E-Scooter auf deutschen Straßen

13.11.2019, Autor: Herr Joachim Laux / Lesedauer ca. 4 Min. (158 mal gelesen)
Kaum sind E-Scooter auf den Straßen zugelassen, gibt es auch schon die ersten schweren Unfälle. Grund genug, sich mit den rechtlichen Folgen solcher Unfälle auseinanderzusetzen.

Die wichtigsten Nutzungsregeln bei E-Scootern


Der Gesetzgeber hat die Nutzung von E-Scootern in der neuen Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung (eKFV) geregelt, die neben der StVO gilt. Vorab kurz die wichtigsten Regeln:

Das Mindestalter für die Nutzung von E-Scootern beträgt 14 Jahre. Ein Führerschein ist für die Fahrt somit nicht erforderlich.
Grundsätzlich dürfen E-Scooter nur dort fahren, wo auch Fahrräder fahren dürfen. Sprich: auf Fahrradwegen, kombinierten Geh- und Fahrradwegen oder Fahrradstraßen. Fehlt ein Radweg, darf auf die Straße ausgewichen werden. Es ist aber das Rechtsfahrgebot der StVO zu beachten. Gehwege dürfen also ausdrücklich nicht genutzt werden!
E-Scooter verfügen nicht über Blinker. Abbiegen muss durch ein entsprechendes Handzeichen anzeigen werden.
Die Mindest- (6 km/h) und die Höchstgeschwindigkeit (20 km/h) sind bereits durch Fahrzeuge selbst vorgegeben. Die Geschwindigkeit ist jedoch stets der Verkehrslage anzupassen.
Für die Promillegrenze gelten dieselben Regeln wie bei Autofahrern, also relative Fahruntüchtigkeit ab 0,3 ‰ und absolute Fahruntüchtigkeit ab 1,1 ‰. Verstöße bei der Nutzung von E-Scootern können sich dabei auch auf den Pkw-Führerschein auswirken.
Auf einem E-Scooter darf grundsätzlich nur einzeln gefahren werden. Der immer wieder zu beobachtende Spaß zu zweit ist also verboten.
Bedenklich zudem: Eine Helmpflicht besteht für E-Scooter nicht!
 Übrigens: E-Scooter sind nicht Teil der Privathaftpflichtversicherung!


Auf der Straße unterwegs? Unbedingt an Folgendes denken:

Um auf deutschen Straßen fahren zu dürfen, benötigt der E-Scooter zunächst eine allgemeine Betriebserlaubnis oder eine Einzelbetriebserlaubnis. Zudem besteht für die Elektroroller eine Versicherungspflicht. Das heißt: Für jeden Scooter muss eine eigene KfZ-Versicherung abgeschlossen werden.

Ohne selbstklebende Versicherungsplakette darf der elektrische Tretroller nicht auf öffentlichen Straßen oder Plätzen gefahren werden. Die Versicherungsplaketten sind direkt bei der KfZ-Versicherung erhältlich.

Das heißt: Auch Sharing-Unternehmen sind für die Versicherung Ihrer Fahrzeuge verantwortlich. Der Nutzer ist also während der Buchung des Fahrzeugs stets haftpflichtversichert. Bei einigen Anbietern kann im Versicherungsfall aber eine Selbstbeteiligung anfallen. Es lohnt sich also, sich vor der Nutzung  eingehend mit den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des jeweiligen Anbieters auseinandersetzen.

Unfallrisiko fast wie beim Fahrradfahren

E-Scooter sind somit straßenverkehrsrechtlich im Wesentlichen den Fahrradfahrern gleichgestellt und auch das Unfallrisiko ist aufgrund der erreichbaren Höchstgeschwindigkeit vergleichbar. Bereits in den ersten zwei Wochen nach Zulassung gab es mehrere Unfälle mit schweren Knochenbrüchen und Kopfverletzungen. Die Gefahrenlage ist für E-Scooter dennoch wesentlich höher.

Zum einen sind E-Scooter im Straßenverkehr eine bislang relativ ungewohnte Erscheinung, sodass andere Verkehrsteilnehmer sich noch nicht auf sie einstellen konnten. Im Vergleich zu Fahrradfahrern sind sie zudem aufgrund der geringeren Größe zudem auch deutlich schlechter wahrzunehmen. Doch nicht nur Fehler anderer Verkehrsteilnehmer bergen die Gefahr von Unfällen. Die sichere Beherrschung von E-Scootern erfordert einiges an Übung. Die Handhabung ist auch für erfahrene Radfahrer zunächst ungewohnt. Insbesondere das korrekte Abbiegen fällt vielen schwer, da hier zum Anzeigen des Richtungswechsels eine Hand vom Lenker genommen werden muss. E-Scooter sind darüber hinaus aber auch deutlich anfälliger für schlechte Straßenverhältnisse. Schlaglöcher, Split oder Kopfsteinpflaster können schnell zum Sturz führen. Die bisherigen Zahlen zeigen indes auch, dass sich E-Scooter vor allem bei Touristen und Gelegenheitsfahrern großer Beliebtheit erfreuen. Gerade bei Touristen besteht mangels Kenntnis der örtlichen Verkehrssituation und durch Befahren von Gehwegen und Plätzen das Risiko in einen Unfall verwickelt zu werden.

Entsprechend ähnlich auch die Haftung

Wie bei Radfahrern führen vor allem Unfälle mit Beteiligung eines Pkw zu schweren körperlichen Verletzungen. Wird für diese Verletzungen Schadenersatz oder Schmerzensgeld gefordert, müssen diese Ansprüche regelmäßig vor Gericht durchgesetzt werden. Somit stellen sich in diesen Fällen prinzipiell die gleichen haftungsrechtlichen Fragen, die bereits aus Fahrradunfällen bekannt sind.

Alleinhaftung des Autofahrers – wann?

Bei Autounfällen kann sowohl der Fahrer (§ 7 StVG), der Halter (§ 18 StVG), als auch der Haftpflichtversicherer (§ 115 VVG) in Anspruch genommen werden. Dabei wird ein Verschulden des Autofahrers nicht nur gemäß § 18 Abs. 1 StVG vermutet. Radfahrern kommen zusätzlich regelmäßig Beweiserleichterungen aufgrund des sog. „Beweis des ersten Anscheins“ zugute. Dieser kommt bei typischen Unfallhergängen zum Tragen. Der Geschädigte muss dann nur die zugrunde liegenden Tatsachen und nicht mehr das Verschulden des Gegners darlegen. Aufgrund der Gleichstellung von E-Scootern und Fahrrädern durch die Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung werden die Gerichte diese Grundsätze auch in Fälle mit E-Scootern anwenden.

Mithaftung nur bei vollem Nachweis von Mitverschulden

Eine Mithaftung des Verletzten setzt voraus, dass diesem ein Mitverschulden an dem Unfall nachzuweisen ist. Neben den obengenannten Verhaltenspflichten sind auch die allgemeinen Verkehrsregeln einzuhalten. Im Fall von E-Scootern ist insbesondere die Einhaltung eines ausreichenden Seitenabstandes zu beachten. Für das Mitverschulden ist jedoch der Autofahrer voll beweispflichtig. Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit genügt an dieser Stelle nicht. Vielmehr muss der Richter vollends vom behaupteten Mitverschulden überzeugt sein (286 ZPO).

Ein solches Mitverschulden ist durch den Anspruchsgegner in den meisten Fällen nicht beweisbar, so dass der Einwand nur selten durchgreift. Zum einen kommen dem Geschädigten vielfache Beweiserleichterungen zugute und zum anderen lässt sich der Unfallhergang in der überwiegenden Zahl der Fälle nicht mehr zweifelsfrei aufklären. Eine Mithaftung des Verletzten scheidet somit regelmäßig aus.

Unfall wegen technischen Mangels?

Einige Anbieter versuchen den Nutzern über ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen Inspektionspflichten aufzubürden und stehen deshalb bereits stark in der Kritik. So heißt es bei einigen Anbietern, die Nutzer müssten vor Fahrtantritt Bremsen, Beleuchtung, Räder, Rahmen und Akkus der Roller auf technische Mängel überprüfen. Das ist natürlich nicht haltbar, da die wenigsten Verbraucher über entsprechendes Fachwissen verfügen. Die Vereinbarung der Nutzung „auf eigene Gefahr“ dürfte somit – jedenfalls im Hinblick auf für den Verbraucher unvorhersehbare Defekte – schlicht unzulässig sein. Rechtlich besteht hier aber noch reichlich Klärungsbedarf.