Herbstlaub als Unfallgefahr: Wer muss wie oft kehren?

17.10.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Herbstlaub,Laubbläser,kehren,fegen,beseitigen Das Herbslaub muss beseitigt werden, sonst drohen Unfälle © - freepik
Das Wichtigste in Kürze

1. Verkehrssicherunspflicht: Die Verkehrssicherungspflicht verpflichtet Grundstückseigentümer dazu, Grundstückswege so von Laub frei zu halten, dass keine Rutschgefahr besteht. Die für öffentliche Straßen und Plätze zuständigen Gemeinden, übertragen ihre Reinigungspflicht oft auf die privaten Anlieger.

2. Übertragung auf Mieter: Vermieter können ihre Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich der Beseitigung von Herbstlaub mit einer Vereinbarung im Mietvertrag auf ihre Mieter übertragen. Allerdings behält der Vermieter immer die Aufsichts- und Kontrollpflicht.

3. Häufigkeit der ReinigungDie Gerichte entscheiden oftmals so, dass es im Herbst ausreicht, einmal in der Woche Laub zu kehren. Fußgänger müssten sich wegen des andauernden Laubfalls auf feuchtes Laub und infolge Rutschgefahr einstellen.
Feuchtes und rutschiges Herbstlaub ist eine erhebliche Gefahr für Fußgänger und Radfahrer. Es führt im Herbst immer wieder zu Unfällen und Stürzen mit Verletzungen. Die Folge sind häufig Gerichtsverfahren mit hohen Schadensersatzforderungen. Für das Laubkehren gibt es natürlich Regeln. Diese werden teilweise mit denen für das Schneeräumen verglichen. Es gibt jedoch deutliche Unterschiede: Die Gerichte stellen nämlich bei den bunten Blättern im Herbst höhere Anforderungen an die Eigenverantwortung von Passanten. Der einfache Grund ist: Im Herbst fällt nun einmal das Herbstlaub - und zwar immer und fast überall. Passanten müssen daher auch immer und überall damit rechnen.

Herbstlaub: Welche Pflichten haben Grundstückseigentümer?


Schafft oder betreibt man eine mögliche Gefahrenquelle für andere, muss man diese so gut es geht absichern, damit niemand zu Schaden kommt. Dies bezeichnet man als die Verkehrssicherungspflicht. Sie verpflichtet Grundstückseigentümer grundsätzlich dazu, von Menschen genutzte Wege auf ihrem Grundstück so von Laub frei zu halten, dass keine Rutschgefahr besteht. Für die Reinigung öffentlicher Straßen und Plätze sind die Gemeinden verantwortlich. Sie übertragen meist ihre Räum-, Streu- und Reinigungspflicht für Gehwege vor Privatgrundstücken auf die privaten Anlieger. Dies geschieht mit Hilfe kommunaler Satzungen, welche die Anwohner unter anderem zum Beseitigen von Herbstlaub auf dem Gehweg verpflichten.

Wenn nun ein Passant stürzt, weil der Inhaber der Verkehrssicherungspflicht das Kehren von Herbstlaub versäumt hat, kann er von diesem Schadensersatz und Schmerzensgeld für seine Verletzungen verlangen.

Laub fegen: Wer haftet im Mietverhältnis?


Vermieter können ihre Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich der Beseitigung von Herbstlaub mit einer Vereinbarung im Mietvertrag auf ihre Mieter übertragen. Allerdings kann diese Pflicht nie komplett übertragen werden: Der Vermieter behält immer eine Aufsichts- und Kontrollpflicht. Er muss mindestens stichprobenartig kontrollieren, ob die Mieter tatsächlich ihre Pflichten erfüllen. Wenn dies nicht der Fall ist, muss er für Abhilfe sorgen, indem er entweder Druck auf die Mieter ausübt oder eine geeignete Firma damit beauftragt. Deren Arbeit muss er dann ebenfalls kontrollieren. Unnötig ist eine tägliche Beaufsichtigung der Person, die den Gehweg von Herbstlaub befreit. Je zuverlässiger der Kehrpflichtige erscheint oder je sorgfältiger er ausgewählt wurde, desto weniger Kontrolle muss stattfinden.

Wie oft muss das Laub beseitigt werden?


Die Regeln für das Schneeräumen sind streng. Berufstätige können sie häufig schwer oder gar nicht einhalten. Dabei geht es zum Beispiel um die geforderten Zeiten und die Häufigkeit des Schneeräumens. Das Problem: Niemand weiß vorher, wann Schnee fallen wird und wann dadurch eine Gefahr entsteht.

Dies ist beim Herbstlaub jedoch anders. Laub fällt im Herbst immer. Daher legen die Gerichte andere Maßstäbe an die Reinigungspflicht an. Sämtliche Gerichtsurteile zu diesem Thema zeigen, dass von Passanten beim Thema Herbstlaub mehr Eigenverantwortung erwartet wird. Im Herbst müssen Fußgänger auf dem Gehweg selbst aufmerksamer sein, genau auf ihren Weg achten und mehr Vorsicht walten lassen. Jeder kann und muss sich auf feuchtes Laub auf Geh- und Radwegen einstellen.

Daher verlangen die Gerichte von Grundstückseigentümern auch nicht, im Herbst täglich zwischen sieben und acht Uhr morgens schon alles Laub beseitigt zu haben und dies bei Bedarf womöglich noch alle paar Stunden zu wiederholen. Sie gehen stattdessen oft sogar davon aus, dass es im Herbst ausreicht, einmal in der Woche Laub zu kehren.

Herbstlaub: Was sagen die Gerichte zum Laubfegen?


Das Landgericht Frankfurt a. M. hat entschieden, dass Fußgänger morgens um sieben Uhr nicht mit einem laubfreien Gehweg rechnen dürfen. Zu dieser frühen Tageszeit müssen Passanten nach dem Urteil selbst darauf achten, nicht zu stürzen (Az. 2/23 O 368/98). Das Landgericht Coburg erklärte in einem anderen Fall, dass Grundstückseigentümer nicht dazu verpflichtet seien, täglich das Laub auf Gehwegen zu beseitigen. Fußgänger müssten im Herbst besonders darauf achten, ob durch Laub Rutschgefahr besteht. Im konkreten Fall lag das letzte Kehren von Laub mehrere Tage zurück – dies sah das Gericht als ausreichend an (Az. 14 O 742/07).

Pflicht zum Laubkehren vom Einzelfall abhängig?


Allerdings kann die Sache auch ganz anders aussehen, wenn man als Grundstückseigentümer – etwa nach einem Herbststurm – mit besonders viel Laub rechnen muss. Dann erwarten die Gerichte nämlich vom Räumpflichtigen zusätzliche Kehrdurchgänge, damit Fußgänger den Gehweg vor dem Grundstück ohne Unfallgefahr benutzen können. Auf besonders oft genutzten Wegen muss man auch häufiger Laub fegen.

Es gibt jedoch keine fest vorgeschriebene Anzahl von Kehrdurchgängen. Diese hängt vom Einzelfall ab. Zum Beispiel muss man den Gehweg vor einem Einfamilienhaus nicht so oft vom Laub befreien, wie den einzigen Zuweg zu einem Hochhaus mit 150 Parteien. Gewerbetreibende mit Publikumsverkehr müssen öfter zum Besen greifen, als private Grundstückseigentümer.

Urteil: Langes Liegenlassen von Laub führt zu Haftung


Um den Unfall einer Radfahrerin ging es vor dem Oberlandesgericht Hamm. Die Frau war auf einem öffentlichen Radweg wegen nassem Laub gestürzt und hatte sich verletzt. Für das Gericht war es nicht entscheidend, ob die Gemeinde nun jede Woche oder nur alle zwei Wochen Laub kehrte. Falle beim Auftreten der ersten Nachtfröste in erheblicher Menge Herbstlaub auf die Wege, müsse die Gemeinde auch außerhalb ihres regelmäßigen Kehrplanes tätig werden.

Beim Laub sei zwar nicht solche Eile geboten, wie beim Winterdienst. Trotzdem sei es nicht hinzunehmen, wenn Laub so lange liegen bleibe, dass sich eine mächtige Laubschicht mit vermoderter Laubunterlage bilden könne. Genau dies sei hier passiert. Die Gemeinde musste daher für den Sturz der Radfahrerin haften. Diese musste sich allerdings eine Mitschuld anrechnen lassen, da sie den sichtbar erheblich mit Laub bedeckten Radweg überhaupt benutzt hatte (Urteil vom 9.12.2005, Az. 9 U 170/04).

Was gilt für die Laubbeseitigung auf einem Krankenhausgelände?


Das Oberlandesgericht Schleswig beschäftigte sich mit dem Sturz eines älteren Patienten auf einem Krankenhausgelände. Der Mann hatte von seinem Auto auf dem Parkplatz Kleidung und Waschzeug für seinen Klinikaufenthalt geholt. Auf dem Rückweg zur Klinik rutschte er auf feuchtem Herbstlaub aus. Er stürzte und verletzte sich.

Nach Ansicht des Krankenhauses reichte es völlig aus, einmal pro Woche Laub zu fegen. Das Gericht sah dies anders: Auf dem Klinikgelände herrsche besonders viel Publikumsverkehr, inklusive vieler älterer oder gebrechlicher Patienten. Deswegen müsse das Krankenhaus im Herbst einmal täglich und bei Bedarf sogar öfter Laub kehren.

Am Ende musste die Klinik jedoch trotzdem nicht zahlen: Wie sich herausstellte, hatte der zuständige Mitarbeiter seinen Job besonders ernst genommen und auch ohne Anweisung tatsächlich ein- bis zweimal am Tag die Wege von Laub gereinigt. Daraufhin entschied das Gericht: Werde bei einer solchen Kehrhäufigkeit immer noch Laub durch den Wind auf einen Weg geweht und rutsche dann jemand darauf aus, hafte die Klinik nicht (Urteil vom 8.10.2013, Az. 11 U 16/13).

Muss ich Laub vom Nachbargrundstück dulden?


Grundstückseigentümer müssen es in vielen Fällen einfach hinnehmen, dass im Herbst auch mal Laub vom Nachbargrundstück auf ihr Grundstück fällt oder geweht wird. Dies besagt zum Beispiel ein Urteil des Amtsgerichts München. Dabei ging es um einen Lindenbaum, von dem besonders viel Herbstlaub, Blüten, Samen und kleine Äste auf das Nachbargrundstück herabregneten. Auch die nachbarliche Dachrinne war schnell damit verstopft. Hier entschied das Gericht: Der Laubfall bewege sich noch im ortsüblichen Rahmen. Ein "durchschnittlich empfindender und denkender verständiger Durchschnittsbenutzer" müsse diese Situation hinnehmen. Daher ging der Nachbar mit seiner Forderung nach einer sogenannten Laubrente leer aus. Dabei handelt es sich um eine Entschädigung für den zusätzlich entstandenen Reinigungsaufwand (Urteil vom 26.3.2013, Az. 114 C 31118/12).

Im Ausnahmefall kann jedoch ein solcher Anspruch auf Kostenerstattung für die Laubreinigung bestehen. Meist ist dies dann der Fall, wenn besonders außergewöhnliche und nicht mehr ortsübliche Belastungen durch Laub vom Nachbargrundstück bestehen. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden. Im damaligen Fall hatten Kiefernnadeln angeblich Abläufe verstopft und die Abschaffung eines Gartenteichs veranlasst, weil sich dieser ständig mit modrigen Nadeln füllte und das Wasser verdarb. Allerdings fällte der BGH hier keine endgültige Entscheidung, sondern verwies die Sache zur Klärung von Einzelheiten zurück an die Vorinstanz (Urteil vom 14.11.2003, Az. V ZR 102/03).

2017 gestand der BGH einem Nachbarn einen Anspruch auf eine Laubrente zu. Es ging dabei um mehrere hohe Bäume auf dem Nachbargrundstück, die den vorgeschriebenen Grenzabstand nicht einhielten, aufgrund landesgesetzlicher Regelungen und abgelaufener Fristen jedoch nicht zurückgeschnitten werden durften (Urteil vom 27.10.2017, Az. V ZR 8/17).

Praxistipp zum Kehren von Herbstlaub


Die Vorschriften für das Kehren oder Fegen von Herbstlaub sind weniger streng als die Regeln für den Winterdienst bei Schnee und Eis. Auf der sicheren Seite sind Grundstückseigentümer, wenn sie im Herbst regelmäßig die Gehwege ihres Grundstücks von Laub befreien. So lässt sich Schadensersatzforderungen von Fußgängern und Fahrradfahrern vorbeugen. Empfehlenswert ist auch eine Haftpflichtversicherung. Kommt es dann doch zu einem Rechtsstreit, kann ein im Zivilrecht tätiger Rechtsanwalt helfen.

(Ma)


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 Ulf Matzen
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