Anbau von Cannabispflanzen, sog. homegrowing - was ist strafbar? mit welcher Strafhöhe ist zu rechnen?

12.07.2018, Autor: Frau Claudia Wüllrich / Lesedauer ca. 3 Min. (4668 mal gelesen)
Warum ist es legal, daß head-und growshops Utensilien für den Anbau von Cannabispflanzen anbieten, zugleich dieser aber strafbar ist? Und mit welchen Strafen ist zu rechnen, wenn eine homegrowing-Anlage aufgefunden wird?

Anbau von Cannabispflanzen, sog. homegrowing - Kauf und Verkauf von dafür benötigten Utensilien - Strafbarkeit - Strafhöhe


1) Wie ist die rechtliche Lage für den Käufer von Hanfsamen ?

Der Kauf von Cannabissamen ist strafbar, sofern er zum unerlaubten Anbau bestimmt ist.
Der Strafrahmen reicht von Geldstrafe bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe.
Eine Strafschärfung sieht § 30 a BtmG vor. Danach reicht der Strafrahmen von 5 Jahren bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe, wenn der Täter als Mitglied einer Bande handelt, im "minder schweren" Fall von 6 Monaten bis zu 5 Jahren.
- Anmerkung: eine "Bande" liegt vor bei 3 Personen. So kann der Vorwurf des "bandenmäßigen Anbaus" bereits erfolgen, wenn 3 Personen in einer WG leben und gemeinsam Betäubungsmittel anbauen.

2) Ist der Verkauf von Utensilien, welche zur Aufzucht von Hanf benötigt werden, in sog. Head-und Growshops trotzdem legal?

Da die von solchen Läden angebotenen Anbauutensilien grundsätzlich auch für einen legalen Anbau nutzbar sind (z.B. in der Landwirtschaft), kann nicht von vornherein von einer strafbaren Handlung durch die Betreiber dieser Läden ausgegangen werden, so daß der Verkauf grundsätzlich erlaubt ist.

- aber:
sollte festgestellt werden, daß der Händler "den illegalen Betäubungsmittelanbau fördert", ohne daß ihm ein konkretes strafbares Handeln nachzuweisen ist, kann darauf mit einer teilweisen oder vollständigen Gewerbeuntersagung reagiert werden

3) Ab wann wird von Hanfanbau gesprochen ?

Der Anbau beginnt dann, wenn der Samen in die Erde gegeben wird, so daß aus ihm eine Pflanze wachsen kann.

4) Welche Strafen sind für den Anbau zu erwarten?

-- Grundsätzliches

Grundsätzlich ist die Menge in Verfahren wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz von entscheidender Bedeutung. Diese bemißt sich beim Anbau sowohl nach der Menge der Pflanzen als auch nach dem Wirkstoffgehalt, so er denn festzustellen ist. Aber auch die Professionalität spielt eine gewichtige Rolle.
Die Folgen können für einen Beschuldigten recht unterschiedlich sein, je nachdem, in welchem Bundesland er verfolgt wird.

-- Beispiele aus Literatur und Rechtsprechung

In der Literatur wird die Meinung vertreten, daß eine Einstellung wegen "geringer Schuld" grundsätzlich erfolgen könne, wenn es um einen Anbau von nicht mehr als 3 Pflanzen geht und diese nicht in einer professionellen Aufzuchtanlage aufgefunden wurden.

Aber: Das Bayerische Oberste Landesgericht (heute: OLG) hat 1994 entschieden, daß es nicht gegen das Übermaßverbot verstößt, wenn eine Einstellung bei nur 2 aufgefundenen Cannabispflanzen und einem nur unregelmäßigen Konsum des Beschuldigten nicht erfolgt.

Das LG Hamburg hat hingegen in einer Entscheidung von einer Strafe bei 14 Cannabispflanzen gem. § 29 V BtmG abgesehen.

Das AG Düsseldorf verurteilte einen Angeklagten bei 5 Cannabispflanzen, 3,50 m hoch, 20 kg Blattmaterial, rd. 11 g THC, zu 6 Monaten Freiheitsstrafe, ausgesetzt zur Bewährung.

Das AG Dresden kam bei 6 Cannabispflanzen mit 3,2 kg Pflanzenmaterial, rd. 88 g THC, zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr, ausgesetzt zur Bewährung.

Das AG Nördlingen verurteilte einen Angeklagten bei 24 Cannabispflanzen zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten, ausgesetzt zur Bewährung.

5) Anbau von "großen" Mengen - Strafbarkeit aufgrund anderer Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz

-- Besitz von Betäubungsmitteln

Es gibt gesetzlich nicht den "Anbau von nicht geringen Mengen Betäubungsmittelpflanzen". Allerdings kann zugleich mit dem Anbau auch ein Besitz von Betäubungmitteln vorliegen. In der Praxis werden daher i.d.R. auch Gutachten zum Wirkstoffgehalt der Pflanzen eingeholt. Dies ist häufig erst dann möglich, wenn die Pflanzen nach der Beschlagnahme durch die Polizei heranreifen und geerntet werden.
In den Fällen ist dann fraglich, inwiefern eine ggfs. hohe Wirkstoffmenge bei ggfs. nur wenigen Pflanzen dem Täter noch zuzurechnen sind.

-- Handeltreiben mit Betäubungsmitteln

Bei Anbau von vielen Pflanzen oder eben sehr wirkstoffreichen, welche bei Aberntung eine nicht mehr geringe Menge von THC aufweisen, kommt als weiteres Delikt auch Handeltreiben in Betracht. Das "Handeltreiben" wird grundsätzlich anhand der äußeren Umstände festgestellt - also bei Erzielen von Mengen, die deutlich über den Eigenkonsum hinausgehen, Auffinden von Waagen, Verpackungsmaterial. Auch eine professionelle Aufzuchtanlage kann ein solcher Umstand sein.

-- Strafmilderungserwägungen

Umgekehrt ist der geringe THC-Gehalt bei einer hohen Anzahl von Pflanzen als strafmindernd zu werten, genau so wie eine eher schlechte, sehr unprofessionelle Anbauweise, wenn sie schlicht in Blumentöpfe eingesetzt sind, wenn Pflanzen bereits vertrocknet sind.

6) Ergebnis

Die Verteidigung in Verfahren wegen Anbaus von Cannabispflanzen erfordert umfassende Kenntnisse der Rechtsprechung und der Literatur. Sie ist mit einem Beschuldigten vertrauensvoll vorzubereiten, alle gegen den Vorwurf sprechenden Umstände und für den Beschuldigten einzuwendenden Argumente sind zu erarbeiten.
Ich biete meinen Mandanten diese Verteidigungstätigkeit.
Seit Anbeginn meiner Berufstätigkeit bin ich als Strafverteidigerin schwerpunktmäßig auf dem Gebiet des Drogenstrafrechts tätig. Gern stehe ich Ihnen mit meinem Können und meiner Erfahrung als Verteidigerin zur Verfügung, www.rain-wuellrich.de


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