Medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) angeordnet: Was ist jetzt zu tun?

18.03.2021, Redaktion Anwalt-Suchservice / Lesedauer ca. 5 Min. (1016 mal gelesen)
MPU,medizinisch-psychologische Untersuchung,Idiotentest,Auto,Fahrer Behörde ordnet MPU an - was man zum Idiotentest wissen muss © Bu - Anwalt-Suchservice

Die Anordnung einer MPU, auch „Idiotentest“ genannt, kann jeden treffen, der es mit dem Alkohol- oder Drogenkonsum übertreibt. Rechtliche Mittel gegen das negative Ergebnis einer medizinisch-psychologische Untersuchung gibt es nicht. Vorbereitung ist deshalb alles.

MPU ist die Abkürzung für „medizinisch-psychologische Untersuchung“. Untersucht wird dabei, ob sich die untersuchte Person noch zur Teilnahme am Straßenverkehr bzw. zum Lenken eines Fahrzeuges eignet. Der Gesetzgeber nennt dies die „Begutachtung der Fahreignung“. Die MPU gibt es seit 1954. Sie wird von der zuständigen Führerscheinbehörde angeordnet, um zu beurteilen, ob jemandem die Fahrerlaubnis entzogen, oder nach bereits erfolgtem Fahrerlaubnisentzug eine neue erteilt werden soll.

Wann wird eine medizinisch-psychologischen Untersuchung angeordnet?


Es gibt unterschiedliche Gründe für die Anordnung einer MPU. Aufgelistet sind diese in § 13 der Fahrerlaubnisverordnung (FeV):

1. Wenn ein ärztliches Gutachten oder sonst eine Tatsache vorliegt, die auf Alkoholmissbrauch (keine Sucht) schließen lässt.
2. Wenn die betreffende Person mehrfach unter Alkoholeinfluss Verkehrsverstöße begangen hat.
3. Wenn der Betroffene mit mindestens 1,6 Promille Blutalkohol oder 0,8 mg Atemalkohol ein Fahrzeug geführt hat.
4. Wenn ihm wegen Nr. 1 bis 3. die Fahrerlaubnis entzogen wurde.
5. Die Behörde sieht noch Klärungsbedarf, ob die Person weiterhin Alkoholmissbrauch betreibt oder abhängig ist.

Eine medizinisch-psychologische Untersuchung kann aber auch angeordnet werden, wenn der Verdacht auf Drogenmissbrauch oder -abhängigkeit besteht oder wenn es Hinweise darauf gibt, dass der Betreffende schlicht aus Gesundheitsgründen nicht fahrtauglich ist.

Müssen auch Radfahrer zur MPU?


Die Fahrerlaubnisverordnung spricht bei den oben genannten Gründen von Fahrzeugen, nicht von Kraftfahrzeugen. Auch Fahrräder sind hier gemeint. Also: Auch wenn Sie als Radfahrer mit mindestens 1,6 Promille auffallen, müssen Sie zur MPU. Bestehen Sie diese nicht, ist Ihr Kfz-Führerschein weg, d.h. Ihre Fahrerlaubnis wird entzogen.

Drogenkonsum: MPU auch ohne Teilnahme am Straßenverkehr?


Bestehen Anhaltspunkte für Drogenkonsum, wird ebenfalls eine MPU angeordnet. Dafür muss der Betroffene noch nicht einmal unter Drogeneinfluss gefahren sein – ein Drogenfund bei einer Personenkontrolle als Fußgänger kann ausreichen. Feste Grenzwerte oder einheitliche Regelungen gibt es hier nicht. In jedem Fall ist mit einer MPU zu rechnen, wenn der Betreffende beim Fahren unter Drogen stand und einen Unfall verursacht hat.

Wo wird die medizinisch-psychologische Untersuchung durchgeführt?


Die MPU wird von amtlich anerkannten Begutachtungsstellen durchgeführt.

Wie läuft eine medizinisch-psychologische Untersuchung ab?


Zuerst muss ein zwei- bis dreiseitiger Fragebogen ausgefüllt werden. Die Fragen betreffen Persönliches, Lebenslauf und Gesundheit. Auch die Führerscheinklassen und der Beruf spielen eine Rolle, der Grund des Führerscheinentzuges, aber ggf. auch das Drogen- und Alkohol-Konsumverhalten. Für beides gibt es gesonderte Fragebögen. Die Fragebögen dienen der Vorbereitung auf das Gespräch mit einem Psychologen. Die eigentliche MPU gliedert sich nun in drei Teile. Zuerst kommt der Leistungstest an einem Testcomputer. Hier kann es zum Beispiel um einen Reaktionstest, um Wahrnehmung oder Konzentration gehen. Tipp: Beispiele zum Ablauf finden sich auf Youtube. Dieser Test dauert etwa 20 Minuten, die Auswertung erfolgt durch einen Verkehrspsychologen.
Als zweiter Teil gehört zur MPU eine medizinische Untersuchung. Dabei werden Nerven und Reflexe, Herz und Kreislauf besonders beachtet, auch die medizinische Vorgeschichte kommt zur Sprache. Wurde die MPU wegen Alkohol angeordnet, findet eine Untersuchung der Leberwerte statt (Blutabnahme). Geht es um Drogen, werden Blut und Urin untersucht.
Hauptteil der MPU ist der psychologische Test, also ein Gespräch mit einem psychologischen Gutachter. Hier handelt es sich um ein Einzelgespräch von etwa 45 Minuten. Dabei geht es um Gründe für Alkohol- oder Drogenmissbrauch, die Lebenssituation, Vorsätze für die Zukunft. Wichtig ist es dabei, über das eigene Fehlverhalten nachzudenken und Konsequenzen daraus zu ziehen. Etwa zwei Wochen nach der MPU erhält der Prüfling das Ergebnis.

Was passiert, wenn ich nicht zur MPU erscheine?


Die Führerscheinstelle setzt Fristen für die Teilnahme an einer MPU. Wenn Sie nicht zum Termin erscheinen, müssen Sie mit dem Entzug der Fahrerlaubnis oder der Ablehnung der Neuerteilung einer entzogenen Fahrerlaubnis rechnen.

Was tun, wenn ich die MPU nicht bestanden habe?


Wer die MPU nicht besteht – und dies sind immerhin etwa 50 Prozent der Prüflinge – sollte das Ergebnis nicht an die Führerscheinbehörde weiterleiten. Denn so beweist man, dass man nicht zum Autofahren geeignet ist. Im Falle des Nichtbestehens ist es daher ratsam, den Antrag auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis zurückziehen und die MPU zu einem späteren Zeitpunkt wiederholen. Und zwar, nachdem man sich die Ergebnisse gründlich durchgesehen hat und die Gründe für das Durchfallen kennt. Meist geben die Gutachter Empfehlungen ab, wie der Betroffene seine Fahreignung in ihren Augen verbessern kann. Dem sollte gefolgt werden. Eine Frist, wann man die MPU wiederholen kann, gibt es nicht. Fragen Sie am besten die Stelle, bei der Sie die medizinisch-psychologische Untersuchung gemacht haben.

Wie kann ich mich auf die MPU vorbereiten?


Für die MPU gibt es Vorbereitungskurse. Bei Drogen und Alkohol sind oft Abstinenznachweise zu erbringen, so verlangen die Prüfer oft kurzfristige Blut- und Urintests oder Haarproben (Screening), laut ADAC durchaus sechsmal innerhalb von zwölf Monaten. Betroffene sollten sorgfältig auswählen, von wem sie sich auf die MPU vorbereiten lassen – denn „Berater“ gibt es viele, und nicht alle sind seriös.

Was kostet eine medizinisch-psychologische Untersuchung?


Die Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr regelt die Kosten für eine medizinisch-psychologische Untersuchung bundeseinheitlich. Diese sind nicht immer gleich, sondern abhängig von der Frage, die die Führerscheinbehörde von der Begutachtungsstelle geklärt haben will und damit nicht pauschal zu beziffern. Zwar kostet eine medizinisch-psychologische Untersuchung wegen Alkohol grundsätzlich 412 Euro inklusive Mehrwertsteuer, eine MPU wegen Alkohol- und Drogenmissbrauch liegt aber bereits über 700 Euro. Für Urin- und Haaranalysen können weitere Kosten hinzukommen. Gruppenkurse zur Vorbereitung kosten etwa 500 bis 600 Euro.

Wie kann ich mich gegen das negative MPU-Ergebnis rechtlich wehren?


Gar nicht. Gegen das Ergebnis der medizinisch-psychologischen Untersuchung gibt es kein Rechtsmittel (anders als hinsichtlich der Anordnung).

Sind Änderungen hinsichtlich des Promillegrenzwerts geplant?


Beim Deutschen Verkehrsgerichtstag 2016 in Goslar wurde von Experten gefordert, dass Autofahrer künftig bereits ab 1,1 Promille generell zur medizinisch-psychologischen Untersuchung müssen – nicht erst ab 1,6. Dies ähnelt der Überlegung diverser Gerichte insbesondere in Bayern und Baden-Württemberg, auch Autofahrer mit weniger als 1,6 Promille zur MPU zu schicken, insbesondere, wenn ihnen die Fahrerlaubnis durch ein strafgerichtliches Urteil entzogen worden war und es jetzt um die Wiedererteilung geht.

Was sagt das Bundesverwaltungsgericht zum Promillegrenzwert?


Das Bundesverwaltungsgericht hat solchen Forderungen im Jahr 2017 eine Absage erteilt. Stand der Dinge ist: Bei einer einmaligen Alkoholfahrt mit weniger als 1,6 Promille kann nicht pauschal eine MPU angeordnet werden. Auch nicht, wenn ein Strafgericht den Führerschein entzogen hat. Eine Anordnung bei unter 1,6 Promille ist allerdings möglich, wenn andere Faktoren hinzukommen, die Alkoholmissbrauch oder -Sucht vermuten lassen (Urteil vom 6.4.2017, Az. 3 C 24.15).
Im März 2021 hat das Bundesverwaltungsgericht wie folgt entschieden: Die Fahrerlaubnisbehörde kann nach einem Führerscheinentzug wegen erstmaliger Trunkenheitsfahrt auch dann ein medizinisch-psychologisches Gutachten verlangen, wenn bei dem Fahrer eine Blutalkoholkonzentration von 1,1 Promille und mehr festgestellt worden ist und zugleich Tatsachen vorliegen, die die Annahme eines Alkoholmissbrauchs rechtfertigen. (BVerwG 3 C 3.20).

Praxistipp


Haben Sie Zweifel, ob die Ihnen gegenüber erfolgte Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) rechtmäßig ist? Dann kann Ihnen ein auf das Verkehrsrecht spezialisierter Rechtsanwalt wertvolle Hilfe leisten. Denn in diesem Bereich gibt es eine Vielzahl möglicher Fallkonstellationen – und nicht immer ist die behördliche Anordnung begründet.

(Ma)


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 Ulf Matzen
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