Keine betriebliche Übung bei Raucherpausen

Autor: RA FAArbR Dr. Detlef Grimm, Loschelder Rechtsanwälte, Köln
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 11/2015
Hat der Arbeitgeber während sog. Raucherpausen, für die die Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz jederzeit verlassen durften, das Entgelt weitergezahlt, ohne die genaue Häufigkeit und Dauer der jeweiligen Pausen zu kennen, können die Arbeitnehmer nicht darauf vertrauen, dass der Arbeitgeber diese Praxis weiterführt. Ein Anspruch aus betrieblicher Übung entsteht nicht. (Amtl. LS)

LAG Nürnberg, Urt. v. 5.8.2015 - 2 Sa 132/15

Vorinstanz: ArbG Würzburg - 10 Ca 996/14

BGB §§ 151, 242, 611

Das Problem

Seit vielen Jahren hatte es sich im Betrieb der Beklagten eingebürgert, dass die Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz verlassen, ohne sich am Zeiterfassungsgerät aus- und einzustempeln, um an einer Raucherinsel, in deren Nähe sich auch ein Zeiterfassungsgerät befand, zu rauchen. Die Beklagte hatte 2006 und 2007 in zwei Betriebsanweisungen untersagt, in den Werkhallen, im Aufenthaltsraum und in den Toiletten zu rauchen, und nur das Rauchen an den ausgewiesenen Raucherinseln erlaubt. Eine entsprechende Weisung enthielt auch die BV-Rauchen 2013. Hierin war zudem geregelt, dass beim Entfernen vom Arbeitsplatz das nächstgelegene Zeiterfassungsgerät zu nutzen ist.

In den Monaten Januar bis März 2013 zog die Beklagte dem Kläger 210, 96 bzw. 572 Minuten für Raucherpausen von der Arbeitszeit und der Vergütung ab. Diese Beträge verlangt der Kläger aufgrund betrieblicher Übung.

Die Entscheidung des Gerichts

Das LAG bestätigt das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts. Ausgangspunkt ist die Rspr. des BAG zur betrieblichen Übung (vgl. BAG, Urt. 19.3.2014 – 5 AZR 954/12 m.w.N., ArbRB online). Es fehle schon an einer regelmäßigen Wiederholung gleichförmiger Verhaltensweisen, da die von der Beklagten bis 2013 nicht sanktionierten Raucherpausen je Arbeitnehmer unterschiedliche Häufigkeiten und Längen gehabt hätten. Schließlich könne in Bezug auf bloße Annehmlichkeiten, also Leistungen, die materiell nicht ins Gewicht fielen, nicht ohne weiteres ein vertraglicher Anspruch aus betrieblicher Übung entstehen. Als solche Annehmlichkeiten sieht das LAG unter Bezugnahme auf das BAG (BAG, Urt. v. 17.9.1970 – 5 AZR 539/69) auch die Gewährung einzelner freier Tage oder Stunden an.

Die Bezahlung der Raucherpausen stehe auch in keinem Zusammenhang mit der Arbeitsleistung, weshalb die Arbeitnehmer nicht ohne besondere Umstände auf die Weitergewährung vertrauen durften, zumal sie selbst über Häufigkeit und Dauer der Pausen – nach dem Vortrag des Klägers 60 bis 80 Minuten täglich – hätten bestimmen dürfen. In einem solchen Fall könne ein Arbeitnehmer nicht von einem Bindungswillen des Arbeitgebers ausgehen.


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