Kunden-Zusammenstoß im Supermarkt: Wer haftet für den Schaden?

23.03.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice / Lesedauer ca. 4 Min. (654 mal gelesen)
Einkaufswagen Zusammenstoß Zusammenstoß im Supermarkt - wer muss für den Schaden zahlen? © - freepik

Auch im Supermarkt kann es zu einem Unfall kommen - zum Beispiel durch die Kollision zweier Kunden mit Einkaufswagen. Wann hat der Unfallgegner Chancen auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld?

Eine Kollision zwischen Kunden oder zwischen Kunden und Personal in den Verkaufsräumen eines Supermarkts kann durchaus zu Verletzungen führen. Dazu kann es insbesondere kommen, wenn zugestellte Gänge, Paletten mit Ware und Rollwagen oder Hubfahrzeuge im Spiel sind. In einem solchen Fall stellt sich die Frage, ob Kunden Schadensersatz und Schmerzensgeld verlangen können. Und wie sieht es mit dem sogenannten Haushaltsführungsschaden aus?

Fall vor Gericht: Kollision zweier Kundinnen


Eine 63-jährige Dame hatte in einem Supermarkt in Dortmund eingekauft. Dabei war sie mit einer anderen Kundin zusammengestoßen. Diese hatte beim Abbiegen vom Hauptgang in einen Seitengang plötzlich einen Schritt rückwärts gemacht, ohne sich vorher umzusehen. Als Grund dafür gab sie vor Gericht an, dass ihr eine Verkäuferin mit einer sogenannten Ameise entgegengekommen war, also einem fahrbaren Untersatz, auf dem sich eine Warenpalette befand.

Bei dem Schritt rückwärts war die Kundin mit der 63-Jährigen kollidiert, die gerade hinter ihr vorbeiging. Dadurch stürzte diese und brach sich den Ellbogen. Eine Operation war nötig. Die Geschädigte verklagte die andere Kundin. Zwar hatte diese ihr bereits außergerichtlich 2.800 Euro als Schadensersatz gezahlt. Zusätzlich verlangte die Verletzte jedoch noch ein Schmerzensgeld von 9.700 Euro. Auch wollte sie die Ersatzpflicht der anderen Kundin für mögliche künftige Folgeschäden gerichtlich festgestellt wissen.

Wie hat man sich im Supermarkt zu verhalten?


Das Oberlandesgericht Hamm war der Ansicht, dass sich die andere Kundin auf jeden Fall schuldhaft verhalten habe. In einem Supermarkt mache man nicht einfach einen Schritt rückwärts in einen Gang, ohne sich umzusehen. Schließlich könne bei dem in einem solchen Laden üblichen Treiben dort jederzeit ein Hindernis sein – etwa ein anderer Kunde oder ein Einkaufswagen. Es liege im eigenen Interesse, aufzupassen, wo man hinlaufe. Eine Kundin, die blindlings rückwärts laufe, müsse mit einer Kollision irgendeiner Art rechnen. Solche Gefahren seien sozusagen "supermarktstypisch." Die Beklagte habe die erforderliche Vorsicht vernachlässigt, als sie rückwärts gegangen sei. Daher hafte sie auch für den verursachten Schaden.

Wie wirkt sich ein Mitverschulden der Geschädigten aus?


Das Gericht befasste sich wie üblich jedoch auch mit dem Verhalten der Klägerin. Denn auch ein Mitverschulden des oder der Geschädigten wird bei Unfällen jeder Art berücksichtigt. Hier war das Ergebnis, dass sich die Geschädigte in gleichem Maße falsch verhalten habe, wie die Beklagte. Die Kollision sei ebenso ihre Schuld, wie die ihrer "Unfallgegnerin". Sie habe ebenfalls nicht darauf geachtet, was um sie herum passierte. Die Bewegungen der Beklagten habe sie nicht verfolgt. Damit habe sie die beim Einkaufen in einem Supermarkt geltenden Sorgfaltspflichten verletzt. Das Gericht gab jeder der beiden Kundinnen eine Mitschuld von 50 Prozent an dem Unfall und teilte die Haftung auf Schadensersatz entsprechend auf.

Wie wird der Schaden berechnet?


Insgesamt gestand das Gericht der Verletzten ein Schmerzensgeld von 1.500 Euro sowie einen Haushaltsführungsschaden von 500 Euro zu (OLG Hamm, Urteil vom 6.6.2016, Aktenzeichen 6 U 203/15). Da die Klägerin bereits 2.800 Euro erhalten habe, könne sie keine weiteren Ansprüche geltend machen. Die Unfallgegnerin musste ihr jedoch auf den Ersatz möglicher künftiger Folgeschäden haften (zumindest zu 50 Prozent).

Haftung für Folgeschäden


Das Oberlandesgericht Hamm gestand der Klägerin die Feststellung zu, dass die andere Kundin ihr für mögliche Folgeschäden hafte. Dies wären zum Beispiel Kosten für medizinische Behandlungen, die auf dem Unfall beruhen und die zum Zeitpunkt des Prozesses noch nicht absehbar waren. Zusätzlichen Schadensersatz bekam die Kundin jedoch nicht. Dies hing in erster Linie damit zusammen, dass das Gericht der Verletzten ein Mitverschulden von 50 Prozent an dem Unfall im Supermarkt gab.

Worauf beruhen Schadensersatz und Schmerzensgeld?


Ansprüche wegen einer körperlichen Verletzung richten sich in der Regel nach § 823 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Danach hat jemand, der einen anderen vorsätzlich oder fahrlässig unter anderem an Körper und Gesundheit verletzt, Anspruch auf Ersatz des entstandenen Schadens. Ein solcher Schaden kann in den Behandlungskosten bestehen (hier treten oft Versicherungen als Kläger auf, die sich das an ihren Versicherungskunden bezahlte Geld vom Schädiger zurückholen). Es kann sich auch um medizinische Kosten handeln, die von der Versicherung nicht abgedeckt sind. Geltend gemacht werden kann aber zum Beispiel auch ein sogenannter Haushaltsführungsschaden.

Auch für einen nicht materiellen Schaden – etwa für Schmerzen oder Beeinträchtigungen des Alltagslebens – kann ein Schadensersatz verlangt werden. Die Rechtsgrundlage dafür ist § 253 BGB. Hier spricht man dann vom Schmerzensgeld. Dessen Höhe richtet sich sehr stark am Einzelfall aus. In Deutschland sind Schmerzensgelder bei weitem nicht so hoch wie zum Beispiel in den USA. Sogenannte Schmerzensgeldtabellen beruhen auf früheren Gerichtsurteilen und geben nur sehr generelle Anhaltspunkte.

Was ist ein Haushaltsführungsschaden?


Hat ein Geschädigter vor seinem Unfall bestimmte Arbeiten im Haushalt auch im Rahmen der Familie regelmäßig ausgeführt, die er nun für eine bestimmte Zeit nicht mehr leisten kann, kann ein Haushaltsführungsschaden geltend gemacht werden. Dafür ist nachzuweisen, wie viel Zeit der oder die Betreffende mit den Haushaltsarbeiten verbracht hat und welche Arbeiten dies im Einzelnen waren. Als Schadensersatz ist dann der Betrag anzusetzen, den eine Haushaltshilfe für diese Arbeiten tatsächlich kostet oder kosten würde. Ein solcher Anspruch auf einen Haushaltsführungsschaden kann konkret oder fiktiv berechnet werden. Im ersten Fall ist der Bruttolohn zu erstatten, im zweiten Fall der fiktive Nettolohn (Landgericht Nürnberg-Fürth, Urteil vom 25.3.2010, Az. 8 O 3107/08).

Praxistipp zum Kunden-Zusammenstoß im Supermarkt


Wer nach einem Unfall mit anderen Kunden im Supermarkt Schadensersatz oder Schmerzensgeld geltend machen will, ist bei einem Rechtsanwalt für Zivilrecht am besten aufgehoben. Dieser kann den konkreten Fall prüfen und die Erfolgsaussichten einer Klage abschätzen.

(Bu)


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 Stephan Buch
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