Erstattungsanspruch – Unfallschaden am Privatfahrzeug

Autor: RA FAArbR Dr. Henning Hülbach, Schlütter Bornheim Seitz, Köln
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 06/2011
Will der Arbeitnehmer gem. § 670 BGB den an seinem Privatfahrzeug entstandenen Unfallschaden ersetzt bekommen, weil er das Fahrzeug mit Billigung des Arbeitgebers in dessen Betätigungsbereich eingesetzt hat, so muss er vortragen, dass er den Schaden nicht grob fahrlässig verursacht hat.

BAG, Urt. v. 28.10.2010 - 8 AZR 647/09

Vorinstanz: LAG Hamburg - 7 Sa 70/08

BGB §§ 670, 254

Das Problem:

Der Kläger benutzte mit Billigung des beklagten Arbeitgebers seinen privaten Pkw für eine Kurierfahrt. Es kam zu einem durch den Kläger zumindest mitverursachten Auffahrunfall, bei dem dessen Pkw stark beschädigt wurde. Der Unfall wurde weder polizeilich aufgenommen noch wurden die Verschuldensursachen anderweitig gutachterlich geklärt.

Der Kläger trug vor, dass er mit 40 bis 45 km/h gefahren sei, als ihn im Rahmen des dichten Kolonnenverkehrs ein plötzliches Abbremsen und Abbiegen des vorausfahrenden Fahrzeugs zu einem starken Abbremsen gezwungen habe. Die auf Fotos erkennbare Deformation des Frontbereichs seines Pkw sei kein Indiz für eine höhere Geschwindigkeit, da sein Pkw einen Mittelmotor habe und der Frontbereich als Knautschzone diene. Der Kläger verlangt Ersatz der ihm entstandenen Aufwendungen.

Die Entscheidung des Gerichts:

Ebenso wie in den Vorinstanzen blieb die Klage auch vor dem BAG erfolglos. Zwar komme in einer solchen Konstellation grds. analog § 670 BGB ein Aufwendungsersatzanspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber in Betracht. Voraussetzung hierfür sei, dass
  • der Schaden nicht dem Lebensbereich des Arbeitnehmers, sondern dem Betätigungsbereich des Arbeitgebers zuzurechnen sei,
  • der Arbeitnehmer den Schaden nicht aufgrund einer hierfür gesondert gezahlten Vergütung selbst tragen müsse und
  • es sich um einen außergewöhnlichen Sachschaden handele, mit dem der Arbeitnehmer nach Art des Betriebs und seiner Tätigkeit nicht ohne weiteres zu rechnen habe.
Diese Voraussetzungen könnten auch bei einem Verkehrsunfall bei der Auslieferung oder Abholung von Waren für den Arbeitgeber erfüllt sein. Einem Anspruch stehe vorliegend jedoch die fehlende konkrete Darlegung des Fehlens von grober Fahrlässigkeit des Arbeitnehmers entgegen. Nach den Grundsätzen des innerbetrieblichen Schadensausgleichs sei ein Anspruch im Fall grob fahrlässiger Schadensverursachung durch den Arbeitnehmer grds. ausgeschlossen. Der Arbeitnehmer trage bei einem Aufwendungsersatzanspruch – anders als bei einem Schadensersatzanspruch – auch die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er den Schaden nicht grob fahrlässig verursacht habe.

Der Kläger sei seiner Darlegungslast nicht nachgekommen. Die behauptete Ausgangsgeschwindigkeit von 40 bis 50 km/h bei einem unstreitig zu geringen Sicherheitsabstand sei nicht ausreichend, fehlende grobe Fahrlässigkeit zu begründen. Da im Straßenverkehr zudem der Beweis des ersten Anscheins dafür spreche, dass der Auffahrende entweder unaufmerksam gewesen oder zu dicht aufgefahren sei, wäre es Sache des Klägers gewesen, durch Mitteilung konkreter Gegentatsachen die Möglichkeit eines anderweitigen, nicht typischen Geschehensverlaufs darzustellen.


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