Wichtiges BGH-Urteil für Journalisten – nicht jeder Verurteilte muss verpixelt werden!

04.07.2011, Autor: Herr Tim Geißler / Lesedauer ca. 2 Min. (2819 mal gelesen)
Ein rechtskräftig Verurteilter Straftäter darf auch entgegen der gerichtlichen Anordnung zur Verpixelung von Bildern seiner Person unverpixelt in Artikeln abgebildet werden, wenn ein erhebliches öffentliches Informationsinteresse an dem Fall besteht.

Dieses journalistenfreundliche Urteil hat der BGH in einer aktuellen Entscheidung vom 07.06.2011 gefällt (AZ: VI ZR 108/10).

Unverpixeltes Bild abgedruckt – Straftäter wehrte sich juristisch

Im vom BGH zur Entscheidung stehenden Fall hatte ein verurteilter Straftäter sich gegen die BILD-Zeitung gewehrt, nachdem diese ein Foto von ihm in einem Artikel aus dem Jahre 2008 mit der Überschrift „Irak-Terroristen müssen für Attentatsplan ins Gefängnis!“ entgegen einer richterlichen Anweisung unverpixelt verwendet hatte.
Zweimal erhielt der Straftäter im Instanzenzug Recht, nun hob der BGH die Urteile der niederen Gerichte auf. Die Richter argumentierten, dass der Schutz der Persönlichkeitsrechte des Verurteilten gegen das öffentliche Informationsinteresse abgewogen werden müsse. Im vorliegenden Falle hatte der Verurteilte als Mitglied einer Terrorgruppe einen Anschlag auf den irakischen Ministerpräsidenten geplant.
Die Richter erachteten für Recht, dass in diesem Fall das öffentliche Informationsinteresse die Persönlichkeitsrechte des Verurteilten überwiege. Auch eine Anordnung der Richter des Ausgangsverfahrens an die Journalisten, geschossene Bilder nur verpixelt darzustellen, ändere daran nichts.

Neues Urteil bringt dennoch keine eindeutige Rechtssicherheit

Zwar ist das dargestellte Urteil durchaus als journalistenfreundlich zu deuten – eine erhoffte Rechtssicherheit bringt es allerdings nicht. Ob in einem konkreten Fall das öffentliche Informationsinteresse nämlich tatsächlich die Persönlichkeitsrechte eines Verurteilten überwiegt, ist stets von den Umständen des Einzelfalles abhängig. Die endgültige Beurteilung und Wertung dieser Umstände kann daher immer nur ein Gericht im Nachhinein treffen.
Dennoch ermutigt das Urteil Journalisten, in Fällen mit großem Medienecho wie im dargestellten Verfahren zu agieren. Mit ihrer Entscheidung haben die Karlsruher Richter jedenfalls die journalistische Freiheit gestärkt, da das aktuelle (höchstrichterliche) Urteil im Falle von Klagen gegen Zeitungsherausgeber dem eingeschalteten Rechtsanwalt eine wichtige Argumentationshilfe bietet.

Tim Geißler
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Strafrecht