Staffelung der Urlaubsdauer nach dem Alter – Vereinbarkeit mit dem AGG

Autor: RA FAArbR Dr. Sascha Schewiola, Heuking Kühn Lüer Wojtek, Köln
Aus: Arbeits-Rechtsberater, Heft 03/2015
Gewährt ein Arbeitgeber freiwillig älteren Arbeitnehmern mehr Urlaubstage pro Jahr als jüngeren Mitarbeitern, kann diese unterschiedliche Behandlung wegen des Alters nach § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG zulässig sein.

BAG, Urt. v. 21.10.2014 - 9 AZR 956/12

Vorinstanz: LAG Rheinland-Pfalz - 6 Sa 709/11

AGG §§ 1, 3, 7, 10 Satz 1, 2 u. 3 Nr. 1

Das Problem

Steigt bei Arbeitnehmern mit zunehmendem Alter das Erholungsbedürfnis? Und wenn ja, ist dies von der Individualität des Arbeitnehmers und der ausgeübten Arbeit abhängig? Ab welchem Lebensalter kann ein Arbeitgeber seinen „älteren” Arbeitnehmern Mehrurlaub gewähren?

Die Beklagte, eine Schuhherstellerin, gewährt ihren Arbeitnehmern jährlich 34 Urlaubstage. So ist es auch im Arbeitsvertrag der Klägerin, einer Mitarbeiterin in der Produktion, festgeschrieben. Allen Arbeitnehmern, die das 58. Lebensjahr vollendet haben, gewährt die Beklagte ohne individuelle Vereinbarung freiwillig zwei zusätzliche Urlaubstage. Die 1960 geborene Klägerin ist der Auffassung, dieser Mehrurlaub sei altersdiskriminierend. Sie verlangt daher ebenfalls zwei zusätzliche Urlaubstage.

Die Entscheidung des Gerichts

Die Klage wurde in allen drei Instanzen abgewiesen. Die Klägerin werde zwar wegen des Alters nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG unmittelbar benachteiligt. Die Benachteiligung sei jedoch gem. § 10 Satz 1, 2 und 3 Nr. 1 AGG gerechtfertigt. Die Ungleichbehandlung verfolge ein legitimes Ziel, die Sicherstellung des Schutzes älterer Beschäftigter.

Die Altersgruppe „58 plus” könne ohne weiteres als ältere Beschäftigte i.S.v. § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG betrachtet werden. Die vom Gericht herangezogene Studie „Fortschrittsreport Altersgerechte Arbeitswelt”, Ausgabe 3 des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (Stand September 2013) belege zudem eine Verschlechterung des Gesundheitszustands mit fortschreitendem Lebensalter, insbesondere bei belastenden Berufen. Belastend sei der Beruf der Klägerin. Das LAG habe festgestellt, dass die Beschäftigten der Beklagten in der Schuhfertigung körperlich ermüdende und teils schwere Arbeiten leisten. Die Gewährung von zwei zusätzlichen Urlaubstagen sei daher geeignet, den erhöhten Erholungsbedarf auszugleichen.


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