Widerrufsrecht des Verbrauchers bei Fernabsatzverträgen über Heizöl

17.07.2015, Autor: Herr Ulrich Sefrin / Lesedauer ca. 3 Min. (279 mal gelesen)
BGH entscheidet die Streitfrage, ob bei Fernabsatzgeschäften über Heizöl ein Widerrufsrecht besteht.

Bei Verträgen, die telefonisch oder im Internet geschlossen werden (so genannte Fernabsatzverträge) hat der Verbraucher ein Widerrufsrecht. Dieses Widerrufsrecht besteht allerdings nicht uneingeschränkt. Bei einigen Verträgen ist das Widerrufsrecht gesetzlich ausgeschlossen. Hierzu gehören unter anderem Verträge über die Lieferung von Waren, deren Preis auf dem Finanzmarkt Schwankungen unterliegt, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat. Entsprechende Regelungen fanden sich bis Juni 2014 in § 312d Abs. 4 Nr. 6 BGB und heute in § 312g Abs. 2 Nr. 8 BGB.

Da Öl an der Börse gehandelt wird und der Preis innerhalb der Widerrufsfrist von 2 Wochen um mehrere Euro pro 100 l schwanken kann, war umstritten, ob das Widerrufsrecht bei Verträgen über die Lieferung von Heizöl besteht, oder ob es im Hinblick auf die vorerwähnten Vorschriften ausgeschlossen ist. Nach einer Auffassung Auffassung ist das Widerrufsrecht des Verbrauchers ausgeschlossen, weil es sich bei Heizöl um Waren handelt, deren Preis auf dem Finanzmarkt täglichen Schwankungen unterliegt, auf die Unternehmer keinen Einfluss hat und die innerhalb der Widerrufsfrist auftreten können. Dies soll auch dann gelten, wenn der Unternehmer mit dem Verbraucher einen Festpreis vereinbart hat, weil dieser dem Verbraucher die Spekulation eröffnet. Die Vorschrift soll nämlich verhindern, dass der Verbraucher die Ware erwerben und dann das Widerrufsrecht dazu ausnutzen, sich für den Fall eines Preisverfalls vom Geschäft loszusagen und zu günstigeren Konditionen abzuschließen. Die mittelbare Abhängigkeit des Preises ist demnach ausreichend.

Nach anderer Auffassung ist das Widerrufsrecht nicht ausgeschlossen, da der Preis zwischen Händler und Verbraucher fest vereinbart sein und nicht Marktschwankungen unterliegt.
Diese Streitfrage ist nunmehr vom Bundesgerichtshof (BGH) dahingehend entschieden worden, dass die Vorschrift des § 312d BGB auf Verträge über die Lieferung von Heizöl nicht anwendbar ist, dem Verbraucher also ein Widerrufsrecht zusteht. Zur Begründung stützt sich der BGH darauf, dass es sich bei der Vorschrift des § 312d Abs. 4 Nr. 6 BGB um eine eng auszulegende Ausnahmevorschrift handelt. Es kommt weder darauf an, ob auf den Rohölpreis als Basiswert abzustellen ist oder ob Heizöl unmittelbar an einer Waren- oder Rohstoffbörse gehandelt wird. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Händler selbst das Heizöl unmittelbar an einer solchen Börse oder bei einem Vorlieferanten bezieht. Entscheidend ist vielmehr, dass Geschäft über den Ankauf von Heizöl durch den Verbraucher keinen spekulativen Kern aufweist. Der Kauf von Heizöl dient dem Verbraucher nämlich nicht dazu durch Weiterveräußerung einen finanziellen Gewinn zu erzielen sondern ist typischerweise auf Eigenversorgung gerichtet. Dass die Ausübung des Widerrufsrechts die Möglichkeit gibt, sich vom Vertrag zu lösen, wenn der Heizölpreis innerhalb der Widerrufsfrist verfällt ist vom Gesetz so angelegt und deshalb hinzunehmen.

Da der Händler im vorliegenden Fall nicht über die Möglichkeit des Widerrufs belehrt hat, ist die Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt worden, so dass auch der ca. 6 Wochen später erklärte Widerruf noch rechtzeitig war.

Das Urteil befasst sich zwar lediglich mit der bis Juni 2014 maßgeblichen Fassung des § 312d Abs. 4 Nr. 6 BGB. Die Begründung des BGH kann aber nur dahingehend verstanden werden, dass sie auch auf auch die heute maßgebliche Vorschrift des § 312g Abs. 2 Nr. 8 BGB zu übertragen ist, so dass auch für aktuell abgeschlossene Verträge ein Widerrufsrecht besteht.

Quelle: BGH Urteil vom 17. Juni 2015, VIII ZR 249/14