Zum drohenden Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit durch die sog. Optionspflicht in § 29 StAG

12.09.2013, Autor: Herr Peter von Auer / Lesedauer ca. 2 Min. (1667 mal gelesen)
Über den Sinn und die Rechtmäßigkeit der sogenannten Optionspflicht in § 29 StAG (= Staatsangehörigkeitsgesetz), nach welcher Doppelstaatern mit Erreichen der Volljährigkeit der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit droht, wenn sie die ausländische Staatsangehörigkeit beibehalten wollen, wird - da sie im Jahre 2013 ihre ersten Opfer fordert - aktuell wieder stark kontorvers diskutiert. Zu dieser Diskussion haben das Deutsche Institut für Menschenrechte und das MenschenRechtsZentrum der Universität Potsdam mit einer am 05.09.2013 veröffentlichten Studie einen Beitrag geleistet.

Das Deutsche Institut für Menschenrechte und das MenschenRechtsZentrum der Universität Potsdam haben am 05.09.13 eine Studie zur völkerrechtlichen, europarechtlichen und menschenrechtlichen Bewertung der Optionsregelung veröffentlicht.

Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die Optionspflicht aus menschenrechtlicher Perspektive in mehrfacher Hinsicht höchst problematisch ist. In bestimmten Fallkonstellationen verstoße sie gegen das grundgesetzliche Verbot des Entzugs der Staatsangehörigkeit. Die Anknüpfung an die Abstammung erweise sich im Hinblick auf Art. 3 Absatz 3 Satz 1 GG (=Grundgesetz) als höchst problematisch. In gleich mehrfacher Hinsicht stelle sich die Optionsregelung als nach Art. 3 Absatz 1 GG verbotene Ungleichbehandlung dar. Hinzu kämen Verstöße gegen europäisches Unionsrecht sowie Probleme und Widersprüche bei der Umsetzung.

Nicht behandelt wird in dieser Studie ein anderer Ansatz, wonach der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit dann nicht zumutbar i.S.d. § 29 Abs. 4 StAG ist, wenn der Betroffene in beiden Staaten, deren Staatsangehörigkeitsrecht er besitzt, familiär, politisch-kulturell verwurzelt ist. Unter diesen Umständen liegt nach diesem Ansatz in dem Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit ein Verstoß gegen Art. 8 EMRK (= Achtung von Privat- und Familienleben) vor - so dass dem Betroffenen eine Beibehaltungsgenehmigung erteilt werden muss.

Dieser letztgenannte Ansatz lehnt sich an die Entscheidung des EGMR (= Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte) an, der in dem Fall "Genovese vs. Malta" (Nr. 53124/09) am 11.10.11 entschieden hat, dass die Staatsangehörigkeit Teil der sozialen Identität ist und deren Verweigerung einen Verstoß gegen Art. 8 und 14 EMRK darstellen kann.

In dem konkreten Fall untersuchte der EGMR die Verweigerung der maltesischen Staatsbürgerschaft für ein außerhalb von Malta unehelich geborenes Kind einer nicht-maltesischen Mutter und eines gerichtlich anerkannten maltesischen Vaters. Die Verweigerung der Staatsbürgerschaft alleine stellte noch keine Verletzung von Art. 8 EMRK dar; das Gericht war aber der Auffassung, dass die Auswirkung der Verweigerung auf die soziale Identität des Beschwerdeführers in den allgemeinen Anwendungsbereich von Art. 8 EMRK falle und dass Art. 8 in Verbindung mit Art. 14 EMRK aufgrund der mit der Verweigerung verbundenen Willkür und Diskriminierung verletzt worden sei.

Die eingangs genannte Studie kann auf meiner homepage unter "Aktuelles zum Staatsangehörigkeitsrecht" im pdf-Format abgerufen werden.

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