Abwicklung von Vertragsverhältnissen in der Insolvenz

28.05.2012, Autor: Herr Hermann Kulzer / Lesedauer ca. 2 Min. (3188 mal gelesen)
Die im Privatrecht geltende Maxime, dass Verträge gehalten werden müssen, wird durch das Wahlrecht des Insolvenzverwalters modifiziert.

I. Wahlrecht der Verwalters gemäß § 103 InsO
1. Zweck
a) Möglichkeit der Massemehrung durch Verwalter
b) Schutz des Vertragspartners

2. Voraussetzungen des Wahlrechts
a) Gegenseitiger Vertrag
b) Beiderseitig nicht vollständige Erfüllung
c) Erkärung des Insolvenzverwalters
d) Kein Ausschluss oder Beschränkung des Wahlrechts

II. Sonderbestimmungen gemäß § 105 InsO

1. Vormerkungen, § 106 InsO
2. Fix- und Termingeschäfte, § 104 InsO
3. Eigentumsvorbehalt, § 107 InsO
4. Auftrag, Geschäftsbesorgung und Vollmacht, § 117 InsO

Das Insolvenzvertragsrecht ist in § 103 ff InsO geregelt. Die im Privatrecht geltende Maxime, dass Verträge gehalten werden müssen (pacta sunt servanda), wird durch das Wahlrecht des Insolvenzverwalters modifiziert.

I. Wahlrecht der Verwalters gemäß § 103 InsO

1. Zweck

a) Möglichkeit der Massemehrung durch Verwalter

Dér Insolvenzverwalter soll durch das Wahlrecht die Möglichkeit haben, beiderseitig noch nicht vollständig abgewickelte Verträge zu erfüllen, soweit dies für die Masse von Vorteil ist oder die Erfüllung abzulehnen, wenn dies für die Masse ungünstig wäre. Der Insolvenzverwalter soll bei Erfüllung des Vertrages den Vermögenswert zur Masse ziehen, vgl. BGHZ 135, 25 ff..

Das Wahlrecht steht aber nicht schon dem vorläufigen Verwalter, sondern nur dem endgültigen Verwalter zu.

b) Schutz des Vertragspartners

Der Vertragspartner soll aber nur dann zur Erbringung ausstehender Leistungen verpflichtet sein, wenn der Insolvenzverwalter ihm eine vollwertige Gegenleistungen, also keine Kürzung der Gegenleistung auf eine Insolvenzquote anbieten und leisten kann.

2. Voraussetzungen des Wahlrechts

a) Gegenseitiger Vertrag

Vollkommen zweiseitiger Vertrag i.S.d. § 320 InsO z.B. Kaufvertrag, Bauvertrag, Werkvertrag ua.

b) Beiderseitig nicht vollständige Erfüllung

Der Leistungserfolg darf noch nicht eingetreten sein, BGHZ 87, 156.

Abgrenzung:
Ist der gegenseitige Vertrag bereits vor Eröffniung des Insolvenzverfahrens von beiden Seiten oder einer Seite vollständig erfüllt worden, sind § 103 ff InsO nicht anwendbar.

Beim Kaufvertrag hat der Verkäufer seine Pflicht erst mit der Übereignung einer mangelfreien Sache an den Käufer erfüllt, § 433 Abs.1 BGB.

c) Erkärung des Insolvenzverwalters

Der Insolvenzverwalter muss das Wahlrecht ausüben durch Erkärung gegenüber dem Vertragspartner. Dem kann die Aufforderung zur Wahlrechtsausübung durch den Vertragspartner gemäß § 103 Abs 2 S.2 InsO vorausgehen. Der Verwalter muss sich dann unverzüglich erklären.

Der Insolvenzverwalter kann eine Erkärung nicht mehr widerrufen, er kann sie allenfalls wegen Irrtums anfechten.

d) Kein Ausschluss oder Beschränkung des Wahlrechts

In der Praxis sind Lösungsklauseln zulässig, die nicht von § 119 InsO erfasst sind.

3. Folgen und Wirkungen der Wahlrechtsausübung

a) Verwalter rückt an Stelle des Schuldners

Wenn der Insolvenzverwalter die Erfüllung des Vertrages gemäß § 103 InsO wählt, so muss er - anstelle des Schuldners- den Vertrag erfüllen.

b) Masseverbindlichkeiten werden begründet

Verbindlchkeiten des Schuldners sind Masseverbindlichkeiten, § 55 Abs.1 Nr. 2 Alt.1 InsO.

c) Vereinbarte Leistungskonditionen gelten fort

Es gelten die vereinbarten Leistungsmodalitäten. Muss der Vertragspartner in Vorleistung gehen, darf er kein Leistungsverweigerungsrecht geltend machen, es sei denn, der Insolvenzverwalter ist erkennbar nicht in der Lage zur vollständigen Erfüllung der Masseverbindlichkeiten.

d) Wirkung ex nunc

Die gegenseitigen Ansprüche werden bei Erfüllungswahl ex nunc also neu begründet.

e) Folgen bei Ablehnung der Erfüllung

Lehnt der Insolvenzverwalter die Erfüllung ab, kann keine der beiden Parteien mehr die Erfüllung verlangen. Statt dessen gewährt § 103 Abs.2 S.1 InsO dem Vertragspartner einen Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung, den der Vertragspartner als Insolvenzgläubiger zur Tabelle anmelden muss und der im Verfahren in Höhe der Insolvenzquote bedient wird.

II. Sonderbestimmungen gemäß § 105 InsO

1. Vormerkungen, § 106 InsO
2. Fix- und Termingeschäfte, § 104 InsO
3. Eigentumsvorbehalt, § 107 InsO
4. Auftrag, Geschäftsbesorgung und Vollmacht, § 117 InsO