Keine urheberrechtliche Erschöpfung bei Onlinevertrieb von Hörbüchern?

Autor: RA Dominik Eickemeier, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz, Heuking Kühn Lüer Wojtek, Köln
Aus: IP-Rechtsberater, Heft 07/2012
Lädt ein Kunde eine online erworbene Hörbuchdatei auf seinen Computer herunter und speichert sie dort ab, so tritt keine urheberrechtliche Erschöpfung ein. Die Erschöpfung des Verbreitungsrechts setzt eine (hier verneinte) Eigentumsübertragung an dem Werk voraus.

OLG Stuttgart, Urt. v. 3.11.2011 - 2 U 49/11 (rkr.)

Vorinstanz: LG Stuttgart, Urt. v. 14.4.2011 - 17 O 513/10

UrhG §§ 16, 31, 69c, 69d; Info-RL 2001/29/EG Art. 3 Abs. 3, Art. 4 Abs. 1, Erwägungsgrund 29; Software-RL 2009/24/EG Art. 4 Abs. 2, 5 Abs. 1

Das Problem:

In den AGB eines Online-Hörbuchvertriebes ist geregelt, dass der Käufer an den Hörbüchern lediglich ein Nutzungsrecht, nicht aber Eigentum erwirbt. Auch der Weiterverkauf ist dem Käufer untersagt. Der Käufer ist berechtigt, die Hörbuchdatei nach Bezahlung herunterzuladen, auf seinem Computer zu speichern und dort abrufbar zu halten. Ein Weiterverkauf ist nicht gestattet. Hiergegen wendet sich ein Verbraucherschutzverband.

Die Entscheidung des Gerichts:

Das OLG Stuttgart hat die Möglichkeit einer solchen urheberrechtlichen Beschränkung der Nutzungsrechte an den Hörbüchern bejaht.

Beschränkung der Einräumung von Nutzungsrechten: Auch im Rahmen eines Kaufvertrages, den es hier annahm, sei in AGB regelbar, dass der erworbene Vertragsgegenstand gleichwohl bestimmten Beschränkungen unterliege. Dies sei anerkannt. So bestünden etwa schon beim Erwerb eines Buches zumindest Bedenken, ob man es nach Erwerb kopieren und diese Kopien beliebig einsetzen dürfe.

Eine Erschöpfung der Rechte des Urhebers am Hörbuch sei mit dem entgeltlichen Erwerb und dem Download des Hörbuches durch Dritte nicht verbunden. Für das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung habe die Info-RL 2001/29/EG in Art. 3 Abs. 3 und Erwägungsgrund 29 klargestellt, dass die Erschöpfung bei Onlineübertragung geschützter Werke nicht eintrete. Bezogen auf Computerprogramme habe der BGH dies in seinem Vorlagebeschluss „UsedSoft” (BGB, Beschl. v. 3.2.2011 – I ZR 129/08, CR 2011, 223 m. Anm. Rössel – UsedSoft) bestätigt. Es fehle an einem für die Erschöpfung im Rahmen der Vervielfältigung erforderlichen, körperlich festgelegten Werk.


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