Straßenverkehr: Für wen gilt die Helmpflicht / welche Modelle sind zulässig?

31.07.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice / Lesedauer ca. 6 Min. (4939 mal gelesen)
Helmpflicht,Kopfverletzung,Straßenverkehrsbehörde,Ausnahme Mit einem Helm fährt man sicherer. Wie ist die Rechtslage? © Bu - Anwalt-Suchservice
Das Wichtigste in Kürze

1. Motorisierte Zweiräder: Für Motorrad-, Roller- und Mofafahrer besteht in Deutschland eine generelle Helmpflicht.

2. Fahrradfahrer: In Deutschland gibt es keine Helmpflicht für Fahrradfahrer. Allerdings wird das Tragen eines Helms empfohlen und immer wieder auch aus politischen Kreisen heraus verpflichtend gefordert.

3. Ordnungswidrigkeit: Verstöße gegen die Helmpflicht sind eine Ordnungswidrigkeit und werden mit einem Bußgeld von 15 Euro bis hin zu 70 Euro und einem Punkt bestraft, wenn Kinder ohne Helm mitfahren.
Bei einem Verkehrsunfall kann ein Helm ganz entscheidend vor einer Kopfverletzung schützen. Dies gilt ganz besonders bei Personen, die nicht durch die Fahrgastzelle, Gurte und Airbags eines Autos geschützt sind. Für manche motorisierte Zweiräder und einige andere Fahrzeuge sind Helme seit 1976 Pflicht. Wer diese nicht beachtet, riskiert nicht nur Verletzungen, sondern auch Bußgelder. Keine Helmpflicht besteht bisher für Radfahrer – obwohl deren Einführung mehrfach diskutiert wurde.

Wer muss im Straßenverkehr einen Helm tragen?


Die Vorschriften über Sicherheitsgurte findet man ebenso wie Regelungen zu Sicherheitsgurten und anderen Sicherheitssystemen in § 21a der Straßenverkehrsordnung (StVO). Demzufolge muss jeder einen geeigneten Schutzhelm tragen, der

- Krafträder oder offene drei- oder mehrrädrige Kraftfahrzeuge führt,
- deren bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit über 20 km/h liegt oder
- der auf oder in diesen Fahrzeugen mitfährt.

Unter die Helmpflicht fallen zum Beispiel Motorräder, Mofas, Mopeds, Motorroller, Trikes, Motorräder mit Beiwagen und Quads. Keiner Helmpflicht unterliegen dagegen Fahrer und Beifahrer, die einen vorgeschriebenen Sicherheitsgurt des Fahrzeugs angelegt haben.

Welche Helme sind erlaubt?


Um die Art des zu tragenden Helms wird immer wieder gestritten. Dafür gibt es mehrere Gründe. So möchte mancher Oldtimerfan auf seinem Liebhaberstück nicht mit einem modernen Helm unterwegs sein. Ein historischer Halbschalenhelm würde doch viel besser zum Fahrzeug passen? So mancher Fahrer eines schweren Bikes würde einen militärischen Stahlhelm bevorzugen. Dann gibt es natürlich auch noch die sogenannten Braincaps, die nur den oberen Teil des Schädels bedecken.

Die StVO spricht hier leider keinen Klartext. Ihr zufolge muss der Helm lediglich "geeignet" sein. Bis vor ein paar Jahren war ein amtlich genehmigter Schutzhelm vorgeschrieben. Es war also ein Prüfzeichen, wie etwa ein ECE-Zeichen erforderlich. Inzwischen ist dies nicht mehr der Fall. Es darf also jeder geeignete Helm getragen werden. Aber: Helme sind nur geeignet, wenn sie eine ausreichende Schutzwirkung haben. Daher sind Helme, die Stirn, Ohren und Nackenbereich nicht schützen, nicht erlaubt.

Damit sind die sogenannten Braincaps tabu. Und auch historische Halbschalenhelme entsprechen grundsätzlich nicht den Anforderungen. Vorsicht ist bei historischen Originalen schon deshalb geboten, weil ihre Schutzwirkung durch Materialermüdung und Alterung meist mit der Zeit nachlässt. Moderne Nachbauten können zulässig sein, dabei kommt es jedoch auf den Einzelfall und die Ausführung an.

Eindeutig nicht zulässig sind alle Helme, die überhaupt nicht für das Motorradfahren entwickelt wurden. Dazu gehören Bauarbeiterhelme, Feuerwehrhelme und auch militärische Stahlhelme. Vorsicht: Daraus ist nicht der Umkehrschluss zu ziehen, dass alles, was anno dazumal als Motorradhelm entwickelt wurde, heute noch so benutzt werden darf.

Für motorisierte Fahrzeuge sind auch Radfahrerhelme ungeeignet. Sie bieten bei einem Sturz mit höherer Geschwindigkeit zu wenig Schutz und sind lebensgefährlich.
Sieht man von diesen Einschränkungen ab, können Kradfahrer unter den im Handel erhältlichen Integral-, Motocross- und Jethelmen frei auswählen.

Welche Strafen drohen bei Nichtbeachtung der Helmpflicht?


Wird ein erwachsener Fahrer oder Beifahrer ohne Helm oder mit einem ungeeigneten Helm erwischt, kommt er nach wie vor noch mit einem Verwarnungsgeld von 15 Euro davon. Teurer wird es, wenn man zum Beispiel auf einem Motorrad oder Quad ein Kind ohne geeigneten Helm mitfahren lässt. Dann werden 60 Euro und ein Punkt in Flensburg fällig. Bei mehreren Kindern sind es 70 Euro und ein Punkt.

Das Mitnehmen von Kindern ohne geeigneten Helm wird als B-Verstoß angesehen. Zwei B-Verstöße bedeuten für Fahranfänger eine Verlängerung der Probezeit und in der Regel auch die Anordnung der Teilnahme an einem Aufbauseminar.

Welche Ausnahmen gibt es von der Helmpflicht?


Die bei den Gemeinden angesiedelten Straßenverkehrsbehörden dürfen eine Befreiung von der Helmpflicht erteilen. Rechtsgrundlage ist § 46 Abs. 1 Nr. 5b StVO. Allerdings sind die Fälle, in denen eine solche Befreiung erteilt werden kann, nicht klar geregelt. Hier hat die Straßenverkehrsbehörde einen Ermessensspielraum.

Anerkannt sind etwa Befreiungen aus medizinischen Gründen. Dafür ist der Straßenverkehrsbehörde ein ärztliches Attest vorzulegen. Ein Arzt wird dies in der Regel dann erteilen, wenn ein Patient z. B. wegen einer Kopfverletzung, Verbänden, frischen Operationsnarben etc. keinen Helm tragen kann.

Damit die Straßenverkehrsbehörde tatsächlich eine Befreiung erteilt, muss der Antragsteller nach Meinung einiger Gerichte auch nachweisen, dass er tatsächlich auf das Motorrad als Fortbewegungsmittel angewiesen ist. Wenn er zum Beispiel auch ein Auto besitzt, wird man ihn darauf verweisen, doch für die Zeit seiner Helm-Untauglichkeit lieber dieses zu benutzen. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat diese Ansicht bestätigt (Urteil vom 15.12.2015, Az. 1 B 14.13). Das Bundesverwaltungsgericht hat erklärt, dass dies im Ermessen der Behörde steht: Selbst ein ärztliches Attest verpflichte die Behörde nicht zu einer Befreiung von der Helmpflicht (Beschluss vom 8. Februar 2017, Az. 3 B 12.16).

Die Stadt Duisburg hat 2021 verschiedene Ausnahmegenehmigungen zurückgenommen, die nur aufgrund ärztlicher Atteste und auf Dauer erteilt worden waren. Dabei war offenbar nicht geprüft worden, ob die Antragsteller in der Lage waren, andere Fahrzeuge (oder den ÖPNV) zu nutzen. Laut Verwaltungsgericht Düsseldorf waren die Ausnahmen damit von Anfang an rechtsfehlerhaft und durften zurückgenommen werden (Beschluss vom 28.10.2021, Az. 14 L 2046/21).

Übrigens kann eine Befreiung von der Helmpflicht nicht allein aus medizinischen Gründen erteilt werden. In der aktuellen Version der Verwaltungsvorschrift zu § 21a StVO wurde ein Passus, der medizinische Gründe nannte, ersatzlos gestrichen.
Das heißt: Medizinische Gründe können ausreichen, müssen aber nicht. Auch andere Gründe sind denkbar.

Ist eine Befreiung wegen religiösem Kopfschmuck möglich?


Vor dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg ging es um einen Angehörigen der Sikh-Religion, der aus religiösen Gründen in der Öffentlichkeit ständig den traditionellen Turban tragen muss. Dies wollte er auch beim Motorradfahren tun. Nur hatte die Straßenverkehrsbehörde dem zur Sikh-Religion konvertierten Mann nicht erlaubt, statt des Motorradhelms einen (offenbar fahrtwindfesten) Turban zu tragen. Dagegen hatte er geklagt.

Das Gericht erklärte: Die Religionsfreiheit zwinge die Behörde nicht dazu, dem Antrag stattzugeben. Artikel 2 Absatz 2 des Grundgesetzes garantiere auch den Schutz Dritter vor körperlichen Verletzungen. Wenn ein Motorradfahrer durch einen Helm geschützt sei, könne er nach einem Unfall auch anderen helfen, indem er zum Beispiel die Unfallstelle sichere, Erste Hilfe leiste oder Rettungskräfte alarmiere. Auch könnten Dritte unter psychischen Auswirkungen leiden, nachdem sie einen Motorradunfall mit schweren Kopfverletzungen mit angesehen hätten. Eine Befreiung von der Helmpflicht aus religiösen Gründen sei zwar nicht unmöglich, aber auch nicht zwingend notwendig. Daher wurde der Fall an die Vorinstanz zurückverwiesen (Urteil vom 29.8.2017, Az. 10 S 30/16). Der Fall ging bis vor das Bundesverwaltungsgericht, welches die Ansicht des VGH Baden-Württemberg bestätigte (Urteil vom 4. Juli 2019, Az. G 3 C 24.17).

Worauf sollte man beim Helmkauf achten?


Helme sind entscheidend, um im Notfall Kopfverletzungen zu vermeiden. Nach dem ADAC altern moderne Helme nicht mehr so stark wie ältere Modelle. Beim Kauf empfehlen sich daher Helme mit einer Zulassung nach ECE R 22/05. Diese Angabe findet man meist auf einem kleinen Label am Kinnriemen. Die Genehmigungsnummer sollte mit "05" beginnen. Die Buchstaben "ECE" sind nicht zwingend erforderlich, es sollte jedoch ein "E" in einem Kreis und eine Zulassungsnummer vorhanden sein. Ein "P" hinter dem Schrägstrich heißt, dass der Helm einen nach der Norm geprüften Kinnschutzbügel besitzt. Der ADAC empfiehlt, einen Helm nicht länger als fünf Jahre zu nutzen.

Wird eine Helmpflicht für Radfahrer eingeführt?


Seit Jahren wird über eine Helmpflicht für Radfahrer gestritten. Allerdings gibt es sie derzeit in Deutschland nicht, auch nicht für Kinder. Die Befürworter argumentieren damit, dass durch Fahrradhelme 80 Prozent der schweren Kopfverletzungen bei Radfahrern vermieden werden könnten. Die Gegner betonen, dass der Helm ein falsches Sicherheitsgefühl vermittle und zu riskantem Fahrverhalten ermutige. Auch sei die Helmpflicht kaum zu überwachen.

Übrigens darf laut Bundesgerichtshof Radfahrern, die ohne Helm bei einem Unfall Kopfverletzungen erleiden, auch keine Mitschuld am Unfall und damit eine Mithaftung zugesprochen werden. Dies soll zumindest so lange gelten, wie das Helmtragen auf dem Fahrrad nicht von der Allgemeinheit als übliche und zumutbare Schutzmaßnahme angesehen wird (Urteil vom 17.6.2014, Az. VI ZR 281/13).

Wie steht es international um die Fahrradhelm-Pflicht?


Zwar ist in Deutschland die Einführung einer Helmpflicht für Radler nicht wahrscheinlich. Es gibt diese jedoch in diversen europäischen Ländern. In Malta, Spanien und Finnland gilt für Radfahrer jeden Alters Helmpflicht, in Österreich, Tschechien, Litauen, Kroatien, Schweden, Slowenien und der Slowakei lediglich für Kinder und Jugendliche. Frankreich, die Schweiz, Großbritannien, Italien, Polen und die Niederlande haben keine Regelungen zu diesem Thema.

Praxistipp zur Helmpflicht im Straßenverkehr


Zwar erscheinen die Bußgelder für das Fahren ohne Helm vergleichsweise gering. Es muss jedoch betont werden, dass die Helmpflicht keine Schikane für Motorradfahrer ist, sondern der eigenen Sicherheit dient. Gerade bei Motorradstürzen besteht ohne Helm eine hohe Wahrscheinlichkeit für schwere Kopfverletzungen mit der Folge des Todes oder einer dauerhaften Behinderung. Wenn Ihr Helm bei einem Unfall beschädigt wurde oder bei einem Sturz seinen schützenden Zweck erfüllt hat, ist er höchstwahrscheinlich strukturell geschädigt und sollte ersetzt werden. Denn: Helme schützen nur ein Mal. Nach einem Unfall oder in einem Bußgeldverfahren kann Ihnen ein Fachanwalt für Verkehrsrecht mit fachkundigem Rat zur Seite stehen.

(Ma)


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 Ulf Matzen
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