Erweiterte Alkoholklausel der Versicherung

02.08.2010, Autor: Herr Sven Skana / Lesedauer ca. 3 Min. (3285 mal gelesen)
Unfallversicherung und erweiterte Alkoholklausel: Versicherungsschutz auch bei Verletzung durch einen Zweitunfall?

Das OLG Saarbrücken hat am 21.01.2010 entschieden, soweit eine „Erweiterte Alkoholklausel“ einer Versicherung besteht, sind Unfälle infolge von Trunkenheit „bei Fahren von Kraftfahrzeugen“ bis 1,3 Promille mitversichert. Die versicherte Person genießt aber keine Deckung, wenn sie bei 1,5 Promille mit einem Kraftfahrzeug mit der Leitplanke einer BAB kollidiert, dabei verletzt wurde und später nach Verlassen des Wagens von einem anderen Kraftfahrzeug erfasst wurde und dann zusätzlich schwere gesundheitliche Schäden erlitt.

Hier fuhr der Sohn der Versicherungsnehmerin (im Folgenden VN) im alkoholbedingt absolut fahruntüchtigen Zustand mit 1,5 Promille nachts auf der BAB und kam von der Fahrbahn ab. Das Kfz kam mit wirtschaftlichen Totalschaden zum Stehen. Der nicht angeschnallte Fahrer wurde dabei mindestens leicht verletzt. Gegen 4:20 Uhr wurde der VN 120 m vom Kfz entfernt schwerst verletzt aufgefunden. Das rechtsmedizinisch erlangte Gutachten ergab, dass der VN wahrscheinlich unter ein Fahrzeug geraten und mitgeschleift worden sei.
Der VN hatte eine Unfallversicherung unter Geltung der AUB 94 abgeschlossen, in der u.a. heißt: „Bei Führen von Kraftfahrzeugen wird Versicherungsschutz nur bis 1,3 Promille gewährt“.

Die Beklagte lehnte die Erbringung von Versicherungsleistungen und berief sich darauf, dass eine Zahlungspflicht bei einem Blutalkoholwert über 1,3 Promille nicht bestehe.
Der VN behauptet aber, dass jedenfalls der Zweitunfall versichert, weil er das Fahrzeug nicht mehr geführt hat und deshalb sei die Klausel nach Verlassen des Fahrzeugs nicht mehr anwendbar.

Das LG und das OLG haben die Klage abgewiesen. Laut Klausel im Versicherungsvertrag wird nicht verlangt, dass der Unfall zu dem Zeitpunkt eintritt, in dem der VN das Kfz tatsächlich fährt. Es ist zu erkennen, dass eingetretene Unfälle mit mehr als 1,3 Promille vom Versicherungsschutz ausgenommen sind. Der VR möchte keinen Unfallversicherungsschutz für die Teilnahme am Strafenverkehr in volltrunkenem Zustand gewähren.

Selbst wenn die Klausel so eng auszulegen wäre, liegt der Leistungsausschluss vor, da die durch das Überrollen eines anderen Fahrzeugs verursachten weiteren Schäden kausal mit dem Erstunfall verknüpft sind und dem VN deshalb zuzurechnen sind. Allerdings muss der Unfall, wenn er nicht beim Fahren selbst eingetreten ist, zumindest auf den besonderen Gefahren, die mit dem Führen eines Kfz verbunden sind, beruhen. Einfache Kausalität genügt nicht.
Hier ist jedoch, wie oben ausgeführt, die Schädigung adäquat kausal auf den Erstunfall zurückzuführen und es haben sich auch die besonderen Gefahren verwirklicht, die mit dem Führen eines Kfz im alkoholbedingt fahruntüchtigen Zustand verbunden sind.

Die Ursächlichkeit wurde durch den VN nicht widerlegt. Es spreche bei absoluter Fahruntüchtigkeit der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Alkoholgenuss ursächlich für den Unfall geworden ist (GBH VersR 86, 141).


(OLG Saarbrücken, 5 U 249/08)

Hinweis:
Bitte beachten Sie, dass das oben geschilderte Urteil nicht verallgemeinerungsfähig ist. Vielmehr bedarf es einer genauen Prüfung des Einzelfalls, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Der Autor Sven Skana ist Fachanwalt für Verkehrsrecht, Spezialist für Verkehrs-Unfallrecht sowie Spezialist für Führerscheinangelegenheiten im Betäubungsmittelrecht. Er ist Partner in der Kanzlei Roscher, Johlige & Partner in Berlin-Charlottenburg, Kurfürstendamm 28, 10 719 Berlin, Tel: 030/886 81 505.