Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB): Wenn nicht „die Post abgeht”, sondern ein Päckchen wegkommt!

24.05.2014, Autor: Herr Alexander Hammer / Lesedauer ca. 3 Min. (420 mal gelesen)
In einer aktuellen Entscheidung hatte sich das Amtsgericht München (Az. 262 C 22888/12) mit der Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (sog. AGB) eines Postunternehmens zu befassen. Im Ergebnis hat es zutreffend festgestellt, dass (auch) ein Postunternehmen nicht durch einen kleingedruckten Hinweis in einem Aushang wirksam Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) gegenüber Verbrauchern vereinbaren kann. Da das Postunternehmen die Entscheidung akzeptierte und nicht in Berufung ging, wurde das Urteil rechtkräftig.

Dem Verfahren lag ein alltäglicher Lebenssachverhalt zu Grunde: Die in München wohnhafte Klägerin hatte im Juni 2012 über das Online–Auktionshaus eBay ein Paar Schuhe zum Preis von ca. 42 € verkauft. Nach Zahlung des Kaufpreises versandte sie die Schuhe als Päckchen an den Käufer. Bei diesem kamen die Schuhe aber nicht an und auch ein Nachforschungs­auftrag blieb erfolglos. Das Päckchen war spurlos verschwunden. Die Klägerin, welche das Päckchen nachweislich in der Postfiliale abgegeben hatte, zahlte daraufhin dem Käufer den Kaufpreis zurück und machte die Summe gegenüber dem Postunternehmen als Schadenersatz geltend. Dieses verweigerte die Zahlung und berief sich zur Begründung auf seine – vermeintlich wirksam einbezogenen – Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Danach sollte eine Haftung nur in Betracht kommen, wenn das Päckchen per Einschreiben, Einschreiben Einwurf, Eigenhändig, Rückschein oder Nachnahme gesandt wurde. Dies war vorliegend aber nicht geschehen. Die Klägerin entgegnete darauf, dass sie auf die AGB nicht hingewiesen worden sei und klagte den Schadenersatz ein.

Mit Erfolg. Denn das Amtsgericht München gab der Klage mit Urteil vom 23.04.2013 vollumfänglich statt. Es stellte zunächst fest, dass zwischen der Klägerin und dem Postunternehmen ein Beförderungsvertrag zustande gekommen war; die Klägerin konnte im Prozess die Abgabe des Päckchens in der Postfiliale beweisen. Dieser Beförderungsvertrag ist als sog. Werkvertrag zu qualifizieren, weil als Ergebnis ein Erfolg (Transport des Päckchens zum Käufer) vertraglich geschuldet wird. Diese vertragliche Pflicht hatte das Postunter­nehmen vorliegend unzweifelhaft nicht erfüllt; das Päckchen war nicht angekommen. Darüber hinaus war es auch noch unwiederbringlich verloren gegangen, wodurch das Postunternehmen zusätzlich seine vertragliche (Neben-) Pflicht verletzt hat, dass Eigentum seiner Kunden nicht zu verletzen. Da ein Postunternehmen den Verlust von Sendungen auch grds. zu vertreten hat, bestand zu Gunsten der Klägerin eindeutig ein Anspruch auf Ersatz des ihr von dem Postunternehmen durch den Verlust des Päckchens kausal verursachten Schadens. Auch diesen konnte die Klägerin letztlich darlegen und beweisen, weil sie das Gericht von dem Inhalt des Päckchens (Schuhe zum Preis von ca. 42 €) überzeugen konnte.

Über diese tatsächlichen Beweisschwierigkeiten hinaus war juristischer Knackpunkt des Falls nun, dass sich das Postunternehmen darauf berief, wie dies im geschäftlichen Verkehr häufig geschieht, wirksam durch seine AGB einen Haftungsausschluss vereinbart zu haben. Nach Auffassung des Postunternehmens sollte für die wirksame Einbeziehung der (eine Haftungs­ausschlussklausel enthaltenden) AGB in den (Beförderungs-)Vertrag genügen, dass in dem Preisaushang in der Postfiliale auf die Geltung der AGB hingewiesen worden war. Außerdem hätte man sie einsehen können. Diese Auffassung ist aber, wie das Amtsgericht zutreffend feststellte, rechtsirrig. Das Postunternehmen konnte sich nicht auf den Haftungsausschluss berufen, weil die interessierenden AGB nicht wirksam in das Vertragsverhältnis einbezogen worden waren. Denn hierfür genügt es nicht, dass in der von der Klägerin aufgesuchten Filiale ein Aushang angebracht gewesen ist, bei dem unter „Produkte und Preise auf einen Blick“ im Kleingedruckten unter anderem vermerkt sei: „Näheres regeln unsere AGB sowie eine Übersicht, die sie in den Postfilialen einsehen können“. Diese Bezugnahme auf AGB, klein gedruckt und in einem Aushang über Produkte und Preise versteckt, sei – so das Amtsgericht – überraschend im Sinne des § 305c Abs. 1 BGB. Dies hat zur Folge, dass eine wirksame Einbeziehung nicht vorlag, selbst wenn die Allgemeinen Geschäftsbedingungen tatsächlich in der Filiale vorrätig gewesen sein sollten. Auf die weiteren Voraussetzungen für eine wirksame Einbeziehung von AGB, die sich insbesondere danach unterscheiden, ob ein Verbraucher oder ein Unternehmer Vertragspartner ist, kam es gar nicht mehr an.

Der Fall zeigt an einem alltäglichen Beispiel, wie schwierig die wirksame Einbeziehung von AGB in der Praxis manchmal sein kann. Eine professionelle Beratung ist in Bezug auf die Erstellung und die Einbeziehung von AGB unerlässlich. Zumal sich der Frage einer wirksamen Einbeziehung oft die Frage der Wirksamkeit der verwandten Klauseln anschließt.


Alexander Hammer, LL.M., Rechtsanwalt

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