„Hochzeitsrabatte“ nicht kartellrechtswidrig

14.12.2015, Autor: Herr Bernd Fleischer / Lesedauer ca. 2 Min. (335 mal gelesen)
„Hochzeitsrabatte“, die Edeka 2009 nach der Übernahme der Plus-Märkte mit Herstellern vereinbart hat, sind rechtens. Das OLG Düsseldorf (Az. VI – Kart 6/14 (V) bewertete den Fall damit gänzlich anders als das Bundeskartellamt im Juli 2014.

Die Behörde hatte in den Rabatten einen Missbrauch von Marktmacht und einen Verstoß gegen das „Anzapfverbot“ gesehen und sie für rechtswidrig erklärt.

Nachfragern mit überlegener Marktmacht ist es nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) verboten, Lieferanten unter missbräuchlicher Ausnutzung dieser Überlegenheit aufzufordern, dem Nachfrager sachlich nicht gerechtfertigte Vorteile zu gewähren („Anzapfverbot“). Dieses Verbot gilt nicht nur für marktbeherrschende Unternehmen, sondern bereits dann, wenn kleinere oder mittlere Unternehmen von einem Nachfrager abhängig sind und der Nachfrager deshalb über überlegene Marktmacht verfügt. Die Frage, wo die „rote Linie“ zwischen harten Verhandlungen und unzulässigem Anzapfen durch Unternehmen des Einzelhandels verläuft, hat mehrfach das Bundeskartellamt und die Gerichte bis hin zum Bundesgerichtshof beschäftigt.

Der Fall: Ende 2008 übernahm Edeka rund 2.300 Filialen des Discounters „Plus“ vom Wettbewerber Tengelmann, um diese Filialen der Discounterschiene „Netto“ anzugliedern. Mit mehr als 500 Lieferanten, unter ihnen vier große Sekthersteller, wurden Sonderverhandlungen mit dem Ziel geführt, Zahlungsziele und Preise „anzupassen“. Dies sah das Bundeskartellamt als rechtswidrig an und stellte eine Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsgesetz fest.

Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hat am 18. November 2015 entschieden, dass die Forderung der „Hochzeitsrabatte“ nicht gegen das kartellrechtliche Anzapfverbot verstieß. Nach Ansicht des OLG ist die Forderung besonders günstiger Konditionen durch marktstarke Lebensmitteleinzelhändler jedenfalls dann nicht missbräuchlich, wenn eine entsprechende Gegenmacht des jeweiligen Lieferanten besteht und die vereinbarten Konditionen Ergebnis eines kaufmännischen Verhandlungsprozesses sind.

Edeka sei als Vollsortimenter auf die Artikel der Sekthersteller angewiesen gewesen, da der Endkunde sie aufgrund der Bekanntheit der Marke im Sortiment des Lebensmitteleinzelhandels erwarte und nachfragte. Den Gesprächen sei vor diesem Hintergrund ein kaufmännischer Verhandlungsprozess mit Forderungen und Gegenforderungen vorausgegangen, wie er typischerweise nur unter annähernd gleichstarken Verhandlungspartner stattfinde. Alle vier Sekthersteller hätten die Ausgangsforderung von Edeka teils erheblich reduzieren sowie in den Verhandlungen gewichtige Gegenleistungen aushandeln können.

Ein Teil der gegen Edeka erhobenen Vorwürfe sei zudem bereits deshalb unberechtigt, weil das Bundeskartellamt von unzutreffenden Tatsachen ausgegangen sei. So seien verbesserte Zahlungsziele nicht „einseitig festgelegt“ worden, sondern nach Widerspruch Ergebnis von Verhandlungen gewesen.

Gegen diesen noch nicht rechtskräftigen Beschluss kann das Bundeskartellamt das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof einlegen.

Wie die unterschiedliche Rechtsprechung in diesem Fall zeigt, ist es für Unternehmen nur schwer ersichtlich, wann sie eine rote Linie überschreiten und damit gegen das Kartellrecht verstoßen. Kommt es zu Verstößen gegen das Kartellrecht, können die Folgen für die Unternehmen gravierend sein.

Die Wirtschaftskanzlei ROSE & PARTNER LLP mit Standorten in Hamburg und Berlin berät Unternehmen im Kartellrecht bei der Vertragsgestaltung, Unternehmenskooperationen oder der Durchsetzung und Abwehr von Forderungen.


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Dr. Bernd Fleischer
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Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz


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