Ungenehmigte Verwertung von Fotos eines Grundstücks auf Internetplattform

Autor: RA Prof. Dr. Elmar Schuhmacher, Lungerich Lenz Schuhmacher, Köln
Aus: IP-Rechtsberater, Heft 04/2011
Nur bei einer für ihn erkennbaren Eigentumsverletzung ist der Betreiber einer Internetplattform als Störer für eine Beeinträchtigung des Grundstückseigentums durch die ungenehmigte Verwertung von Fotos des Grundstücks auf seiner Plattform verantwortlich.

BGH, Urt. v. 17.12.2010 - V ZR 44/10 „Preußische Schlösser und Gärten”

Vorinstanz: OLG Brandenburg, Urt. v. 18.2.2010 - 5 U 12/09

BGB § 1004 Abs. 1; TMG § 7 Abs. 2

Das Problem:

Auf einer Internetplattform, auf der gewerblich und frei beruflich tätige Fotografen Fotos zum entgeltlichen Herunterladen ins Internet stellen können, sind ungefähr vier Millionen Bilder gespeichert. Darunter befinden sich auch zahlreiche Fotos von Kulturgütern, so z.B. Parkanlagen, Skulpturen sowie Außen- und Innenansichten historischer Gebäude, die von der öffentlich-rechtlichen Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg verwaltet werden. Letztere ist der Ansicht, der Betreiber des Bildportals dürfe diese Fotos nicht ohne ihre – hier nicht erteilte – Genehmigung vermarkten und verlangt von ihm u.a. die Unterlassung der Bereitstellung von Fotos der von ihr verwalteten Kulturgüter auf dem Bildportal, soweit diese nicht von öffentlich zugänglichen Plätzen außerhalb der verwalteten Anlagen oder zu privaten Zwecken angefertigt wurden.

Die Entscheidung des Gerichts:

Der BGH verneint einen Unterlassungsanspruch.

Beeinträchtigung des Grundstückseigentums durch Fotografieren des Gebäudes: Das Fotografieren eines Gebäudes oder einer Gartenanlage auf einem Grundstück könne das Grundstückseigentum beeinträchtigen. Eine Beeinträchtigung läge aber dann vor, wenn das Gebäude oder der Garten von dem Grundstück aus, auf dem sie sich befinden, fotografiert würden. In dieser Konstellation zähle zu den Befugnissen des Eigentümers auch das Recht, das äußere Erscheinungsbild der Sache zu verwerten. Jedoch sei der Plattformbetreiber für die hier geltend gemachte Beeinträchtigung des Eigentumsrechts durch die unbefugte Verwertung der Abbildungen nicht verantwortlich.

Handlungsstörung: Eine solche scheide aus, da der Betreiber zu keinem Zeitpunkt körperlich auf das Eigentum zugegriffen oder sonst die Nutzung der Grundstücke beeinträchtigt habe. Auch habe er alle Fotos weder selbst (ungenehmigt) angefertigt noch selbst auf ihre Plattform eingestellt oder sie vermarktet.

Zustandsstörung: Diese käme nur in Betracht, wenn es bei wertender Betrachtung Sachgründe dafür gäbe, dem Betreiber die Verantwortung für das Geschehen aufzuerlegen. Da es hier um die Verletzung eines aus dem Eigentum folgenden Rechts gehe, könnten insoweit die durch den BGH entwickelten Grundsätze bei der Verletzung von Urheberrechten oder gewerblichen Schutzrechten auf virtuellen Marktplätzen angewendet werden. Danach setze die Störerhaftung eines Dritten, der nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen habe, eine Verletzung von Prüfpflichten voraus. Deren Umfang bestimme sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten sei. Entsprechend § 7 Abs. 2 TMG sei es Betreibern von Internetplattformen aber nicht zuzumuten, jedes Angebot vor Veröffentlichung im Internet auf mögliche Rechtsverletzungen hin zu untersuchen. Etwas anderes gelte nur, wenn die Verletzung von absoluten Rechten oder andere Rechtsverstöße erkennbar seien, so dass der konkrete Verstoß abzustellen und eine Wiederholung zu verhindern sei. Eine solche Erkennbarkeit bestehe hier für den Betreiber aber nicht, da sich die Frage, ob die Fotos eine Beeinträchtigung des Eigentums darstellen, nicht nach dem Motiv bestimme, etwa der Innenaufnahme eines Gebäudes, sondern danach, ob der Fotograf die Erlaubnis zu gewerblichem Fotografieren erhalten habe, was den Fotos aber nicht anzusehen sei. Aus diesem Grunde sei auch der Einsatz einer Filtersoftware nicht zuzumuten, da es keine Merkmale gäbe, anhand derer solche Software nach Verdachtsfällen suchen könnte.


Wussten Sie schon?

Werden Sie jetzt Teilnehmer beim Anwalt-Suchservice und Sie greifen jederzeit online auf die Zeitschrift „IP-Rechtsberater“ des renommierten juristischen Fachverlags Dr. Otto Schmidt, Köln, zu.

Die Zeitschrift ist speziell auf Praktiker zugeschnitten. Sie lesen aktuelle Urteilsbesprechungen inklusive speziellem Beraterhinweis sowie Fachaufsätze und Kurzbeiträge zum Thema Urheber- / Medienrecht und zwar 24/7, also wo und wann immer Sie wollen.

Infos zur Teilnahme