Nutzung des Treppenhauses: Was ist Mietern erlaubt und was verboten?

03.09.2021, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Schuhregal,Hausflur,Treppenhaus,Mietshaus Schuhe im Treppenhaus: Nicht überall gern gesehen © Bu - Anwalt-Suchservice

In einem Mehrfamilienhaus wird das Treppenhaus häufig dafür benutzt, Schuhe, Kinderwagen, Fahrräder und Pflanzen ab- und aufzustellen. Aber was ist erlaubt und was verboten?

In einem Mehrfamilienhaus gehören Treppenhaus und Hausflur zu den gemeinschaftlich genutzten Räumen. Handelt es sich um ein Mietshaus, liegt die Gestaltung grundsätzlich allein beim Vermieter. Bei einer Eigentümergemeinschaft hat die Eigentümerversammlung mitzuentscheiden. Beide Male stellen sich zwei wichtige Fragen:

- Was darf im Treppenhaus abgestellt werden?
- Dürfen einzelne Bewohner das Treppenhaus individuell verschönern?

Mieter fragen sich darüber hinaus oft, ob sie gegen vermieterseitige Gestaltungen des Treppenhauses vorgehen können.

Was ist im Treppenhaus eines Mietshauses erlaubt?


Das Amtsgericht Münster beschäftigte sich mit dem Fall einer Mieterin, die das Treppenhaus, den Hausflur und auch den gemeinschaftlichen Garten intensiv mit individueller Dekoration ausgeschmückt hatte. Darunter war auch eine Vielzahl von Topfpflanzen und Blumenkübeln. Die Treppenhaus-Beleuchtung hatte sie durch Lampen nach eigenem Geschmack ersetzt. Das Gericht war der Ansicht, dass man den anderen Mietern eine solche eigenständige Dekoration von Gemeinschaftsräumen nicht zumuten könne. Die Dekogegenstände seien daher zu entfernen (Az. 38 C 1858/08).
Als zumutbar angesehen werden meist dezente jahreszeitliche Ausschmückungen der eigenen Wohnungstür, zum Beispiel durch Kränze oder Weihnachtsschmuck. Mieter sollten jedoch darauf achten, nicht ihre Wohnungstür zu beschädigen.

Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofes darf ein Mieter einem Briefboten erlauben, ein für ihn bestimmtes Branchenbuch im Hausflur abzulegen, weil es nicht in den Briefkasten passt. Der Mieter sei dazu berechtigt, Gemeinschaftsflächen des Hauses mitzubenutzen, solange diese Nutzung keine Belästigung oder Gefährdung anderer Hausbewohner darstelle (Urteil vom 10.11.2006, Az. V ZR 46/06).

Ein Mieter darf jedoch keine Garderobenelemente, wie etwa Kleiderhaken, im Hausflur anbringen. Zumindest nicht ohne vorherige Genehmigung des Vermieters. Dies entschied das Bayerische Oberste Landesgericht (Az. 2 Z BR 135/97).
Wenn ein Mieter jedoch bereits seit dreißig Jahren einen Garderoben-Schrank im Treppenhaus hat, muss er diesen nicht mehr abbauen. Hat der Vermieter diese Nutzung des Treppenhauses über einen so langen Zeitraum geduldet, kann der Mieter von einer stillschweigenden Genehmigung ausgehen. Dies entschied das Amtsgericht Köln (Az. 222 C 426/00).

Religiöse Differenzen: Eine Madonna im Treppenhaus


Wenn ein katholischer Vermieter im Treppenhaus eine Madonna-Figur aufstellt, ist das für den Mieter kein Mietminderungsgrund. So entschied jedenfalls das Amtsgericht Münster (Az. 3 C 2122/03). Auch bei einem evangelischen Mieter führe eine derartige Figur nicht zu einem "besonderen Schock", mit dem man eine Gebrauchsuntauglichkeit der Wohnung begründen könne. Persönliche Überempfindlichkeiten gewährten kein Recht zur Mietminderung.

Was gilt für Müll, Bilder und Fußmatten?


Nicht ins Treppenhaus gehören jedenfalls drei Umzugskartons, eine Leiter und Müll. Sogar ein ohne Absprache mit dem Vermieter dort aufgehängtes Bild muss entfernt werden. So entschied das Amtsgericht Köln (Az. 220 C 27/11).
Allgemein üblich sind Fußmatten. Nach dem Amtsgericht Berlin-Neukölln darf ein Vermieter trotzdem das Auslegen von Fußmatten vor der Wohnungstür mietvertraglich untersagen (Az. 7 C 21/03).

Sind Fahrräder im Treppenhaus erlaubt?


Ein Vermieter darf das Abstellen von Fahrrädern im Treppenhaus untersagen, wenn es andere Unterstellmöglichkeiten im Haus gibt – wie zum Beispiel einen Fahrradkeller. Mieter müssen sich an Vorgaben im Mietvertrag und in der Hausordnung halten, die ein Abstellen von Rädern im Fahrradkeller vorschreiben. Allerdings kann es hier Ausnahmen für besonders teure Räder geben; manche Gerichte räumen Mietern die Möglichkeit ein, das Rad mit in ihre Wohnung zu nehmen.

Das schwarze Brett als Pranger?


Oft gibt es in Mehrfamilienhäusern im Eingangsbereich ein “Schwarzes Brett”. Darauf sind meist Bekanntmachungen des Vermieters zu lesen – etwa der Ablesetermin für die Heizungszähler oder die Urlaubsvertretung für den Hausmeister. Dieses Brett darf von Mietern nicht dafür genutzt werden, Zettel mit unsachlicher Kritik am Vermieter auszuhängen. Dies gilt auch für den Rest des Treppenhauses. Mieter können sich hier sogar wegen übler Nachrede strafbar machen. Bei Beleidigungen droht ihnen die Kündigung. Aber: Konstruktive Kritik – etwa einen wahren Bericht über einen vom Vermieter nicht behobenen längeren Ausfall der Heizung im Winter – ist vom Vermieter zu dulden (LG Berlin, Az. 53 S 25/04).

Häufigster Streitpunkt: Sind Schuhe im Treppenhaus erlaubt


Eine Reihe schmutziger und unordentlich abgestellter Schuhe vor der Wohnungstür im Treppenhaus ist unansehnlich, aber in manchen Mehrfamilienhäusern üblich. Manche Mieter installieren sogar einen Schuhschrank oder ein Schuhregal zum Abstellen der Schuhe. Hier gilt jedoch regelmäßig: Ohne Vereinbarung im Mietvertrag darf der Mieter keine Möbel im Treppenhaus aufstellen oder gar anschrauben.
Nach dem Oberlandesgericht Hamm dürfen Schuhe bei schlechtem Wetter vorübergehend auf der Fußmatte bzw. vor der Wohnungstür stehen bleiben. Ein Dauerzustand sollte dies jedoch nicht sein (Az. 15 Wx 168/88).

Geruchsbelästigung im Treppenhaus - was tun?


Nachbarn, die hinsichtlich der Schuhe weniger ein Problem mit der Sicherheit als eher mit der Geruchsbelästigung haben, dürfen nicht einfach zum Duftspray greifen. Auch Duftsprays haben nämlich im Treppenhaus nichts zu suchen. Dies geht aus einer Entscheidung des OLG Düsseldorf hervor (Az. 3 Wx 98/03).

Nach einem Urteil des Amtsgerichts Berlin-Charlottenburg (Az. 213 C 94/10) können Mieter, die durch erhebliche Essens- und Müllgerüche aus einer anderen Wohnung und Hundepippi im Treppenhaus belästigt werden, einen Anspruch auf Minderung der Miete geltend machen.

Essensdüfte wie etwa Knoblauchgeruch sind jedoch hinzunehmen, entschied das Landgericht Essen (Az. 10 S 491/98). Eine Mietminderung sei im konkreten Fall nicht angemessen. Insofern kann Knoblauch als probates und rechtlich einwandfreies Mittel gegen Stinkeschuhe gelten. Außerdem soll er ja auch vor Vampiren schützen!

Was gilt in Wohnungseigentümergemeinschaften?


Sittenwidrig und unwirksam ist ein Beschluss einer Eigentümerversammlung, nach dem ein behinderter Bewohner seinen Rollstuhl nicht im Hausflur abstellen darf. Ein Streitpunkt sind häufig Kinderwagen. Zumindest vorübergehend dürfen diese im Hausflur parken (OLG Hamm, Urteil vom 3.7.2001, Az. 15 W 444/00). Es kann jedoch im Einzelfall darauf ankommen, ob im Flur noch genug Platz bleibt, um im Brandfall schnell zu flüchten. Auch darf die Gemeinschaft verlangen, dass Kinderwagen über Nacht oder bei mehrtägiger Nichtbenutzung nicht im Hausflur stehen bleiben. Dies gilt insbesondere, wenn dieser durch den Kinderwagen erheblich verengt wird.

Möchte ein Eigentümer auf dem Hausflur eine persönliche Garderobe installieren, benötigt er die Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer (OLG München, Az. 34 Wx 160/05). Hier ist nämlich das Gemeinschaftseigentum betroffen.

Unverhältnismäßig ist ein generelles Verbot per Hausordnung, Schuhe auch nur kurz vor der Wohnungstür abzustellen (AG Lünen, Az. 22 II 264/00). Ein entsprechender Beschluss der Eigentümerversammlung ist nicht wirksam.

Praxistipp zur Nutzung des Treppenhauses


Es gibt viele Gerichtsurteile zum Abstellen von Schuhen, Kinderwagen, Fahrrädern in Treppenhaus und Hausflur. Allerdings sind diese nicht unbedingt allgemeingültig. Schließlich sind sie häufig von regionalen Sitten geprägt. So ist das Abstellen von Schuhen im Hausflur in einigen Gegenden Deutschlands üblicher als in anderen. Es kommt auch immer sehr auf den Einzelfall an, zum Beispiel auf die Durchgangsbreite des Hausflurs. Ein im Zivilrecht erfahrener Rechtsanwalt kennt die aktuelle Rechtsprechung und kann Ihnen im Streit mit Nachbarn oder Vermieter über im Treppenhaus abgestellte Gegenstände mit Rat und Tat weiterhelfen.

(Bu)


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 Stephan Buch
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