Nachweis der Berufsunfähigkeit bei fehlenden objektiven Befunden

11.10.2011, Autor: Herr Hans Wilhelm Busch / Lesedauer ca. 2 Min. (3639 mal gelesen)
OLG Saarbrücken ermöglicht vom Grundsatz her den Nachweis der Berufsunfähigkeit auch bei fehlenden objektiven Befunden

Bei Streitigkeiten über das Vorliegen einer Berufsunfähigkeit ist ein nicht selten auftretendes Problem, dass es keine objektiven ärztlichen Befunde gibt, die die zur behaupteten Berufsunfähigkeit führende Erkrankung belegen können. Bei dieser Konstellation sieht die wohl überwiegende Rechtsprechung eine Berufsunfähigkeit nicht als erwiesen an, und weist die Klage ab. Das OLG Saarbrücken hat in einem Urteil vom 19.05.2010 (Az.: 5 U 91/08-10) hierzu eine rechtlich abweichende Position bezogen, wobei die konkrete Klage allerdings letztlich ebenfalls abgewiesen wurde.

Im zu entscheidenden Fall haben die medizinischen Sachverständigen die chronisch aktive Borreliose von dem sogenannten Post-Borreliose-Syndrom abgegrenzt. Die chronisch aktive Borreliose ist ein anerkanntes, objektivierbares Krankheitsbild. Für das Post-Borreliose-Syndrom gilt dies nicht.

Dazu hat das OLG Saarbrücken nun in rechtlicher Hinsicht ausgeführt, dass der Feststellung des Be-stehens der geschilderten Beschwerden und ihrer bedingungsgemäßen Auswirkung auf die berufliche Tätigkeit des Klägers nicht von vorneherein der Umstand entgegensteht, dass die Beschwerden als solche nicht objektivierbar sind. Nach Auffassung des OLG setzt nämlich der Begriff der Berufsunfähigkeit nicht zwingend das Vorliegen objektivierbarer Beschwerden voraus. In diesen Fällen könne der nach den Bedingungen geforderte ärztliche Nachweis einer Krankheit auch auf der Grundlage einer sachverständigen Begutachtung der Beschwerdeschilderung durch den Betroffenen erfolgen.

An die Begutachtung der nicht objektivierbaren Beschwerdeschilderung des Betroffenen werden allerdings auch vom OLG Saarbrücken hohe Anforderungen gestellt. Dessen Beschwerdeschilderung darf nicht unbesehen hingenommen werden, sondern sie muss einer eingehenden Überprüfung mit den hierfür zur Verfügung stehenden Methoden und testpsychologischen Verfahren unterzogen werden.

Im zu entscheidenden Fall kam diese Überprüfung zu einem für den Kläger negativen Ergebnis, so dass die Rechtsfortbildung durch das OLG Saarbrücken in tatsächlicher Hinsicht folgenlos blieb.

Über den rechtlichen Ansatz muss man sicherlich weiter nachdenken. Es mag durchaus Sachgestal-tungen geben, bei denen es vorschnell wäre, dem Kläger aufgrund des Vorliegens einer nicht objektivierbaren Erkrankung den weiteren Weg zum Nachweis der Berufsunfähigkeit allein schon deswegen abzuschneiden. Allerdings sind an den Nachweis einer Berufsunfähigkeit gleichwohl die geltenden zivilprozessualen Anforderungen zu stellen. Das Gericht muss davon überzeugt sein, dass die Behaup-tung für wahr zu erachten ist. Die Schwelle hierfür dürfte bei nicht objektivierbaren Erkrankungen in jedem Fall außerordentlich hoch liegen, wie es auch der vorliegende Fall bestätigt.


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