Wiederkehrende Anliegerbeiträge in Bayern

31.07.2016, Autor: Herr Janus Galka / Lesedauer ca. 4 Min. (249 mal gelesen)
Einführung von wiederkehrenden Anliegerbeiträgen in Bayern - Fluch oder Segen?

Warum wurden die wiederkehrenden Beiträge eingeführt?

Die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen wurde nicht nur in bayerischen Gemeinden sondern auch vor allem innerhalb der betroffenen Anlieger heftig diskutiert. Insbesondere wurde einerseits von den Gemeinden beklagt, sie wurden teilweise gezwungen, entsprechende Straßenausbaubeitragssatzungen zu erlassen. Andererseits zeigte die Statistik, dass innerhalb Bayerns die Erforderlichkeit der Erhebung der Beiträge von der „Strenge” der Aufsichtsbehörden abhing. Manche Landratsämter bzw. Regierungen drückten „ein Auge zu” und die Gemeinden hatten entsprechende Satzungen nicht erlassen, erneuert bzw. einfach wieder aufgehoben.

Auf diese Entwicklung reagierte der bayerische Gesetzgeber und eröffnete zum 01.04.2016 die Möglichkeit auch in Bayern, sogenannte wiederkehrende Beiträge zu erheben.

Wie lauten die maßgeblichen Vorschriften im Wortlaut?

Art. 5b (auszugsweise)

Wiederkehrende Beiträge für Verkehrsanlagen

(1) 1Die Gemeinden können durch Satzung bestimmen, dass anstelle der Erhebung einmaliger Beiträge nach Art. 5 Abs. 1 die jährlichen Investitionsaufwendungen für die in ihrer Baulast stehenden Verkehrseinrichtungen (Verkehrsanlagen) nach Abzug der Eigenbeteiligung (Abs.3) als wiederkehrende Beiträge auf die beitragspflichtigen Grundstücke verteilt werden. In der Beitragssatzung kann geregelt werden, dass sämtliche in Satz 1 genannten Verkehrsanlagen des gesamten Gebiets oder einzelner, voneinander abgrenzbarer Gebietsteile der Gemeinde eine einheitliche öffentliche Einrichtung bilden, für deren Erneuerung oder Verbesserung vorteilsbezogene Beiträge für Grundstücke erhoben werden können, von welchen die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit einer Zufahrt oder eines Zugangs zu einer dieser Verkehrsanlagen besteht. Ein Nebeneinander von einmaligen und wiederkehrenden Beiträgen in der Gemeinde ist zulässig. Die Entscheidung über die eine Einheit bildenden Verkehrsanlagen trifft die Gemeinde unter Beachtung der örtlichen Gegebenheiten.5Werden Verkehrsanlagen einzelner, voneinander abgrenzbarer Gebietsteile als einheitliche öffentliche Einrichtung bestimmt, ist dies zu begründen und in der Satzung entsprechend festzulegen.

(2) Bei der Ermittlung des Beitragssatzes kann anstelle der jährlichen Investitionsaufwendungen vom Durchschnitt der im Zeitraum von bis zu fünf Jahren zu erwartenden Aufwendungen ausgegangen werden.2Weichen nach Ablauf dieses Zeitraums die tatsächlichen von den im Durchschnitt erwarteten Aufwendungen ab, ist das Beitragsaufkommen der folgenden Jahre entsprechend auszugleichen. Die Gemeinde ist nicht verpflichtet, in jedem Jahr Aufwendungen zu tätigen.4Soweit einmalige Beiträge nach Art. 5 Abs. 1 für Verkehrsanlagen noch nicht entstanden sind, können die Gemeinden den vor Inkrafttreten der Satzung über die Erhebung wiederkehrender Beiträge angefallenen beitragsfähigen Investitionsaufwand verteilt auf einen Zeitraum von höchstens 20 Jahren bei der Ermittlung des Beitragssatzes berücksichtigen.

(3) Die nach Art. 5 Abs. 3 festzulegende Eigenbeteiligung muss dem Verkehrsaufkommen in der einheitlichen öffentlichen Einrichtung entsprechen, das nicht den Beitragspflichtigen zuzurechnen ist. Sie beträgt mindestens 25 Prozent.

(4) Die Beitragsschuld entsteht jeweils mit Ablauf des 31. Dezember für das abgelaufene Jahr. Auf die Beitragsschuld können ab Beginn des Kalenderjahres, in dem die Beitragsschuld entsteht, angemessene Vorauszahlungen nach Art. 5 Abs. 5 Satz 1 und 2 verlangt werden.

(5) Die Gemeinden treffen durch Satzung Überleitungsregelungen für die Fälle, in denen vor oder nach der Einführung der wiederkehrenden Beiträge Erschließungsbeiträge nach Art. 5a oder Ausgleichsbeträge nach dem Baugesetzbuch oder Kosten der erstmaligen Herstellung auf Grund öffentlich-rechtlicher Verträge, insbesondere Erschließungsverträge, sonstiger städtebaulicher Verträge oder Durchführungsverträge zu einem Vorhaben- und Erschließungsplan nach dem Baugesetzbuch oder für Verkehrsanlagen einmalige Beiträge nach Art. 5 Abs. 1 geleistet wurden oder noch zu leisten sind. Dabei ist ein Zeitraum von höchstens 20 Jahren zu bestimmen, innerhalb dessen die Grundstücke bei der Ermittlung des wiederkehrenden Beitrags nicht berücksichtigt und nicht beitragspflichtig werden. Bei der Bestimmung des Zeitraums sollen die übliche Nutzungsdauer der Verkehrsanlagen und der Umfang der einmaligen Belastung berücksichtigt werden.4Stellen Gemeinden von wiederkehrenden Beiträgen auf einmalige Beiträge nach Art. 5 um, sind vor der Umstellung geleistete wiederkehrende Straßenausbaubeiträge auf den nächsten Einmalbeitrag anzurechnen. In der Satzung ist der Umfang der Anrechnung nach Satz 4 zu bestimmen; dabei ist der Zeitraum der üblichen Nutzungsdauer der Verkehrsanlagen zu berücksichtigen.6Wiederkehrende Beiträge, deren Zahlung, gerechnet ab dem Zeitpunkt der Entstehung der Beitragspflicht, länger als der Zeitraum der üblichen Nutzungsdauer zurückliegt, können auf den einmaligen Beitrag nicht angerechnet werden.

Was sind die wesentlichen Neuerungen?

- Gemeinden dürfen nun wiederkehrende Beiträge erheben, können aber auch nach wie vor bei der alten Abrechnungsmethode bleiben (Gemeinden haben die Wahl)

- auch einmalige und wiederkehrende Beiträge sind nebeneinander zulässig, sofern sie nicht die gleiche Einrichtung (Straße) betreffen

- es sind Übergangsregelungen vorgesehen (vor allem für die Frage der Abrechnung von Straßen kurz nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes fertig werden)

- die wiederkehrenden Beiträge werden einmal jährlich erhoben und zwar von allen Grundstückseigentümern der sogenannten einheitlichen öffentlichen Einrichtung (d. h. allen in eine Abrechnungseinheit fallenden Straßen).

- die Gemeinde muss nicht jedes Jahr Aufwendungen für die Straßen tätigen, wenn keine getätigt werden, fällt (in diesem Jahr) auch kein Beitrag an

- es werden nicht alle Kosten umgelegt, auch in der neuen Regelung muss ein Gemeindeanteil (mindestens 25 %) abgezogen werden

Die Regelung ist neu und deshalb muss abgewartet werden, wie sie von den Gemeinden angenommen wird und wie die Gerichte zu den einzelnen Vorschriften entscheiden werden. Insbesondere wird interessant sein, wie die Gemeinden die Umstellungsphase meistern bzw. wie die neuen Satzungen der Gemeinden ausgestaltet sein werden. Die neue Regelung bildet jedenfalls viel Stoff für neue rechtliche Auseinandersetzungen, wie sie schon aus Rheinland-Pfalz bekannt sind.


Autor dieses Rechtstipps

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