Kreuzfahrt: Welche Rechte haben Urlauber?

20.07.2022, Redaktion Anwalt-Suchservice / Lesedauer ca. 8 Min. (637 mal gelesen)
Kreuzfahrt,Schiff,Schiffsreise,Mängel Welche Rechte haben Reisende, wenn es auf einer Kreuzfahrt Probleme gibt? © Rh - Anwalt-Suchservice

Bei Urlaubern sind Kreuzfahrten nach wie vor beliebt. Immer wieder gibt es jedoch auch Konflikte zwischen Reisenden und Veranstaltern. Wenn etwas auf der Schiffsreise schiefgeht, haben Urlauber Rechte.

Eine Kreuzfahrt sollte eine entspannte und erholsame Angelegenheit sein. Trotz: Es kann auch auf einer Kreuzfahrt vieles passieren, was die Urlaubsfreude trübt. Dies können zum Beispiel ganz normale Reisemängel sein, wie sie auch auf jeder anderen Reise auftreten - Lärm, mangelnde Reinigung, schlechtes Essen. Es können aber auch kreuzfahrttypische Probleme sein. Zum Beispiel: Welche Rechte haben Reisende, wenn das Schiff aus irgendwelchen Gründen eine vom Plan abweichende Fahrtroute nutzt und dadurch geplante Landgänge und Zwischenstopps in bekannten Häfen ausfallen? Was gilt, wenn der Reiseveranstalter vor der Abfahrt das ganze Schiff gegen ein anderes austauscht?

Wann ist eine Reise mangelhaft?


Urlauber haben bei Reisemängeln gegen ihren Reiseveranstalter Ansprüche aus dem Reisevertragsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Die Regelungen findet man in den §§ 651a ff. BGB. Sie beziehen sich ausschließlich auf Pauschalreisen.
Auch eine Kreuzfahrt ist eine Pauschalreise. Denn: In der Regel werden dabei mehrere Reiseleistungen als Paket gebucht und bezahlt. Reiseleistungen sind etwa Unterkunft, Flug, Reiserücktrittversicherung, Transferfahrten.

Bei Reisemängeln können Reisende zum Beispiel den Reisepreis mindern. In manchen Fällen können sie auch ihren Reisevertrag kündigen oder Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit beanspruchen. Allerdings muss dazu ein erheblicher Mangel vorliegen.

Als mangelhaft wird eine Pauschalreise angesehen, wenn sie nicht die vorher versprochenen Eigenschaften hat oder wenn andere Fehler ihren Wert herabsetzen oder ihren Nutzen reduzieren.

Beispiele:
- Sichert der Reiseveranstalter den Kunden bestimmte Ausstattungen zugesichert hat – etwa einen Pool oder Fitnessraum – gilt deren Fehlen als Mangel, der eine Minderung des Reisepreises rechtfertigt.
- Durch Dauerlärm kann der Erholungswert der Reise entfallen oder verringert werden.
- Der Sinn dieser besonderen Reise kann durch irgendeine Panne wegfallen – zum Beispiel, wenn auf einer Tauchreise keine funktionierende Tauchausrüstung zur Verfügung steht oder auf einer Bildungsreise keine kulturellen Stätten besichtigt werden können.

Fluss-Kreuzfahrt: Wenn der Veranstalter das Schiff austauscht


Wer eine Kreuzfahrt bucht, freut sich meist nicht auf irgendein Schiff, sondern auf ein bestimmtes. Ein Schiff ist eine weit emotionellere Angelegenheit als ein austauschbares Transportmittel wie ein Zug und obendrein können sich auch Freizeitangebote und Ausstattung unterscheiden.
Dieser Meinung war auch ein Münchner, der eine einwöchige Kreuzfahrt auf dem Fluss Rhone geplant hatte. Der Reiseprospekt warb mit schönen Fotos vom Schiff. Die Reise kostete 899 Euro pro Person für eine Zweibett-Kabine. zusätzlich zahlte der Mann 180 Euro Aufpreis pro Person für eine garantierte Kabine auf dem Oberdeck. Dann wurde er 14 Tage vor Beginn der Reise darüber informiert, dass die Kreuzfahrt nicht mit dem im Prospekt abgebildeten Schiff durchgeführt werde. Man habe das Schiff durch ein anderes ausgetauscht, welches ebenfalls fünf Sterne habe und vergleichbaren Komfort biete.

Der Kunde kündigte den Reisevertrag und verlangte seine Anzahlung zurück. Das Austausch-Schiff sei schlechter als das andere. Zwar liege seine Kabine immer noch auf dem Oberdeck. Dort seien aber auf diesem Schiff auch alle Gemeinschaftseinrichtungen für die Passagiere angesiedelt inklusive der Bar. Er sei davon ausgegangen, dass diese alle im Unterdeck lägen.

Der Veranstalter meinte jedoch, dass die reservierte Mini-Suite besser als die ursprünglich gebuchte Zweibettkabine sei. Man habe keine bestimmte Lage auf dem Schiff versprochen. Der Veranstalter verlangte 800 Euro Stornogebühr.

Wann kann man einen Reisevertrag kündigen?


Auch bei einer Kreuzfahrt können Reisende nach § 651e BGB ihren Reisevertrag kündigen, wenn die Reise durch einen Mangel erheblich beeinträchtigt wird. Voraussetzung ist, dass der Reisende dem Veranstalter zuvor erfolglos eine angemessene Frist gesetzt hat, um dem Mangel abzuhelfen und das Problem an Ort und Stelle zu lösen. Eine Fristsetzung ist höchstens dann verzichtbar, wenn eine Abhilfe entweder von vornherein unmöglich ist oder der Veranstalter sie verweigert.

Wie entschied das Gericht zur Flusskreuzfahrt?


Das Amtsgericht München sah hier keine erhebliche Beeinträchtigung der Reise. Der Reiseveranstalter habe für die Kreuzfahrt kein bestimmtes Schiff verbindlich zugesichert. Das Schiff im Katalog zu zeigen, reiche nicht aus. Eine 19 Quadratmeter große Mini-Suite sei kein Qualitätsmangel. Der Reisende habe eine Kabine auf dem Oberdeck gebucht und bekommen.

Auch auf dem ersten Schiff hätte sich die Kabine möglicherweise neben einer Bar befinden können. Die Raumaufteilung der Schiffe sei identisch. Bei den meisten Kreuzfahrtschiffen lägen Restaurants und Bars auf dem Oberdeck und nicht unter Deck, wo man seine Umgebung nicht sehen könne. Es spiele keine Rolle, was sich der Reisende vor der Buchung gedacht habe. Dieser verlor damit den Prozess (AG München, Urteil vom 30.6.16, Az. 133 C 952/16).

Was passiert, wenn der Höhepunkt der Kreuzfahrt nachts stattfindet?


Ein Urlauber hatte für etwa 8.000 Euro eine Kreuzfahrt nach Mittelamerika gebucht. Ein „besonderer Höhepunkt“ sollte laut Reiseprospekt die Passage des Panamakanals sein. Das Schiff sollte am 8. Reisetag morgens um 6 Uhr in Colon losfahren, um die 81 Kilometer lange Durchfahrt durch den Kanal zu beginnen. Aber: Die Einfahrt in den Panamakanal fand erst nach 16 Uhr statt. Daher war es während des größten Teils der Durchfahrt dunkel - mit Ausnahme der beleuchteten Schleusen. Der Reisende verlangte eine Minderung des Reisepreises sowie Schadensersatz wegen vertaner Urlaubszeit in Höhe von etwa 4.060 Euro.

Vom Amtsgericht München wurden ihm 1.224 Euro zugesprochen. Die Kreuzfahrt sei mangelhaft gewesen: Es sei vertraglich vereinbart gewesen, die Kanal-Durchfahrt gegen 6 Uhr morgens anzufangen und komplett tagsüber durchzuführen. Dies sei nicht passiert. Entscheidend für eine Kanaldurchfahrt war aus Sicht des Gerichts, dass man die Landschaft und die Natur am Ufer sehen könne. Eine Minderung von 20 Prozent sei angemessen. Das Gericht sprach dem Kläger keinen Schadensersatz wegen vertaner Urlaubszeit zu, weil die Reise insgesamt nicht erheblich beeinträchtigt worden sei (AG München, Az. 182 C 15953/13).

Was gilt, wenn das Kreuzfahrtschiff seine Reiseroute ändert?


Ein Ehepaar wollte eine 14-tägige Nordland-Kreuzfahrt für rund 7.000 Euro unternehmen. Laut Routenbeschreibung sollten an bestimmten Tagen bestimmte Häfen angelaufen werden. Darin stand auch, wann sich das Schiff jeweils auf See befinden würde. Eine Skizze im Reiseprospekt zeigte eine Umrundung der Inselgruppe Spitzbergen.

Tatsächlich umrundete das Kreuzfahrtschiff Spitzbergen jedoch nicht. Es fuhr westlich daran vorbei bis zum Magdalenenfjord und kehrte auf der gleichen Route zurück. Die Urlauber waren enttäuscht: Sie hatten extra eine Backbordkabine gebucht, um Spitzbergen sehen zu können. Die sahen die Routenänderung als Reisemangel an und klagten auf Minderung des Reisepreises.

Das Amtsgericht München wies die Klage ab. Die Nichteinhaltung der Reiseroute und die fehlende Umfahrung einer Insel könnten zwar durchaus Reisemängel sein. Entscheidend sei jedoch die Routenbeschreibung. In dieser sei für den maßgeblichen Tag nur "auf See" angegeben worden. Der Veranstalter habe den Urlaubern also gerade nicht zugesichert, dass während der Tage auf See besondere Sicht auf umliegendes Land möglich sein werde. Ihnen sei auch keine Umrundung der Inseln versprochen worden. Als Zusage reiche eine Skizze im Prospekt nicht aus (Az. 222 C 31886/12).

Routenverkürzung und ausgefallener Landgang


Der Bundesgerichtshof beschäftigte sich mit einer 14-tägigen Kreuzfahrt "Sommer in Grönland". Während dieser Kreuzfahrt war das Schiff zum Teil von der geplanten Fahrtroute abgewichen. Auch waren geplante Landgänge ausgefallen oder sehr verkürzt worden. Wegen verschmutztem Bunkeröl musste die Maschinenleistung verringert werden. Daher entfielen vorgesehene Besuche der Färöer und der Orkney-Inseln.

Mehrere Reisende brachen daraufhin in Reykjavik die Kreuzfahrt ab und organisierten ihre Rückreise selbst. Die übrigen Passagiere verbrachten die Reise bis zur Ankunft in Kiel auf See und bekamen 40 Prozent des Reisepreises vom Reiseveranstalter erstattet.

Die Kläger verlangten eine Minderung um weitere 40 Prozent und den Ersatz von Kosten, die durch Kündigung und Abbruch der Reise entstanden waren. Auch verlangten sie eine Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit.
Ihre Klage war in den ersten beiden Gerichtsinstanzen erfolglos. Die Gerichte sahen die Mängel durch die vom Veranstalter freiwillig gezahlte Minderungsquote als abgegolten an. Der Bundesgerichtshof sah dies jedoch anders und verwies den Fall an das Berufungsgericht zurück. Die Minderungsquote sei neu zu berechnen. Ein Recht zur Kündigung des Reisevertrages oder ein Anspruch auf Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit seien hier nicht auszuschließen. Die Mängel hätten den zweiten Teil der Reise erheblich beeinträchtigt (Az. X ZR 15/11).

Kein Platz auf dem Schiff: Was tun?


Ein Paar hatte eine zweiwöchige Karibik-Kreuzfahrt für 5.000 Euro gebucht. Drei Tage vor der Abfahrt erfuhren sie, dass auf dem Schiff keine Buchung für sie existierte. Sie disponierten um und machten eine Florida-Rundreise per Mietwagen. Diese kostete knapp 900 Euro. Danach verklagten sie den Kreuzfahrt-Veranstalter auf eine Entschädigung in Höhe des vollen Reisepreises wegen Vereitelung der gebuchten Kreuzfahrt und auf den Ersatz der Kosten für die Reise per Mietwagen.

Nach dem Bundesgerichtshof können Reisende bei einem Komplettausfall der gebuchten Reise zusätzlich zur Rückzahlung des Reisepreises auch eine angemessene Entschädigung für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit verlangen. Allerdings muss deren Höhe nicht unbedingt dem Reisepreis entsprechen.

Der BGH erläuterte: Die Entschädigung für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit solle Urlauber dafür entschädigen, dass sie ihren Jahresurlaub nicht wie geplant verbringen konnten. Aber: In diesem Fall hätten die Reisenden umgeplant und ihre Urlaubszeit komplett genutzt. Deswegen reiche eine Entschädigung in Höhe von 73 Prozent des Reisepreises aus. Die 900 Euro für die Mietwagenrundreise seien nicht zu erstatten: Solche Kosten könne man höchstens dann ersetzt verlangen, wenn sie im Rahmen einer zulässigen Selbstabhilfe entstanden seien (Urteil vom 29. Mai 2018, Az. X ZR 94/17).

Mittelmeer-Kreuzfahrt mit Badeurlaub


Wenn ein Reiseveranstalter eine Schiffsreise und einen Hotelaufenthalt als Paket anbietet, muss er in der Werbung den Endpreis der Reise nennen. Dazu gehören auch Entgelte für Leistungen Dritter, die die Reisenden zwangsläufig in Anspruch nehmen müssen, wie ein an Bord täglich zu zahlendes "Serviceentgelt". Ein Verweis auf die Serviceentgelte mittels "Sternchen" unterhalb des Reisepreises reicht nicht aus. Hier liegt ein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht vor. Dies entschied das Oberlandesgericht Koblenz. Ein Wettbewerbsverein hatte wegen unlauterer Werbung verklagt. Der Reiseveranstalter hatte ein Serviceentgelt von sieben Euro pro Person und Tag nicht in den Endpreis eingerechnet (Az. 9 U 1324/13).

Schiffsüberfahrt: Seenotfall mit Todesangst


Ein übles Erlebnis am letzten Reisetag kann die ganze Reise wertlos machen. Dies zeigte sich in einem Fall vor dem Landgericht Köln. Dabei ging es nicht um eine Kreuzfahrt, sondern um die Überfahrt mit einem kleinen Fährschiff von einer Malediveninsel Richtung Flughafen.

Das Fährboot war durch ein heftiges Unwetter verspätet eingetroffen. Die Mannschaft hatte die Passagiere zum Einsteigen aufgefordert – trotz Sturmwarnung. Auf See geriet das Schiff dann in den Sturm, beide Maschinen und die Navigation fielen aus. Die Fähre trieb manövrierunfähig umher und unter den Passagieren brach Panik aus. Viele mussten sich übergeben. Ein Schiff der Küstenwache wollte helfen – und rammte die Fähre. Diese wurde schließlich von einem größeren Marineschiff abgeschleppt.

Wegen dieser Vorgänge klagte ein Urlauberpaar auf Rückzahlung des Reisepreises und auf Schmerzensgeld. Die Ehefrau war noch ein Jahr später wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung in Behandlung, welche durch die Überfahrt ausgelöst worden war. Sie war lange Zeit arbeitsunfähig. Ganz abgesehen vom Dauer-Übergeben auf der Überfahrt, dem verpassten Rückflug und durchnässtem Gepäck.

Das Gericht ließ den Reiseveranstalter den Reisepreis komplett zurückzahlen. Hier habe das Personal die Pflicht gehabt, die Überfahrt wegen des Sturms abzusagen oder sich noch einmal über die Wetterlage zu informieren. Stattdessen habe man die Reisenden unnötig in Lebensgefahr gebracht. Der Reiseveranstalter sei verantwortlich für das Verhalten seiner örtlichen Vertragspartner. Die Ehefrau bekam zusätzlich 5.000 Euro Schmerzensgeld zugesprochen, der Mann 500 Euro (Urteil vom 15.1.2019, Az. 3 O 305/17).

Praxistipp zu Reisemängeln auf einer Kreuzfahrt


Auch bei einer Kreuzfahrt sollten Urlauber Probleme und Mängel sofort auf dem Schiff beim Personal des Reiseveranstalters melden, möglichst in Verbindung mit einer angemessenen Fristsetzung zur Abhilfe. Sonst können Sie später keine Ansprüche geltend machen. Wenn Sie rechtliche Unterstützung wegen Ansprüchen hinsichtlich einer Kreuzfahrt benötigen, ist ein Anwalt mit dem Tätigkeitsschwerpunkt Reiserecht der beste Ansprechpartner. Dies ist ein Teilbereich des Zivilrechts.

(Wk)


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 Günter Warkowski
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