Ladendiebstahl: Welche Folgen drohen?

08.09.2021, Redaktion Anwalt-Suchservice / Lesedauer ca. 6 Min. (9642 mal gelesen)
Ladendiebstahl,Strafe,Führungszeugnis,Hausverbot Je nach Fall kann ein Ladendiebstahl zu empfindlichen Strafen führen. © Bu - Anwalt-Suchservice

Ladendiebstahl wird oft als Jugendsünde angesehen. Mittlerweile ist er jedoch auch Teil der organisierten Kriminalität geworden. Je nach der Art der Begehung drohen dem Täter ernsthafte Strafen.

Ladendiebstahl ist ein Delikt, welches von sehr unterschiedlichen Menschen aus sehr unterschiedlichen Gründen begangen wird. Die Täter können zum Beispiel Jugendliche sein, die – auch unter dem Druck von Werbung und Gruppenzwang – etwas haben wollen, dass das Taschengeld nicht erlaubt. Häufig sind die Täter jedoch auch Menschen mit einer Zwangserkrankung. Und es kommt immer häufiger vor, dass Ladendiebstähle von Mitgliedern organisierter Banden begangen werden. Nicht zuletzt gerät auch mancher „normale Bürger“ bei Kosmetika, Lebensmitteln, Markenkaffee oder Sportsocken schon mal in Versuchung. 2017 wurden in Deutschland 353.384 Ladendiebstähle angezeigt. Im Jahr 2020 waren es 304.005. Die Tendenz ist also rückläufig. Trotzdem geht der finanzielle Schaden in die Milliarden. Welche Strafen drohen?

Was ist eigentlich ein Diebstahl?


Das Strafgesetzbuch bezeichnet Diebstahl als die Wegnahme einer fremden, beweglichen Sache (§ 242 StGB). Hier spielen auch die Absichten des Täters eine Rolle: Dieser muss die Absicht haben, den jeweiligen Gegenstand sich selbst oder jemand anderem zuzueignen, also die Eigentumsverhältnisse daran zu ändern. Und: Der Täter (oder die Täterin) muss rechtswidrig handeln. Das Handeln darf also nicht von Verträgen wie einem Kaufvertrag abgedeckt sein. Strafbar ist auch der Versuch, nicht nur die vollendete Tat.

Wann liegt ein vollendeter Diebstahl vor?


Diese Frage ist gar nicht so einfach zu beantworten. Ist eine Flasche Parfum schon „gestohlen“, wenn man sie in der Tasche hat, selbst aber noch im Laden steht? Oder ist die Tat vielleicht erst dann vollendet, der Gegenstand also richtig „gestohlen“, wenn man die Kasse passiert oder das Geschäft verlassen hat?

Für Juristen (und Gerichte) ist dabei etwas entscheidend, dass sie „Gewahrsamsbruch“ nennen. Den Gewahrsam an einer Sache hat derjenige inne, der im Besitz dieses Gegenstandes ist und der darüber verfügen kann. Wenn man ihm diese Sache wegnimmt, bricht man seinen Gewahrsam und begründet einen neuen.

Dieser Vorgang ist bei einem Ladendiebstahl in dem Moment abgeschlossen, in dem der Dieb die Ware in seine Jackentasche oder unter seinen Pullover gesteckt hat, wo andere Leute sie nicht sehen können. Denn: Nun kann der Ladeninhaber nicht mehr frei über die Ware verfügen. Damit ist der Diebstahl vollendet.

Es gibt natürlich Grenzfälle – etwa, wenn der Kunde die Ware in eine mitgebrachte eigene Tüte, Einkaufstasche oder einen Einkaufstrolley steckt. Dabei ist entscheidend, inwieweit die Ware „außer Sicht“ ist, ob es sich also nur um einen Transport zur Kasse oder tatsächlich um einen Diebstahl gehandelt hat. Wenn eine Flasche Parfum in einen offenen Einkaufskorb gelegt wurde, wird es meist keine Probleme geben. Bei eigenen Einkaufstaschen oder Trolleys kann dies jedoch schon anders aussehen.

Tipp: Sorgen Sie beim Einkaufen für klare Verhältnisse und nutzen Sie die ladeneigenen Einkaufskörbe oder -Wagen.

Auf einen normalen, vollendeten Ladendiebstahl stehen eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe. Die Gerichte haben jedoch beim Strafmaß großen Spielraum.

Was gilt für den Diebstahl als Mitglied einer Bande?


Wer als Mitglied einer Bande etwas gestohlen hat, muss mit einer härteren Strafe rechnen. In diesem Fall droht eine Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten und bis zu zehn Jahren.
Dabei sehen die Gerichte Zusammenschlüsse von mindestens drei Personen als Bande an. Diese Personen müssen sich „zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden“ haben. Mindestens ein anderes Bandenmitglied muss beim Diebstahl geholfen haben, damit es zu einer Verurteilung wegen Bandendiebstahl kommt - etwa durch das Ablenken von Verkaufspersonal.

“Es war doch nur ein Taschenmesser“: Diebstahl mit einer Waffe


Härter bestraft wird auch der Diebstahl mit einer Waffe. Es drohen mindestens sechs Monate und bis zu zehn Jahre Freiheitsstrafe. Wenn es sich gleichzeitig um einen Bandendiebstahl handelt, beträgt die Mindeststrafe ein Jahr.

Hier kommt es häufig zu bösen Überraschungen für Täter. Die höhere Strafe gibt es nicht nur für „richtige“ Waffen, wie zum Beispiel Schusswaffen, Gaspistolen, Totschläger, Dolche, Schlagringe und Pfefferspray. Sie gilt auch für sogenannte „gefährliche Werkzeuge“ und jegliche „Mittel, ... um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden.“
Das bedeutet: Auch ein Taschenmesser, eine Nagelschere oder ein Schraubendreher können beim Diebstahl als gefährliches Werkzeug gelten.

Wichtig zu wissen: Dies hat nichts mit dem Waffengesetz zu tun. Hier geht es nicht darum, ob ein Gegenstand nach dem Waffengesetz verboten oder erlaubnispflichtig ist. Es geht einzig und allein um die mögliche Gefahr für andere Leute.
Ein Beispiel: Das Oberlandesgericht Köln betrachtete ein „Schweizer Offiziersmesser“ mit einer Klingenlänge von sechs Zentimetern als „gefährliches Werkzeug“ (Urteil vom 10.1.2012, Az. III-1 RVs 258/11).

Bestraft wird das reine Mitführen. Hier kommt es nicht darauf an, ob die Waffe oder das gefährliche Werkzeug überhaupt aus der Tasche geholt wird. Mit anderen Worten: Wer im Laden klaut und dabei ein kleines Taschenmesser in der Jackentasche stecken hat, riskiert mindestens sechs Monate „Knast“.

Wie wird wiederholter Diebstahl geahndet?


Die Gerichte gehen von „gewerbsmäßigem Diebstahl“ aus, wenn das Klauen für jemanden zur dauerhaften Einnahmequelle von einigem Umfang geworden ist. Hier drohen ebenfalls höhere Strafen. Dies nennt man dann einen besonders schweren Fall des Diebstahls (§ 243 StGB). Bestraft wird dieser mit einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren.
Wichtig zu wissen: Die Voraussetzung für einen gewerbsmäßigen Diebstahl ist nicht, dass der Täter die Beute verkauft oder dass sein Tun den Umfang eines Gewerbebetriebs erreicht. Ebenso muss keine bestimmte, feste Anzahl von Diebstählen erreicht sein.
Tipp: Betroffene sollten auf keinen Fall gegenüber der Polizei den Eindruck erwecken, dass sie ganz oder zum Teil vom Diebstahl leben.

Aufessen von Lebensmitteln (Mundraub)


Das Essen von Lebensmitteln, die ein Geschäft zum Verkauf anbietet, ist als (normaler) Diebstahl strafbar, sobald diese nicht an der Kasse bezahlt werden. Auch „zur Probe“ darf man nicht einfach irgendetwas essen - auch kein Stück Obst. Wenn ein Ladeninhaber darüber hinwegsieht, ist das reine Kulanz.

Kleinkram mit geringem Wert


Die Gerichte sehen Gegenstände im Wert von unter 50 Euro als sogenannte „geringwertige Sachen“ an. Ein Diebstahl solcher Gegenstände wird nur auf Strafantrag hin überhaupt verfolgt. Dieser Antrag wird natürlich regelmäßig gestellt, da viele Ladendiebstähle unter dieser Grenze liegen und der Gesamtschaden für die Geschäftsinhaber erheblich ist.

Anklage wird trotzdem nicht immer erhoben. Über eine Anklageerhebung entscheidet allein die Staatsanwaltschaft. Diese kann das Verfahren auch einstellen. Besonders bei Ersttätern gibt es beim Diebstahl geringwertiger Sachen eine gute Chance, dass das Verfahren wegen Geringfügigkeit eingestellt wird. Dies kann allerdings an Auflagen gebunden sein, wie beispielsweise eine Spende an eine gemeinnützige Organisation.

Wovon hängt die Höhe der Strafe ab?


Wie hoch die Strafe innerhalb des Strafrahmens wird, ist von vielen Faktoren abhängig. So kommt es zum Beispiel darauf an, ob es sich um einen einzelnen „Ausrutscher“ oder den 20ten Diebstahl in Folge handelt. Vorschriften zum Strafrahmen finden sich in § 46 Abs. 2 des Strafgesetzbuches.

Bei der Strafzumessung spielt die „Gesinnung“ eine erhebliche Rolle – also das Motiv für den Diebstahl. War es ein Diebstahl aus reiner Not, etwa um einem Kind etwas zum Anziehen kaufen zu können, wird dies anders beurteilt, als ein Diebstahl wegen einer Mutprobe, als Zusatzverdienst oder gar, um dem Ladeninhaber bewusst zu schaden. Bereits erwähnt wurde das erhöhte Strafmaß beim Diebstahl mit Waffen oder gefährlichen Werkzeugen. Auch hier kommt es auf den Fall an: Die Strafe wird bei Mitnahme eines Schraubendrehers geringer ausfallen, als wenn es sich um Rambos Kampfmesser gehandelt hat.

Natürlich berücksichtigt das Gericht auch die Lebensumstände des Angeklagten. Dazu gehören zum Beispiel Familie, Drogenabhängigkeit und Gesundheit. Und auch sein Verhalten nach der Tat spielt eine Rolle. Wenn ein Dieb das Diebesgut zurückgibt und sich um Wiedergutmachung bemüht, hat er bessere Chancen auf eine milde Strafe. Auch ein drohender Jobverlust infolge des Diebstahls oder der Verurteilung kann sich strafmildernd auswirken.
Übrigens: Der Versuch, nach einer Tat zu fliehen oder Spuren zu verwischen, darf nicht zu einer Verschärfung der Strafe führen.

Was wird ins Führungszeugnis eingetragen?


Ins Bundeszentralregister wird jede strafrechtliche Verurteilung aufgenommen. Das heißt allerdings noch nicht, dass sie auch im polizeilichen Führungszeugnis wiedergegeben wird. Keinen Eintrag ins Führungszeugnis gibt es bei Verurteilungen von Ersttätern zu einer Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten oder einer Geldstrafe bis zu 90 Tagessätzen. Ausgenommen sind auch bestimmte Taten unter Drogeneinfluss und bestimmte zur Bewährung ausgesetzte Jugendstrafen.

Hausverbot im Laden


Folge des Ladendiebstahls ist sehr oft ein Hausverbot im jeweiligen Geschäft. Ladeninhaber dürfen dieses ohne Weiteres verhängen, da sie das Hausrecht innehaben. Meist ist ein Hausverbot zeitlich begrenzt auf ein oder zwei Jahre. Es kann sich aber auf alle Geschäfte einer Handelskette beziehen. Wer es nicht beachtet, macht sich wegen Hausfriedensbruch strafbar.

Praxistipp zur Strafbarkeit des Ladendiebstahls


Ein Ladendiebstahl kann durchaus mit einer empfindlichen Gefängnisstrafe geahndet werden. Die Höhe der Strafe hängt sehr von den Tatumständen und den Motiven des Täters ab. Für Betroffene ist es besonders wichtig, möglichst wenig Angaben gegenüber der Polizei zu machen und schnellstens einen erfahrenen Anwalt für Strafrecht hinzuzuziehen.

(Ma)


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 Ulf Matzen
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