Klagefrist bei Bedingungskontrollantrag

Autor: RA FAArbR Dr. Gerhard Schäder, Dr. Schäder & Schittko Rechtsanwälte Partnerschaft, München
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 08/2011
Soll das Arbeitsverhältnis durch auflösende Bedingung wegen der Erwerbsminderung des Arbeitnehmers enden und weiß der Arbeitgeber von der Schwerbehinderung des Arbeitnehmers, so beginnt die Frist zur Erhebung der Bedingungskontrollklage erst mit Kenntnis des Arbeitnehmers von der Zustimmung des Integrationsamts zur Auflösung.

BAG, Urt. v. 9.2.2011 - 7 AZR 221/10

Vorinstanz: LAG Hamm - 15 Sa 516/09

KSchG §§ 4 Satz 1 u. 4, 7 Halbs. 1; TzBfG §§ 21, 17 Satz 1 u. 2, 15 Abs. 2; SGB IX §§ 85, 92

Das Problem:

Für das Arbeitsverhältnis des Klägers gilt der MTV Schiene. Hiernach endet das Arbeitsverhältnis bei Gewährung einer unbefristeten Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung mit der Zustellung des Rentenbescheids. Der Kläger erhielt ab dem 1.11.2005 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Vor dem Sozialgericht erhob er Klage auf volle Erwerbsminderung, die er im Jahr 2008 wieder zurücknahm. Mit Schreiben vom 20.2.2008, das dem Kläger am 22.3.2008 zuging, teilte die beklagte Arbeitgeberin ihm mit, dass er zum 20.2.2008 in den Ruhestand eintrete. Die Schwerbehinderung des Klägers war der Beklagten seit Februar 2007 bekannt. Eine Zustimmung des Integrationsamts zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses hatte sie nicht eingeholt.

Der Kläger erhob am 7.4.2008 eine Klage auf Feststellung, dass die Beklagte sein Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnis annehmen müsse, und begehrte mit Schriftsatz vom 17.4.2008, der der Beklagten am 28.4.2008 zugestellt wurde, die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis nicht beendet worden sei.

Die Entscheidung des Gerichts:

Das BAG stellte fest, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der im Tarifvertrag geregelten auflösenden Bedingungen nicht beendet wurde, da es an einer Zustimmung des Integrationsamts gem. § 92 Satz 1 SGB IX fehlt.

Die Dreiwochenfrist der §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG für eine Bedingungskontrollklage wurde nicht in Gang gesetzt. Denn die Beklagte hatte vor dem Beendigungstatbestand Kenntnis von der Schwerbehinderung des Klägers. Aufgrund des Schutzzwecks der §§ 92, 85 SGB IX ist daher die analoge Anwendung von § 4 Satz 4 KSchG geboten. Danach beginnt die Klagefrist nicht mit Zugang der Kündigung, sondern erst mit Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde (BAG, Urt. v. 19.2.2009 – 2 AZR 286/07, ArbRB 2009, 228 [Kappelhoff]).

Kennt der Arbeitgeber die Schwerbehinderung zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung nicht, tritt dieser besondere Beendigungsschutz zurück.

Auch ist im Streitfall weder eine prozessuale und noch eine materiell-rechtliche Verwirkung eingetreten, da weder das Zeitmoment noch das Umstandsmoment gegeben war.


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