Schönheitsreparaturen: Viele mietvertragliche Klauseln unwirksam!

16.09.2015, Autor: Herr Holger Bernd / Lesedauer ca. 6 Min. (477 mal gelesen)
Schönheitsreparaturen und die entsprechenden mitvertraglichen Klauseln sorgen oft für Streit zwischen Mietern und Vermietern.

Schönheitsreparaturen und die entsprechenden mitvertraglichen Klauseln sorgen oft für Streit zwischen Mietern und Vermietern: Welche Schönheitsreparaturen sind durch den Mieter zu leisten, welche nicht? Wer übernimmt die Kosten für die Arbeiten? In der Vergangenheit stärkte der Bundesgerichtshof immer wieder die Rechte der Mieter und stutzte damit gleichzeitig die Ansprüche der Vermieter, die sich auf Klauseln im Mietvertrag berufen.

Gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB ist eigentlich der Vermieter verpflichtet, eine Wohnung in einem ordentlichen Zustand zu erhalten sowie Renovierungen zu veranlassen und zu bezahlen. Dafür bekommt er im Gegenzug vom Mieter schließlich die Miete. Die Realität sieht jedoch regelmäßig ganz anders aus: Durch den Mietvertrag wird der Mieter verpflichtet bestimmte Renovierungsmaßnahmen durchzuführen. Dies ist nach der Rechtsprechung auch grundsätzlich zulässig, es gibt jedoch Grenzen, die Mieter kennen sollten. Denn erweist sich die entsprechende Klausel im Mietvertrag als unwirksam, muss der Vermieter die gesamten Renovierungsmaßnahmen - sog. Schönheitsreparaturen – selbst durchführen oder durchführen lassen.


Was sind Schönheitsreparaturen?

Eine Definition der sog. Schönheitsreparaturen ist im Bürgerlichen Gesetzbuch nicht enthalten. Aus der Rechtsprechung haben sich aber einige inzwischen allgemein anerkannte Grundsätze entwickelt, wonach Schönheitsreparaturen grundsätzlich Arbeiten sind, die innerhalb der Mietwohnung durchgeführt werden. Hinsichtlich des Umfangs der Schönheitsreparaturen orientiert sich die Rechtsprechung an § 28 Abs. 4 Satz 3 II. BV (Verordnung über wohnungswirtschaftliche Berechnungen nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz). Danach gehören zu den Schönheitsreparaturen:
 

·         Tapezieren, Anstreichen oder Kalken der Wände und Decken inklusive der notwendigen Vorarbeiten, wie etwa das Verschließen von Löchern,

·         das Streichen der Fußböden, Heizkörper einschließlich Heizrohre, der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von innen.

 
BGH-Rechtsprechung / Typische Klauseln in Mietverträgen

Leider gibt es weder eine verallgemeinerungsfähige Formel noch ein eindeutiges Urteil des Bundesgerichtshofs, mit dem alle Fälle der Schönheitsreparaturklauseln geklärt wären.

Es gibt allerdings einige typische Schönheitsreparaturklauseln, die in Mietverträgen oft verwendet werden und bereits durch den Bundesgerichtshof für unwirksam erklärt wurden:


1.       Sonderfall: Übernahme einer unrenovierten Wohnung

Hat der Mieter eine unrenovierte oder renovierungsbedürftige Wohnung übernommen, kann die Überwälzung der laufenden Schönheitsreparaturen durch Allgemeine Geschäftsbedingungen (Mietvertrag) auf den Mieter nur wirksam vereinbart werden, sofern die Verpflichtung des Mieters zur Beseitigung vorvertraglicher Abnutzungsspuren durch einen vom Vermieter gewährten Ausgleich kompensiert wird, durch den der Mieter so gestellt wird, als sei ihm renovierter Wohnraum überlassen worden.

Die Parteien können sich etwa dafür entscheiden, dass der Mieter zum Ausgleich für den Renovierungsaufwand für eine bestimmte Zeit weniger oder gar keine Miete zu entrichten hat.

Fehlt es jedoch an einem mit Rücksicht auf den Zustand der Wohnung bei Mietbeginn genügenden Ausgleich der Benachteiligung, ist die Übertragung der Verpflichtung zur Vornahme von Schönheitsreparaturen im Mietvertrag insgesamt unwirksam. Dies hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 18.03.2015 – VIII ZR 185/14 entschieden und damit seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben.

 
2.       Starre Fristen

„Der Mieter hat während der Mietzeit die Schönheitsreparaturen auf seine Kosten sach- und fachgerecht auszuführen, und zwar: in Küche, Bad, WC alle 3 Jahre, in den übrigen Räumen alle 5 Jahre.“

Grundsätzlich kann der Mieter auch während der Mietzeit zu regelmäßigen Renovierung verpflichtet werde, jedoch nicht nach einem starren Zeitplan, da es nach einer solchen Klausel nicht darauf ankommt, ob eine Renovierung auch tatsächlich notwendig ist (BGH, Urteil vom 05.04.2006 - VIII ZR 178/05). Werden vom Fristenplan keine Ausnahmen zugelassen, ist die Klausel unwirksam.

Anhaltspunkte für eine starre Frist sind Zusätze, wie z.B. „spätestens“ oder „mindestens“ bei den Renovierungsfristen.
 

3.       Farbwahlklauseln

„Die Schönheitsreparaturen umfassen insbesondere:

Anstrich und Lackierungen der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von Innen sowie sämtlicher Holzteile, Versorgungsleitungen und Heizkörper, das Weißen der Decken und Oberwände sowie der wischfeste Anstrich bzw. das Tapezieren der Wände“

Eine solche Klausel ist unwirksam, da diese Farbvorgabe auch für Renovierungen während der Mietzeit gilt. Dies schränkt den Mieter unangemessen in der Gestaltung seines persönlichen Lebensbereichs ein (BGH, Urteil vom 18.02.2009 - VIII ZR 166/08).

Auch eine Klausel, mit der der Mieter verpflichten wird, die Wände und Decken zu „weißen", schränkt ihn in seiner Farbwahl unzulässig ein und ist deswegen unwirksam, wenn sich die Verpflichtung auch auf Renovierungen während der Mietzeit bezieht (BGH, Urteil vom 23.09.2009 - VIII ZR 344/08).

Gleiches gilt auch, wenn der Mieter per Klausel verpflichten wird, die Fenster und Türen weiß zu streichen (BGH, Urteil vom 20.01.2010 - VIII ZR 50/09).

Auch bei Auszug darf die Farbvorgabe nicht übertrieben werden. Der Vermieter hat lediglich Anspruch auf eine Rückgabe der Wohnung in einem wiedervermietbaren Zustand. Deshalb kann er eine farblich neutrale, dem allgemeinen Farbgeschmack entsprechende Renovierung verlangen. Die Vorgabe bestimmter Farben ist in jedem Fall unzulässig (BGH, Urteil vom 06.11.2013 – VIII ZR 416/12).


4.       Endrenovierungsklausel

„Zustand der Mieträume: Die Wohnung wird in einem einwandfrei renovierten Zustand übergeben. Bei Auszug ist die Wohnung fachgerecht renoviert zurückzugeben…“

Es handelt sich hierbei um eine sogenannte Endrenovierungsklausel, wonach der Mieter verpflichtet wird die Wohnung in einem einwandfreien und frischrenovierten Zustand zurück zu geben, ohne dass berücksichtigt wird, ob die Wohnung überhaupt renovierungsbedürftig ist oder nicht, sodass eine solche Klausel unwirksam ist (BGH, Urteil vom 18.02.2009 - VIII ZR 166/08; Urteil vom 12.09.2007 - VIII ZR 316/06).

5.       Fachhandwerkerklausel

„Der Mieter ist verpflichtet, die Schönheitsreparaturen … in der Wohnung ausführen zu lassen …, sowie die Roll-Läden, Licht- und Klingelanlagen, Schlösser, Wasserhähne, Spülkästen oder Druckspüler und Wasch- und Abflussbecken instandzuhalten und zerbrochene Glasscheiben zu ersetzen …“

Eine solche Klausel kann aufgrund des Wortlauts „ausführen zu lassen“ jedenfalls auch dahin verstanden werden, dass der Mieter unter Ausschluss der Möglichkeit einer Selbstvornahme die Arbeiten durch einen Fachhandwerker ausführen lassen muss. Dies ist unzulässig, da Schönheitsreparaturen lediglich fachgerecht in mittlerer Art und Güte auszuführen sind. Das setzt aber nicht zwingend die Beauftragung einer Fachfirma voraus. Der Mieter muss auch die Möglichkeit haben, die Arbeiten selbst durchzuführen (BGH, Urteil vom 09.06.2010 - VIII ZR 294/09).                                                                                                             

 
6.       Abgeltungs- und/oder Quotenklauseln

„Zieht der Mieter vor Ablauf der für die Schönheitsreparaturen vorgesehenen Fristen aus, so muss er seiner Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen durch Zahlung des unten ausgewiesenen Prozentsatzes der Kosten der Schönheitsreparaturen nachkommen."
 
Fristenpläne werden oftmals mit solchen Abgeltungsklauseln oder Quotenklauseln kombiniert. Diese Klauseln verlangen vom Mieter, dass er beim Auszug einen Teil der Renovierungskosten tragen muss, je nachdem, wann die letzte Renovierung erfolgte.
 
Eine solche Klausel ist unzulässig (BGH, Urteil vom 18.10.2006 - VIII ZR 52/06), und zwar unabhängig davon, ob sie den tatsächliche Zustand der Wohnung beim Auszug berücksichtigt, da der Mieter seinen Kostenanteil nicht verlässlich ermitteln kann (BGH, Urteil vom 18.03.2015 – VIII ZR 242/13).
 

7.       Umfang der Renovierungen

„Die Schönheitsreparaturen sind fachgerecht und wie folgt auszuführen: Tapezieren, Anstreichen der Wände und Decken, das Streichen der Fußböden, Reinigen und Abziehen und Wiederherstellung der Versiegelung von Parkett, Reinigung von Teppichböden, das Streichen der Heizkörper einschließlich der Heizrohre sowie der Türen und Fenster.“
 
Diese Klausel verpflichtet den Mieter sowohl zur Versiegelung von Parkett als auch ganz allgemein zum Streichen von Türen und Fenstern, was den Außenanstrich mitumfasst. Dies ist unzulässig, da dadurch die Schönheitsreparaturen über den in § 28 Abs. 4 Satz 3 II. BV (siehe auch „Was sind Schönheitsreparaturen?“) geregelten Umfang hinaus erweitert werden (BGH, Urteil vom 18.02.2009 - VIII ZR 210/08).

 
Fazit:

Die Überprüfung von Mietverträgen auf unwirksame Schönheitsreparaturklauseln kann sich für Sie lohnen. Denn erweist sich eine solche Klausel als unwirksam, sind Sie überhaupt nicht zur Renovierung verpflichtet. Dann muss die Wohnung bei Auszug lediglich in einem „wiedervermietbaren Zustand“ zurückgegeben werden.

Sollten Sie trotz ungültiger Schönheitsreparaturklausel Renovierungsarbeiten durchgeführt haben, können Sie die Ihnen entstandenen Kosten und Aufwendungen (selbst ausgeführte Arbeiten, geopferte Freizeit) vom Vermieter ersetzt verlangen. Dies gilt auch für Freunde und Bekannte, die Ihnen geholfen haben.
 
Auch die Rückforderung bereits geleisteter Zahlung zur Durchführung von Renovierungsarbeiten – zum Beispiel als Verrechnung mit der Mietkaution - ist möglich, wenn die entsprechende Schönheitsreparaturklausel unwirksam ist.
 
Rückforderungsansprüche müssen Sie jedoch unverzüglich geltend machen. Denn nach § 548 Abs. 2 BGB gilt hierfür die kurze Verjährungsfrist von sechs Monaten, d.h. Ansprüche müssen innerhalb von sechs Monaten nach Beendigung des Mietverhältnisses geltend gemacht werden.