Anordnung einer Betreuung durch das Gericht trotz Vorsorgevollmacht

24.08.2011, Autor: Herr Erik Hauk / Lesedauer ca. 2 Min. (2639 mal gelesen)
§ 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB: Das Betreuungsgericht (das Vormundschaftsgericht beim Amtsgericht) bestellt für einen Volljährigen einen Betreuer, wenn der Volljährige aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen kann.
§ 1896 Abs. 2 Satz 1: Ein Betreuer darf nur für Angelegenheiten bestellt werden, in denen die Betreuung erforderlich ist. Die Betreuung ist nicht erforderlich, soweit die Angelegenheiten des Volljährigen durch einen Bevollmächtigten ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können.
Eine vom Betroffenen erteilte Vorsorgevollmacht hindert die Bestellung eines Betreuers nur, wenn gegen die Wirksamkeit der Vollmachtserteilung keine Bedenken bestehen. Eine Vorsorgevollmacht steht der Bestellung eines Betreuers auch dann nicht entgegen, wenn der Bevollmächtigte ungeeignet ist, die Angelegenheiten des zu Betreuenden zu besorgen, insbesondere weil zu befürchten ist, dass die Wahrnehmung der Interessen des zu Betreuenden durch denjenigen, der zum Betreuer bestellt wurde, eine konkrete Gefahr für das Wohl des zu Betreuenden begründen. Dies ist der Fall, wenn der Bevollmächtigte wegen erheblicher Bedenken an seiner Redlichkeit als ungeeignet erscheint. Dabei entscheidet der Richter, der über eine Betreuung zu entscheiden hat, über Art und Umfang seiner Ermittlungen nach pflichtgemäßem Ermessen. Dem Gericht, das die Rechtmäßigkeit der Bestellung eines Betreuers überprüft, obliegt lediglich die Kontrolle auf Rechtsfehler, insbesondere die Prüfung, ob alle maßgeblichen Gesichtspunkte in Betracht gezogen wurden und die Würdigung auf einer ausreichenden Sachaufklärung beruht.
Bestehen Zweifel an der Redlichkeit der von dem zu Betreuenden als Betreuer eingesetzten Person, kann gemäß § 1896 Abs. 3 BGB ein Kontrollbetreuer bestellt werden. Die Kontrollbetreuung dient regelmäßig als Ausgleich dafür, dass der nach Erteilung der Vollmacht geschäftsunfähig gewordene Betroffene die Vollmacht nicht mehr selbst widerrufen kann. Erforderlich ist die Kontrollbetreuung z.B., wenn besondere Schwierigkeiten in der Geschäftsführung bestehen bzw. konkrete Verdachtsmomente vorliegen, dass dem Betreuungsbedarf durch die Vollmachtserteilung nicht genügt wird. Bei erheblichen Zweifeln an der Redlichkeit des Bevollmächtigten und an der Abwendbarkeit der Vermögensgefährdung durch eine Vollmachtsüberwachungsbetreuung ist eine Vollbetreuung einzurichten.
Nach § 1897 Abs. 4 BGB hat das Betreuungsrecht einem Vorschlag des zu Betreuenden zur Person des Betreuers zu entsprechen, sofern die Bestellung des vorgeschlagenen Betreuers dem Wohl des Betroffenen/dem zu Betreuenden nicht zuwiderläuft. Ein solcher Vorschlag erfordert in der Regel weder Geschäfts- noch natürliche Einsichtsfähigkeit. Vielmehr genügt es, dass der Betroffene seinen Willen oder Wunsch kundtut, eine bestimmte Person solle sein Betreuer werden. Etwaigen Missbräuchen und Gefahren wird hinreichend durch begrenzte, letztlich auf das Wohl des Betroffenen abstellende Bindungswirkung eines solchen Vorschlags begegnet.
Quelle: BGH, Beschluss vom 13.04.2011, Az. XII ZB 584/10