Sündenregister: Ab wann ist man vorbestraft?

06.04.2021, Redaktion Anwalt-Suchservice
Vorstrafe,Führungszeugnis,Bewerbung,Straftat Vorstrafen können das künftige Arbeitsleben deutlich erschweren. © - freepik

Wer sich einem Strafverfahren gegenüber sieht, macht sich oft Sorgen darüber, ab wann man als „vorbestraft“ gilt. Dies führt in der Regel zu schlechteren Chancen auf dem Arbeitsmarkt.

Schnell kann man im Alltag in eine Situation kommen, in der man sich strafbar macht. Nicht selten passiert es im Straßenverkehr: Beschädigt man etwa beim Einparken ein anderes Auto und ergreift in einer Kurzschlussreaktion die Flucht, handelt es sich um eine Straftat. Strafbar macht sich auch, wer ohne gültige Haftpflichtversicherung mit einem Kraftfahrzeug unterwegs ist oder in dem Glauben, ein Kavaliersdelikt zu begehen, mal eben für eine Probefahrt ein fremdes Kennzeichen an einen nicht zugelassenen PKW schraubt. Zu einem Strafverfahren können auch zum Beispiel eine unterlassene Hilfeleistung bei einem Unfall oder die Beleidigung einer Politesse führen.

Wann spricht man von einer Vorstrafe?


Die „Vorstrafe“ ist eigentlich ein umgangssprachlicher Begriff. Man spricht üblicherweise von einer Vorstrafe, wenn jemand durch ein Strafgericht zu einer Strafe verurteilt wurde und das Urteil rechtskräftig ist, also kein Rechtsmittel mehr dagegen möglich ist. Dabei kann es durchaus nur um eine Geldstrafe gehen. Die Geldstrafe wegen einer Straftat muss man hier vom Bußgeld für eine Ordnungswidrigkeit unterscheiden: Bei letzterer spricht man nicht von einer Vorstrafe. Verurteilungen in Strafsachen werden im Bundeszentralregister registriert.

Was ist das Bundeszentralregister?


Geführt wird dieses Register vom Bundesamt für Justiz in Bonn. Eine Eintragung im Zentralregister hängt nicht von einem bestimmten Strafmaß ab; sie wird gleichermaßen bei Geldstrafen und Freiheitsstrafen durchgeführt. Daher ist es egal, ob Sie eine Bank ausgeraubt oder nach dem Verkratzen eines anderen Autos beim Einparken das Weite gesucht haben – Ihre Verurteilung wird eingetragen. Auch ein Strafbefehl wird im Register vermerkt.

Allerdings werden im Bundeszentralregister auch weitere Informationen zu Ihrer Person eingetragen: Zum Beispiel Entscheidungen von Verwaltungsbehörden (etwa den Widerruf einer Gewerbeerlaubnis) und Gerichten, Vermerke über Ihre Schuldunfähigkeit, Strafzurückstellungen bei einer Verurteilung wegen Betäubungsmittelsucht und auch nachträgliche Entscheidungen hinsichtlich schon bestehender Eintragungen.

Auch die Verhängung sogenannter Maßnahmen der Besserung und Sicherung nach Straftaten (etwa Führungsaufsicht, Entziehung der Fahrerlaubnis, Berufsverbot, Unterbringung in Entziehungsklinik) und zur Bewährung ausgesetzte Jugendstrafen mit festgestellter Schuld kommen ins Register.

Wann muss ich ein Führungszeugnis vorlegen?


Bei einigen Berufen kann der Arbeitgeber im Rahmen der Bewerbung ein Führungszeugnis bzw. „polizeiliches Führungszeugnis“ verlangen. Dies ist ein Auszug aus dem Bundeszentralregister. Ein solches Führungszeugnis über Ihre Person können Sie selbst beantragen. Es kann aber auch unter bestimmten Voraussetzungen durch eine Behörde beantragt werden. Es kann allerdings nicht durch Ihren Chef, Ihre Bank, Ihren Vermieter oder andere dritte Personen und Unternehmen beantragt werden.

Was steht nicht im Führungszeugnis?


Im Führungszeugnis wird nicht Ihr gesamter Eintrag im Bundeszentralregister wiedergegeben. So erscheinen darin zum Beispiel nicht:

- erstmalige Geldstrafen von maximal 90 Tagessätzen und erstmalige Freiheitsstrafen bis zu drei Monaten, wenn im Register keine andere Strafe eingetragen ist,

- erstmalige Verurteilungen zu Jugendstrafen von höchstens zwei Jahren unter Zurückstellung wegen Betäubungsmittelsucht (zugunsten einer stationären Therapie) oder mit Aussetzung zur Bewährung.

Dies gilt jedoch nicht, sobald es um Sexualstraftaten gegen Minderjährige und Schutzbefohlene geht. Die genannten Verurteilungen werden dann trotzdem wiedergegeben.

Nicht im Führungszeugnis erscheinen außerdem Vermerke über eine Verweigerung, Rücknahme oder den Widerruf von Gewerbeerlaubnissen und Berufsverboten.

Ein neuer Arbeitgeber erfährt also von den hier genannten Eintragungen nichts, auch wenn ihm ein Führungszeugnis vorgelegt wird. Über alles, was nicht per Gesetz im Führungszeugnis erwähnt werden muss, müssen Sie auch Ihren Arbeitgeber in der Regel nicht von sich aus informieren. Dementsprechend dürfen Sie sich dann als „nicht vorbestraft“ bezeichnen.

Wann habe ich eine Mitteilungspflicht gegenüber dem Arbeitgeber?


Bewerber müssen Ihrem künftigen Arbeitgeber grundsätzlich nur Informationen über sich geben, an denen dieser ein berechtigtes und schutzwürdiges Interesse hat. Beim Strafregister sind dies nur im Ausnahmefall Informationen, die über den Inhalt des Führungszeugnisses hinaus gehen. Der Arbeitgeber kann jedoch ein solches berechtigtes Interesse an solchen Informationen haben, wenn Vorstrafen direkt mit der geplanten Tätigkeit in Zusammenhang stehen – wie zum Beispiel eine Strafe wegen Unterschlagung bei einem Kassierer. In solchen Fällen kann der Bewerber also eine Mitteilungspflicht haben.

Was ist ein erweitertes Führungszeugnis?


In bestimmten Fällen kann der Arbeitgeber ein sogenanntes erweitertes Führungszeugnis verlangen. Dies ist etwa dann der Fall, wenn Sie sich für einen Beruf im Betreuungs- und Erziehungsbereich bewerben. Einige Behörden haben außerdem das Recht auf uneingeschränkte Einsicht in das Bundeszentralregister.

Wann werden die Einträge gelöscht?


Eintragungen im Bundeszentralregister werden nach einer gewissen Zeit gelöscht. Gelöschte Sünden aus der Vergangenheit müssen bei Bewerbungen nicht mitgeteilt werden. Beispielsweise war einem Mitarbeiter im Justizvollzugsdienst gekündigt worden, der 2003 wegen Körperverletzung und Betrug zu einer Jugendstrafe von sechs Monaten verurteilt worden war. Im Jahr 2010 hatte er dies bei seiner Bewerbung verschwiegen. Das Bundesarbeitsgericht sah die Kündigung als unwirksam an: Die Strafe sei nach fünf Jahren aus dem Bundeszentralregister gelöscht worden. Daher hätte sie der Bewerber nicht angeben müssen. Sie konnte also auch kein Kündigungsgrund sein (Az. 2 AZR 1071/12).

Praxistipp


Bei Fragen zum Thema Vorstrafen kann Sie ein Fachanwalt für Strafrecht am besten beraten. Bei Problemen mit dem Arbeitgeber sollten Sie einen Rechtsanwalt aufsuchen, der sich auf das Arbeitsrecht spezialisiert hat.

(Bu)


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 Stephan Buch
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