Kündigung einer Schwangeren in Unkenntnis der Schwangerschaft – Keine Geschlechtsdiskriminierung

Autor: RAin FAinArbR Daniela Range-Ditz, Dr. Ditz und Partner, Rastatt
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 04/2014
Spricht der Arbeitgeber in Unkenntnis der Schwangerschaft eine Kündigung aus und hält er auch daran fest, nachdem er positive Kenntnis von der Schwangerschaft erlangt hat, so begründet dies keinen Entschädigungsanspruch wegen Geschlechtsdiskriminierung. Nicht jedes Beschäftigungsverbot führt zur Entgeltfortzahlung.

BAG, Urt. v. 17.10.2013 - 8 AZR 742/12

Vorinstanz: LAG Hamm - 3 Sa 1420/11

AGG §§ 1, 3 Abs. 1 Satz 2 u. Abs. 3, 7 Abs. 1, 15 Abs. 2 u. Abs. 4; EFZG § 3 Abs. 1; KSchG §§ 4 Satz 1, 7; MuSchG §§ 3 Abs. 1, 9 Abs. 1 u. Abs. 3, 11 Abs. 1, 21, 24

Das Problem:

Die Klägerin begehrt Entschädigung wegen Benachteiligung aufgrund ihres Geschlechts.

Während der Probezeit des befristeten Arbeitsvertrags wurde sie arbeitsunfähig krank. Nach Ablauf der sechswöchigen Lohnfortzahlung kündigte der beklagte Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristgemäß. Daraufhin teilte die Klägerin mit, dass sie schwanger sei und inzwischen ein ärztliches Beschäftigungsverbot vorliege. Der Arbeitgeber hielt zunächst an der Kündigung fest, erklärte später aber die „Rücknahme” der Kündigung, was er in einem weiteren Schreiben dahingehend konkretisierte, dass er die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu unveränderten Bedingungen anbiete. Die in diesem Schreiben gesetzte Erklärungsfrist ließ die Klägerin jedoch verstreichen, ohne der Fortsetzung zuzustimmen.

Der Arbeitgeber bezweifelte, dass das Beschäftigungsverbot seine Ursache allein in der Schwangerschaft habe und daher während des Beschäftigungsverbots ein Entgeltfortzahlungsanspruch bestehe.

Die Entscheidung des Gerichts:

Der zuletzt nur noch verfolgte Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG ist in allen Instanzen abgewiesen worden. Die Klägerin habe keine Verhaltensweisen des Arbeitgebers dargelegt, die für sich genommen oder im Rahmen einer Gesamtbetrachtung eine Benachteiligung wegen des Geschlechtes vermuten ließen.

Allein das Festhalten an der wegen der mutterschutzrechtlichen Bestimmungen unwirksamen Kündigung sei wertneutral und keinem verpönten Kriterium aus § 1 AGG zuzuordnen. Zwar könne eine während der Schwangerschaft ausgesprochene ordentliche Kündigung als Indiz für eine Benachteiligung nach § 1 AGG in Betracht kommen. Nachweislich habe jedoch der Arbeitgeber bei Ausspruch der Kündigung keine Kenntnis von der Schwangerschaft gehabt. Die Gestaltungswirkung der Kündigungserklärung habe der Arbeitgeber nicht mehr allein beseitigen können. Durch die Nichtannahme des Arbeitsangebots habe die Klägerin ihrerseits nicht zu einer außergerichtlichen Bereinigung beigetragen. Damit könne nunmehr auch dem Arbeitgeber keine Benachteiligung vorgeworfen werden, wenn dieser seinerseits an einem Prozess festhalte, um den in Unkenntnis der Schwangerschaft der Klägerin geschaffenen Kündigungssachverhalt aus der Welt zu schaffen.


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