Unfall mit dem Mietwagen: Wann haftet der Mieter?

15.08.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Taxi,Mietauto,Kfz,Unfall,Mann Taxi und Mietwagen haben einen Unfall: Haftet auch der Mieter? © Bu - A
Das Wichtigste in Kürze

1. Haftung für Schäden: Auch der Fahrzeugführer eines Mietwagens ist grundsätzlich für alle Schäden am Fahrzeug sowie für Schäden, die durch das Fahrzeug verursacht werden, haftbar. Dies schließt Unfallschäden, Diebstahl und Vandalismus ein, sofern nichts anderes im Mietvertrag geregelt oder durch eine Versicherung abgedeckt ist.

2. Begrenzung auf Selbstbehalt: Auch, wenn der Mieter des gemieteten Autos zusätzlich eine Teil- oder Vollkasko abgeschlossen hat, haftet er in Höhe des in den allermeisten Mietverträgen vereinbarten Selbstbehalts.

3. Grobe Fahrlässigkeit: Oft schließen Autovermieter in ihren Vertragsklauseln die Beschränkung auf den Selbstbehalt für den Fall aus, dass der Mieter einen Schaden am Mietauto grob fahrlässig verursacht. Ob dies zulässig ist, wird von den Gerichten unterschiedlich beurteilt.
Wer ein Auto mietet, liest oft nicht genau im Vertrag nach, wie bei einem Unfall die Haftung geregelt ist. So mancher Autovermieter lockt seine Kunden gern mit einer Haftungsfreistellung – oft gegen Aufpreis. Es kommt jedoch vor, dass solche Regelungen durch andere Klauseln wieder eingeschränkt werden, die leider niemand liest. Was gilt dann, wenn der Mieter den Schaden am Mietauto auch selbst mit verschuldet hat?

Mietwagen gemietet: versichert und sorgenfrei?


Wie jedes andere Auto muss ein Mietwagen eine Haftpflichtversicherung haben, um auf die Straße zu dürfen. Bei einem Unfall bezahlt diese den Schaden des Unfallgegners. Hat man darüber hinaus eine Vollkaskoversicherung abgeschlossen oder mit dem Autovermieter eine sogenannte Haftungsfreistellung vereinbart, deckt diese auch den Schaden am Mietfahrzeug ab. Trotzdem können Mieter nach einem selbstverschuldeten Unfall oft nicht fröhlich nach Hause gehen, ohne etwas zu bezahlen. Denn: Der Autovermieter kann von ihnen immer noch Schadensersatz verlangen, und zwar für

- eine Selbstbeteiligung aus dem Versicherungsvertrag,
- Kosten, die durch eine Prämienerhöhung infolge des Unfalls entstehen.

Wenn man für den Mietwagen nur eine Teilkaskoversicherung abschließt, sind nur ganz bestimmte Schäden versichert. Dazu gehören Glasbruch, Brandschäden, Schäden durch Diebstahl und Zusammenstoß mit Haarwild. Schäden durch Vandalismus sind zum Beispiel nicht eingeschlossen.

Automietvertrag: Wo liegen die Fallstricke?


Häufig regelt der KfZ-Mietvertrag die Haftung des Mieters bei Schadensfällen. Darin heißt es dann beispielsweise, dass der Mieter den Schaden nur bis zu einer bestimmten Selbstbeteiligung zu bezahlen hat. Das Problem bei der Haftung ist jedoch oft die grobe Fahrlässigkeit. Es gibt nämlich mehrere Varianten von Vertragsklauseln, die bei grober Fahrlässigkeit des Fahrers die Haftungsbeschränkung wieder aufheben. Die Folge ist, dass man eben doch über die Selbstbeteiligung hinaus haftet. Grob fahrlässig ist etwa das Nichtbeachten einer roten Ampel oder das Überfahren eines Stoppschildes.

Bei grober Fahrlässigkeit nur anteilige Haftung?


2011 beschäftigte sich der Bundesgerichtshof mit einem Unfall, der vom Fahrer eines Mietwagens verursacht worden war. Nach einem Ehekrach war der Mann mit dem Auto zur Kneipe gefahren und auf der Rückfahrt betrunken gegen einen Baum gekracht. Laut Automietvertrag betrug die Selbstbeteiligung bei einem selbstverschuldeten Unfall 770 Euro. Dies galt jedoch nicht bei grober Fahrlässigkeit. Der Autovermieter forderte vom Mieter Ersatz des vollen Schadens in Höhe von 16.000 Euro.

Der BGH erklärte die Vertragsklausel über die grobe Fahrlässigkeit für unwirksam. Dies bedeute aber nicht, dass nur die Selbstbeteiligung zu zahlen sei. An die Stelle der unwirksamen Regelung würde der Grundgedanke des § 81 Absatz 2 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) treten. Diese Regelung betrifft eigentlich den Versicherer, ist nach Ansicht des BGH hier jedoch sinngemäß anwendbar. Demzufolge kann der Autovermieter anteilig Schadensersatz fordern, dessen Höhe davon abhängt, wie schwer das Verschulden des Mietwagenfahrers gewesen ist (Urteil vom 11.10.2011, Az. VI ZR 46/10).

Was gilt für die Haftung bei einem Unfall nach Rotlichtverstoß?


In einem anderen Fall hatte ein Auto-Mieter gegen Aufpreis mit dem Autovermieter vereinbart, dass seine Haftung sich bei selbst verursachten Schäden auf 350 Euro beschränken sollte – außer bei grober Fahrlässigkeit. Dann kam es zu einem Unfall durch einen Rotlichtverstoß. Der Autovermieter forderte Schadensersatz in Höhe von rund 5.300 Euro. Der Bundesgerichtshof sah auch diese Vertragsklausel über die grobe Fahrlässigkeit als unwirksam an: Werde gegen Aufpreis eine Regelung vereinbart, die einer Vollkasko mit Selbstbeteiligung entspreche, dürfe sich der Mieter auch darauf verlassen, einen entsprechenden Schutz zu haben.

Auch hier wendete der BGH anstelle der unwirksamen Regelung § 81 Absatz 2 VVG entsprechend an, wonach anteiliger Schadensersatz abhängig vom Verschulden gefordert werden kann. Nach dem BGH kam es hier nicht darauf an, dass es bei Vollkaskoversicherungen inzwischen üblich war, im Vertrag auf den Einwand der groben Fahrlässigkeit zu verzichten und den Kunden nur noch bei Alkoholfahrten und grob fahrlässig begünstigtem Diebstahl voll haften zu lassen.

Für die Ermittlung der genauen Haftungsquote wurde das Verfahren an die Vorinstanz zurückverwiesen (Urteil vom 15.7.2014, Az. VI ZR 452/13). In solchen Fällen muss man damit rechnen, dass der Auto-Mieter einen Schadensanteil zu zahlen hat, der zwar nicht den Wunschvorstellungen des Autovermieters entspricht, aber doch deutlich über dem vereinbarten Selbstbehalt liegt.

Wann gibt es keine Begrenzung auf den Selbstbehalt trotz grober Fahrlässigkeit?


Das Landgericht Bochum verhandelte einen Fall, in dem ein Mietwagenfahrer mit einem Transporter über eine Kreuzung mit ausgeschalteter Ampel gefahren war, ohne ein Stoppschild zu beachten. Deswegen kam es zur Kollision mit insgesamt drei Fahrzeugen, der Mietwagen durchbrach einen Zaun und landete in einem Vorgarten. Am gemieteten Transporter entstand Totalschaden. Auch hier war eine Haftungsbeschränkung vereinbart, die bei grober Fahrlässigkeit nicht gelten sollte.

In der Folge verklagte der Autovermieter seinen Kunden auf Ersatz von 50 Prozent des Schadens am Transporter, immerhin rund 6.700 Euro. Das Gericht gestand ihm diesen Betrag auch zu. Weil sich der Mieter des Fahrzeugs grob fahrlässig verhalten habe, gelte die Beschränkung seiner Haftung auf eine Selbstbeteiligung hier nicht. Mit der Wirksamkeit der Vertragsklauseln befasste sich das Gericht hier nicht. Der Fahrzeugmieter musste sogar die Vorhaltekosten für ein Ersatzfahrzeug ersetzen (36 Euro am Tag), welche der Autovermietung entstanden waren (Urteil vom 25.6.2015, Az. I-3 O 60/15).

Praxistipp für Unfälle mit dem Mietwagen


Unfälle mit einem Mietwagen können hohe Schadensersatzforderungen seitens des Kfz-Vermieters auslösen. Diese müssen nicht in jedem Fall auch gerechtfertigt sein. Mieter sollten daher nach einem Unfall mit dem Mietwagen den Mietvertrag und die Rechtslage zur Haftung von einem auf das Verkehrsrecht spezialisierten Anwalt prüfen lassen.

(Ma)


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 Ulf Matzen
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