhalten hat. Damit ist jedoch noch lange nicht bewiesen, was im Umschlag war: Die Kündigung eines Mietvertrages oder vielleicht nur ein leeres Stück Papier? Geht ein Fall vor Gericht, muss aber der Absender Beweise liefern können.

Welchen Beweiswert hat ein Einwurfeinschreiben?


Das Einwurfeinschreiben nur in den Briefkasten eingeworfen. Immerhin dokumentiert die Post die Ablieferung und der Absender kann den Sendungsstatus online einsehen und ausdrucken. Die Gerichte sind sich nicht einig, ob das ausreicht, um von einem Zugang des Schreibens beim Empfänger auszugehen.

So sahen das Arbeitsgericht Düsseldorf (22.2.2019, Az. 14 Ca 465/19) und das Arbeitsgericht Reutlingen (19.3.2019, Az. 7 Ca 89/19) die Zustellung beim Einwurf-Einschreiben nicht als gesichert an. Immerhin könne der Zusteller den Brierf jederzeit versehentlich auch in den falschen Briefkasten einwerfen und dann die Zustellung selbst bestätigen. Gerade bei großen Mehrfamilienhäusern oder Postfachanlagen sei ein Zustellfehler nicht ausgeschlossen. Daher reiche der Nachweis eines zugestellten Einwurf-Einschreibens nicht als Beweis aus, dass der Empfänger den Brief (hier ging es um die Kündigung von Arbeitsverträgen) wirklich erhalten hat.

2012 hat der Bundesgerichtshof in einem Urteil angedeutet, dass auch ein in ein Postfach eingeworfenes Einwurfeinschreiben als nachweisbar zugestellt gelten könne (Urteil vom 25.01.2012, Az. VIII ZR 95/11). Dieses Urteil beschäftigt sich jedoch nicht näher mit dem Einwurfeinschreiben als Zustellmöglichkeit oder gar mit der Beweiskraft des online abrufbaren Sendungsverlaufs. 2016 entschied der Bundesgerichtshof ähnlich; hier ging es um die Zusendung einer Aufforderung zur Einzahlung ausstehenden Stammkapitals einer GmbH (27.9.2016, Az. II ZR 299/15). Hier ging es allein darum, ob ein Einwurfeinschreiben als "eingeschriebener Brief" im Sinne des GmbH-Gesetzes gilt. Dies wurde bejaht.

Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern entschied 2019, dass ein Einwurf-Einschreiben als zugestellt gelten könne - sofern nicht echte Anhaltspunkte für Fehler oder Fehlverhalten bei der Zustellung vorliegen würden (Urteil vom 12.3.2019, Az. 2 Sa 139/18).

Man sollte insgesamt nicht davon ausgehen, dass ein Einwurf-Einschreiben automatisch als zugegangen angesehen wird und die erhofften Rechtsfolgen auslöst. Hier sind unterschiedliche Gerichtsentscheidungen möglich. Im Übrigen kann auch hier der Empfänger einfach behaupten, nur einen leeren Umschlag erhalten zu haben.

Was bringt der Beweis durch Zeugen?


Umständlicher, aber besser ist der Beweis durch Zeugen. Wenn ein Brief, dessen Inhalt der Zeuge gelesen hat, in dessen Beisein in den Umschlag gesteckt und als Einwurf-Einschreiben zur Post gebracht wird, ist der Zugang des konkreten Dokuments immerhin etwas besser zu beweisen. Natürlich bleibt die Möglichkeit einer Fehlzustellung. Und es ist auch nicht ausgeschlossen, dass ein Brief unterwegs geöffnet wird (was besonders bei Briefen, die aussehen, als ob sie Geldscheine oder eine CD mit Software enthalten, gelegentlich vorkommen soll). Die Gerichte sehen diese Möglichkeiten auch und betrachten daher ein Einwurf-Einschreiben oft nicht als ausreichend.

Auch ein Zeuge bietet daher nur dann absolute Sicherheit, wenn er nicht nur den Inhalt des Schreibens gelesen hat, sondern auch als Bote fungiert und den Brief selbst einwirft. Denn: Was im Briefkasten des Empfängers liegt, gilt als zugestellt.

Weitere Variante: Zustellung durch Gerichtsvollzieher


Ein anderer, sicherer Weg ist die Zustellung per Gerichtsvollzieher. Diese Möglichkeit steht jedem offen. Der Gerichtsvollzieher bestätigt im Unterschied zur Post nicht nur, dass irgendein Brief mit unbekanntem Inhalt zugestellt wurde, sondern dass das konkrete Schreiben mit einem bestimmten Inhalt beim Empfänger angekommen ist. Dafür entstehen allerdings Kosten: Für eine persönliche Zustellung durch einen Gerichtsvollzieher werden 13 Euro fällig, hinzu kommt unter Umständen noch eine Entfernungspauschale.

Wie funktioniert die Zustellung durch Gerichtsvollzieher?


Zunächst muss man das örtliche Amtsgericht am Wohnort des Empfängers ausfindig zu machen. An jedem Amtsgericht existiert eine Gerichtsvollzieherverteilerstelle. Diese muss der Absender damit beauftragen, das Dokument dem Adressaten persönlich per Gerichtsvollzieher zuzustellen. Antrag und Dokument kann er dem Gericht per Post zuschicken.

Mietwohnung: Schlüsselübergabe per Einschreiben?


Keine gute Idee ist es, den Schlüssel zu einer Mietwohnung nach dem Auszug einfach per Einschreiben an den Vermieter zu schicken. Nach einer Entscheidung des Amtsgerichts Brandenburg müssen die Mieter beweisen können, dass nicht nur der Umschlag, sondern auch der Schlüssel darin tatsächlich durch die Post zugestellt wurde. Insbesondere beim „Umverpacken“ einer beschädigten Sendung durch die Post wird vor Gericht der Zugang der Sendung mit Inhalt angezweifelt werden (Urteil vom 1.9.2014, Az. 31 C 32/14). Bei Schlüsseln sollte besser eine persönliche Übergabe erfolgen.

Praxistipp


Ein Einschreiben wird als Zustellnachweis oft überbewertet. Dies kann vor Gericht zu einem bösen Erwachen führen. Ein Rechtsanwalt für Zivilrecht kann Sie dazu beraten, wie Sie den Lauf einer Frist am besten auslösen oder ihre Forderungen wirksam geltend machen.

(Ma)


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