Fahrverbot? Keine Fahreridentifizierung nach Aktenlage

01.11.2016, Autor: Herr Sven Skana / Lesedauer ca. 2 Min. (226 mal gelesen)
In seinem Beschluss vom 04.02.2016 hatte das Amtsgericht Minden entschieden, dass eine Fahreridentifizierung nach Aktenlage nicht möglich ist. Selbst wenn der Halter des Fahrzeugs und Vater des Beklagten in einer erneuten Aussage seine Angaben wiederholt, kann dadurch keine sichere Fahrerfeststellung getroffen werden, da es sich lediglich um Mutmaßungen handelt. Solange der Betroffene sich auf sein Schweigerecht beruft, kann eine Fahreridentifizierung daher nicht erfolgen.

Dem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde

Gegen den Betroffenen wurde durch die Verwaltungsbehörde ein Bußgeldbescheid erlassen. Hiergegen hatte dieser rechtzeitig Einspruch eingelegt.


Mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft hatte das zuständige Amtsgericht die Akte gem. § 65 V S. 1 OWiG wegen offensichtlich ungenügender Sachverhaltsaufklärung zwecks weiterer abschließender Aufklärung an die Verwaltungsbehörde zurückgeschickt.

Diese führte weitere Aufklärungen durch und sandte sodann die Akte erneut an das Amtsgericht, damit diese das Verfahren durchführen könne. Doch auch hiernach bestand kein ausreichender Tatverdacht gegen den Betroffenen, weshalb die Akte endgültig gem. § 65 V S. 2 OWiG an die Behörde zurückgegeben wurde.

Das Amtsgericht wies bereits bei der ersten Zurückweisung der Akte darauf hin, dass eine Fahreridentifizierung nach Aktenlage nicht möglich ist. Selbst wenn der Halter und Vater des Betroffenen seine in der Tatnacht gemachten, unverwertbaren Angaben nach ordnungsgemäßer Belehrung wiederholen würde, so wäre aus ihnen eine sichere Fahrerfeststellung nicht möglich. Denn es ist nicht auszuschließen, dass eine unbekannte dritte Person das Fahrzeug führte. Ein Lichtbildabgleich durch die Polizeibeamten erfolgte indes nicht. Der Betroffene berief sich auf sein Schweigerecht.

Ein EMA-Lichtbild des Beklagten aus dem BPA das den Polizeibeamten vorgelegt wurde, war zum einen zur Identifizierung wenig aussagekräftig, da es in diesem Zeitpunkt bereits fünf Jahre alt war. Zum anderen gaben die Beamten an, dass eine zweifelsfreie Identifizierung durch sie ohnehin nicht möglich sei, da das Gesicht des Betroffenen in der Tatnacht nicht wahrgenommen werden konnte.

Zwar gab einer der Beamten in seiner Stellungnahme an, dass der Vater in der Tatnacht die Angabe machte, er könne ausschließen, dass ein anderer als sein Sohn am Steuer saß. Es bestehen jedoch, abgesehen davon, dass dieser Einwand nunmehr erstmals aktenkundig gemacht wurde, erhebliche Bedenken bezüglich der Verwertbarkeit. Darüber hinaus handelt es sich auch lediglich um Mutmaßungen des Vaters, aus denen kein Tatnachweis gezogen werden könne.

Solange der Beklagte sich auf sein Schweigerecht beruft, wird eine Identifizierung des Fahrers in der Tatnacht nicht gelingen.

Daher war es richtig, die Akte endgültig gem. § 65 V S. 2 OWiG an die Verwaltungsbehörde zurückzusenden. Das Verfahren war einzustellen.

 

Beschluss des AG Minden vom 04.02.2016


Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Der Autor Sven Skana ist Fachanwalt für Verkehrsrecht, Spezialist für Verkehrs-Unfallrecht sowie Spezialist für Führerscheinangelegenheiten im Betäubungsmittelrecht. Er ist Partner in der Kanzlei Johlige, Skana & Partner in Berlin.