9 Tipps für eine rechtssichere Wohnungsübergabe

07.06.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Schlüsselübergabe,Wohnungstür Bei der Wohnungsübergabe kann man viel falsch machen. © Bu - Anwalt-Suchservice
Das Wichtigste in Kürze

1. Übergabeprotokoll: Beide Parteien sollten ein detailliertes Übergabeprotokoll anfertigen, das den Zustand der Wohnung sowie der eingebauten Einrichtungsgegenstände dokumentiert. Mieter und Vermieter sollten dieses Protokoll unterschreiben. Der Mieter erhält eine Kopie.

2. Mängel und Schäden: Um spätere Streitigkeiten zu vermeiden, sollten alle sichtbaren Mängel, Defekte oder Schäden genau erfasst und im Übergabeprotokoll festgehalten werden.

3. Zählerstände und Schlüssel: Die aktuellen Zählerstände (z.B. für Wasser, Gas, Strom) sollten abgelesen und im Protokoll vermerkt werden. Zudem sollte die Übergabe aller Wohnungsschlüssel bestätigt werden.
Zur Wohnungsübergabe kommt es zu Anfang und am Ende eines Mietverhältnisses. Für Mieter ist besonders die Übergabe am Ende wichtig. Hier geht es nämlich um den Zustand der Wohnung und oft sind teure Nachforderungen des Vermieters oder Streit um die Mietkaution die Folge. Mieter und Vermieter können bei einer Wohnungsübergabe einiges falsch machen. Eine wichtige Absicherung für beide Seiten stellt ein korrekt erstelltes Übergabeprotokoll dar.

Tipp 1: Wohnungsübergabe: Warum ist das Übergabeprotokoll so wichtig?


Laut Mietvertrag sind Mieter oft dazu verpflichtet, in ihrer Mietwohnung sogenannte Schönheitsreparaturen durchzuführen. Dies sind hauptsächlich Malerarbeiten, um die Spuren der Jahre an Wänden und Decken zu beseitigen. Mieter müssen jedoch auch selbst verursachte Schäden an der Wohnung – wie ein gesprungenes Waschbecken, angebohrte Fliesen oder Löcher im Parkett – beseitigen. Daher ist es beim Auszug besonders wichtig, gemeinsam festzustellen, welche Schäden es gibt – und welche nicht. Dies wird nicht selten vernachlässigt, weil gerade Mieter in diesem Moment oft andere Sorgen haben.
Mieter müssen nicht für Schäden aufkommen, die es schon bei ihrem Einzug gab. Daher sollte man beim Einzug im Rahmen der Wohnungsübergabe unbedingt ein Übergabeprotokoll anfertigen.

Tipp 2: Was muss im Übergabeprotokoll stehen?


Das Protokoll hält den Zustand der Wohnung bei der Übergabe fest. Es sollte natürlich zuerst einmal die Namen von Mieter und Vermieter enthalten, außerdem die Anschrift der Wohnung und das Datum des jeweiligen Ein- oder Auszugs sowie - wichtig - der letzten Renovierung. Dann sollte unbedingt die Anzahl und Art der übergebenen Schlüssel aufgeführt sein. Nicht fehlen dürfen die Zählerdaten von Gas, Strom, Wasser und Heizwärme.

Dann muss der Zustand der Wohnung ausführlich und Raum für Raum notiert werden: Wurden die Schönheitsreparaturen bzw. Malerarbeiten vertragsgemäß durchgeführt? Gibt es Mängel oder Defekte an vermietereigenen Geräten oder Installationen? Wie ist der Zustand von Fenstern, Innentüren, Heizkörpern, Wasser-Armaturen, Waschbecken, Dusch- oder Badewanne, Fliesen und Küchenzeile? Sind elektrische Geräte wie Herd, Dunstabzug und Wasserboiler in Ordnung?

Erwähnt werden sollte auch, ob der Mieter Müll oder Möbel zurückgelassen hat, die noch zu entsorgen sind. Auch sollten sich Mieter und Vermieter gemeinsam die mit vermieteten Nebenräume wie Keller, Dachbodenabteil oder Garage und den Balkon ansehen und vermerken, ob dort alles in Ordnung ist.

Beim Auszug haben Mieter meist andere Prioritäten, als ihre alte Wohnung. Denn: Die neue Wohnung will hergerichtet und eingerichtet sein, vielleicht steht alles voller Umzugskartons und der neue Job soll bald starten. Der Vermieter dagegen möchte die Wohnung nach dem Auszug des bisherigen Mieters schnell für neue Mieter fit machen, ohne auf finanziellen Schäden sitzen zu bleiben. In dieser Phase gibt es besonders schnell Streit - um angeblich schlecht ausgeführte Schönheitsreparaturen oder um Defekte, die man in der Eile übersehen hat. Daher ist gerade bei der Wohnungsübergabe beim Auszug das Übergabeprotokoll wichtig, um klare Verhältnisse für beide Seiten zu schaffen.

Tipp 3: Welche Bedeutung haben die Unterschriften?


Mieter und Vermieter sollten bei der Wohnungsübergabe unbedingt beide das Übergabeprotokoll unterschreiben. Beide bestätigen damit den Zustand der Wohnung. Ein von beiden unterschriebenes Protokoll gilt vor Gericht als gutes Beweismittel: Der Mieter kann schlecht behaupten, dass ein Schaden nicht vorhanden ist, wenn er diesen zuvor per Unterschrift bestätigt hat. Und der Vermieter kann keine zusätzlichen Schäden geltend machen, die ihm nachher noch eingefallen sind oder die zum Beispiel durch seine Handwerker verursacht wurden.

Man sollte jedoch auch wissen: Über die Bestätigung des Zustands der Wohnung hinaus hat die Unterschrift des Mieters keine Rechtsfolgen. Sie ist also kein Schuldanerkenntnis dafür, dass er einen Schaden verursacht hat. Beim Protokoll geht es zunächst nur um das reine Vorhandensein von Mängeln und Schäden zum Zeitpunkt der Wohnungsübergabe.

Tipp 4: Wie ausführlich muss man Schäden bei der Wohnungsübergabe beschreiben?


Wurde bei der Wohnungsübergabe ein Schaden festgestellt, sollte aus dem Übergabeprotokoll möglichst genau hervorgehen, wie dieser aussieht. Ein reines Ankreuzformular (gerne von größeren Hausverwaltungen verwendet) oder ein Hinweis wie "defekt" reichen normalerweise dafür nicht aus.

Abzuraten ist auch von allgemeinen Bemerkungen wie "abgewohnt" oder "Farbe verblasst". Das Übergabeprotokoll soll klare Verhältnisse schaffen und nicht für zusätzliche Streitpunkte durch Unklarheiten sorgen. Gerade bei der Qualität eines Deckenanstrichs oder anderen Malerarbeiten gibt es schnell Meinungsverschiedenheiten, wenn das Übergabeprotokoll nicht klar und deutlich aussagt, worin denn nun der Schaden oder Mangel konkret besteht.

Will der Vermieter vor Gericht Schadensersatz zum Beispiel für unzureichende Schönheitsreparaturen oder Schäden verlangen, muss er begründen und beweisen können, wie der Schaden entstanden ist und wie der geforderte Geldbetrag zustande kommt. Hier können für beide Seiten Fotos hilfreich sein, um im Streitfall weitere Beweise zu haben.

Tipp 5: Welche Schäden braucht der Mieter nicht zu beseitigen?


Ist dies im Mietvertrag so vereinbart, muss der Mieter Schönheitsreparaturen durchführen. Aber: Viele Vertragsklauseln zu Schönheitsreparaturen wurden in den letzten Jahren von Gerichten für unwirksam erklärt. Hier lohnt es sich also, genauer hinzuschauen. Nähere Informationen dazu finden Sie hier:

Schönheitsreparaturen an Mietwohnungen: Unwirksame Klauseln

Tipp 6: Selbst verursachte Schäden an der Mietwohnung


Mieter müssen auch selbst verursachte Schäden beseitigen. Hier liegt die Betonung auf "selbst verursacht". Schäden, die der Vormieter zu verantworten hat, müssen Mieter nicht beseitigen. Ein Beweis ist ohne beim Ein- und Auszug erstelltes Übergabeprotokoll praktisch nicht möglich. Mit dessen Hilfe jedoch kann beispielsweise ein Sprung im Waschbecken dem richtigen Verantwortlichen zugeordnet werden (OLG Düsseldorf, Az. 10 U 64/02).

Tipp 7: Müssen Mieter für Baumängel und Abnutzung bezahlen?


Für Schäden infolge baulicher Mängel, wie Risse in der Wand oder Feuchtigkeitsschäden durch undichte Rohre, können Mieter ebenfalls nicht verantwortlich gemacht werden. Dies gilt auch für normale Abnutzungserscheinungen durch den üblichen, vertragsgemäßen Gebrauch der Wohnung. Diese sind nämlich schon durch die Zahlung der Miete abgegolten. Ein klassisches Beispiel dafür ist der abgelaufene oder durch Möbelfüße eingedrückte Teppichboden.

Anders ist es wieder bei Brandlöchern im Teppich: Hier handelt es sich um einen Schaden und nicht um eine Abnutzung. Verfärbungen von Badezimmer-Fugen laufen dagegen wieder unter normaler Abnutzung, auch Schatten auf der Tapete durch aufgehängte Bilder oder leichte Kratzer auf den Dielen im Flur.

Mieter haben im Rahmen der Schönheitsreparaturen nicht die Pflicht, den abgelaufenen Parkettboden abzuschleifen und neu versiegeln zu lassen. Sogar eine entsprechende Vereinbarung im Mietvertrag ist unwirksam (Bundesgerichtshof, Urteil vom 13.1.2010, Az. VIII ZR 48/09).

Übrigens: Abnutzungserscheinungen brauchen nicht mit ins Übergabeprotokoll aufgenommen zu werden.

Tipp 8: Praktische Tipps für die Wohnungsübergabe


Die Wohnung sollte bei der Übergabe leer sein. Die Schönheitsreparaturen sollten durchgeführt und es sollte abschließend geputzt sein. Der Übergabetermin sollte tagsüber und im Tageslicht stattfinden, damit Mängel auch sichtbar sind. Es empfiehlt sich trotzdem, eine Taschenlampe (oder ein Handy mit entsprechender Funktion) mitzubringen, um zum Beispiel in dunklen Kellern Zähler ablesen zu können.

Eine Digitalkamera oder eine gute Handykamera helfen dabei, im Rahmen der Wohnungsübergabe den Wohnungszustand zu dokumentieren. Beide Seiten sollten sich genug Zeit nehmen und gemeinsam die Räume abgehen. Beim Auszug kann eine zweistufige Übergabe sinnvoll sein: Erst begehen Mieter und Vermieter die Wohnung gemeinsam und stellen fest, welche Arbeiten der Mieter noch durchführen soll. Als zweiter Schritt kommt dann die endgültige Übergabe mit der Erstellung des Übergabeprotokolls und der Auflistung vorhandener Mängel. Für Mieter empfiehlt es sich, dabei einen Zeugen mitzubringen. Falls es später zum Rechtsstreit kommen sollte, kann dieser aussagen. Dies ist zum Beispiel wichtig, wenn der Vermieter Mängel geltend machen will, die der Mieter bei der Übergabe nicht anerkannt hat.

Tipp 9: Wohnungsübergabe durch Schlüsseleinwurf?


Für eine Wohnungsübergabe ist es nicht ausreichend, dem Vermieter einfach den Wohnungsschlüssel in den Briefkasten zu werfen. Es handelt sich nicht um eine rechtswirksame Übergabe der Wohnung (Landgericht Köln, Urteil vom 2.7.1987, Az. 1 S 609/86). Anders ist dies nur, wenn sich beide Seiten vorher darauf geeinigt haben. Auch dann ist diese Form der Übergabe aber für beide riskant und nicht zu empfehlen.

Macht der Vermieter nach einer nicht abgesprochenen Rückgabe der Wohnung per Schlüsseleinwurf in seinen Briefkasten Ansprüche gegen den Mieter geltend, etwa wegen unzureichender Schönheitsreparaturen, ist er meist im Vorteil und hat gute Chancen auf Schadensersatz. Er riskiert jedoch, eine vermüllte oder beschädigte Wohnung vorzufinden und das Problem nur per Rechtsstreit lösen zu können.

Praxistipp zur Wohnungsübergabe


Schnell kann eine Wohnungsübergabe für Streit und unnötige Kosten sorgen. Schönheitsreparaturen sind oft ein kritisches Thema. Ein gutes Übergabeprotokoll hilft, Streit zu vermeiden und kann vor Gericht als Beweismittel dienen. Kommt es zu einem Rechtsstreit, kann ein Fachanwalt für Mietrecht dem Mieter oder Vermieter eine wertvolle Hilfe sein.

(Ma)


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 Ulf Matzen
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