Berliner Testament - Wechselwirkung beachten

02.07.2020, Autor: Frau Annegret Petersen / Lesedauer ca. 2 Min. (220 mal gelesen)
Das Berliner Testament entfaltet eine Bindungswirkung, die spätere Verfügungen unmöglich machen kann!

Viele Ehegatten bestimmen ihre Erbfolge in Form des „Berliner Testaments“, d. h. sie setzen sich gegenseitig zu Alleinerben und ihre Kinder zu „Schlusserben“ nach dem Tod des überlebenden Ehepartners, ein.

Dies kann problematisch werden, wenn der länger lebende Ehepartner nach dem Tod des Erstversterbenden neu testieren möchte, weil seine persönlichen Verhältnisse sich, beispielsweise durch
  • eine weitere Eheschließung,
  • Kinder aus einer neuen Verbindung oder
  • Streit mit einem der Schlusserbenverändert haben,
sodass er die mit dem Ehepartner vereinbarte Schlusserbeneinsetzung verändern möchte.

Zwar gilt im deutschen Erbrecht der Grundsatz der Testierfreiheit, d. h., der Erblasser kann grundsätzlich frei über Erbeinsetzung und Verteilung seines Nachlasses entscheiden. Die Testierfreiheit wird aber beschränkt, wenn sich ein Erblasser durch ein Testament mit einem Ehepartner bereits hinsichtlich der Einsetzung der Schlusserben gebunden hat.

Der länger lebende Ehepartner hat dann nicht mehr die Möglichkeit, in einem weiteren Testament die Erbfolge zu ändern. Dies gilt immer dann, wenn die Eheleute eine sogenannte „wechselbezüg-liche Verfügung“ getroffen haben, also eine Verfügung, die ein Ehegatte nicht ohne die entspre-chende Verfügung es anderen Ehegatten getroffen hätte. Dies gilt regelmäßig dann, wenn Eheleute den länger lebenden Ehepartner zum Alleinerben und als Schlusserben die gemeinsamen Kinder einsetzen.

Solche „wechselbezüglichen Verfügungen“ können, solange beide Eheleute leben, einvernehmlich aufgehoben oder durch eine notariell beurkundete Erklärung, die dem anderen übermittelt wird, auch von einem Ehegatten widerrufen werden.

Sobald allerdings einer der Ehegatten verstorben ist, besteht diese Möglichkeit nicht mehr. Der überlebende Ehegatte ist gehindert, später eine andere Erbeinsetzung, als im gemeinsamen Testament bestimmt ist, vorzunehmen. Er kann seine Testierfreiheit nur dann zurückerlangen, wenn er nach dem Tod des Erstversterbenden das Erbe ausschlägt.

Wer ein gemeinschaftliches Testament errichten will, sollte sich dieser Bindungswirkung bewusst sein und umfassend rechtlich beraten lassen. In einem Testament oder Erbvertrag können Regelungen vorgesehen werden, die es dem länger lebenden Ehepartner ermöglichen, unter bestimmten Bedingungen auch anderweitige oder im Umfang veränderte Erbeinsetzungen für seinen Tod festzulegen.