Zur Anwendung des Laienprivilegs auf private Forenbetreiber

Autor: RA Dr. Philip Lüghausen, Terhaag & Partner, Düsseldorf
Aus: IP-Rechtsberater, Heft 11/2011
Der Betreiber eines in der Freizeit betriebenen Meinungsforums kann sich dann nicht auf das Laienprivileg berufen, wenn das Forum seit Jahren an der öffentlichen Meinungsbildung beteiligt ist und nicht bloß einen punktuellen Beitrag zur Diskussion leistet.

LG Köln, Urt. v. 11.5.2011 - 28 O 72/11 „Nürburgring-Forum”

BGB §§ 823 Abs. 1, 1004; GG Art. 5

Das Problem:

Die beim Bau und der Finanzierung der Umgestaltung des Nürburgrings seit mehreren Jahren Beteiligten hatten im Vorfeld des hiesigen Verfahrens einen Unterlassungstitel gegen die Berichterstattung in einer Tageszeitung, die unwahre Tatsachenbehauptungen über deren Einflussnahme und finanzielle Beteiligung enthielt, erwirkt.

Der Betreiber eines in seiner Freizeit betriebenen Internetforums, das dem Erfahrungs- und Meinungsaustausch zu Finanzierungsfragen des Nürburgringprojektes dient (ca. 60.000 Beiträge), veröffentlichte den zuvor benannten Zeitungsbeitrag im Originalwortlaut in seinem Internetforum. Die in dem Zeitungsartikel genannten Personen und Unternehmen nehmen nach erfolgter Abmahnung nun auch den Betreiber des Internetforums auf Unterlassung in Anspruch. Dieser ist der Ansicht, er hafte nicht für die Beiträge in dem Forum und könne sich insoweit auf das telemedienrechtliche Haftungsprivileg berufen. Überdies gelte für ihn das sog. „Laienprivileg”, er widme sich dem Forum in seiner Freizeit und habe als Laie weder die Möglichkeit noch die Pflicht, die Berichterstattung in einer Zeitung zu überprüfen.

Die Entscheidung des Gerichts:

Das LG Köln gab der Klage der Bau- und Finanzierungsbeteiligten statt.

Keine Haftungsprivilegierung des Forenbetreibers: Der Forenbetreiber könne sich nicht auf eine Haftungsprivilegierung aus dem „Laienprivileg” berufen. Nach den Vorgaben des BVerfG ist es im Lichte des Art. 5 Abs. 1 GG Privatpersonen erlaubt, Presseberichte anderer in gutem Glauben aufzugreifen, wenn die Berichterstattung nicht erkennbar überholt war oder widerrufen worden ist (BVerfG, Beschl. v. 14.11.2007 – 1 BvR 1555/88, BVerfGE 85, 1 ff.). Dem Bürger komme – anders als der Presse – keine besondere Sorgfaltspflicht bei der Verbreitung rechtsverletzender Tatsachen, insbesondere in Politik- und Wirtschaftsbereichen zu. Ihm sei es regelmäßig nicht möglich, Beweise oder Belegtatsachen aufgrund eigener Nachforschung beizubringen. Eine andere Handhabe hätte zur Folge, dass herabsetzende Tatsachen, die der Presse entnommen sind, nicht mehr zur Stützung der eigenen Meinung verwendbar wären. Damit träte eine Lähmung der individuellen Meinungsfreiheit und des gesellschaftlichen Kommunikationsprozesses ein. Dieses Privileg gelte grundsätzlich auch für die laienhafte Verbreitung auf Websites (KG, Urt. v. 29.1.2009 – 10 W 73/08, MMR 2009, 482).

Auch privates Internetforum kann „auf Dauer angelegte mediale Öffentlichkeit” sein: Das „weit beachtete” und seit zehn Jahren an der öffentlichen Meinungsbildung beteiligte Forum sei als eine „auf Dauer angelegte mediale Öffentlichkeit” anzusehen. Der Betreiber eines solchen Forums beschränke sich nicht auf einzelne Äußerungen zur Beteiligung an der öffentlichen Meinungsbildung und könne sich als daher nicht auf das Laienprivileg berufen. Dies gelte unabhängig davon, ob er das Forum allein in seiner Freizeit betreibt.


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