Scheidung droht: Die wichtigsten Rechtsinfos für Trennungswillige

15.02.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice / Lesedauer ca. 13 Min. (2656 mal gelesen)
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Das Wichtigste in Kürze

1. Trennung / Scheidung: Vor der Scheidung kommt grundsätzlich das Trennungsjahr. Stellt sich heraus, dass die Ehe gescheitert ist, muss die Scheidung von einem Anwalt beim Familiengericht beantragt werden. Die Ehe wird dann durch Entscheidung des Gerichts geschieden.

2. (Trennungs-) Unterhalt: In der Zeit der Trennung hat der finanziell schwächere Ehegatte Anspruch auf Trennungsunterhalt. Nach der Scheidung gibt es - Bedürftigkeit eines Ex vorausgesetzt - nachehelichen Unterhalt.

3. Kinder / Sorgerecht: Sind gemeinsame Kinder vorhanden, müssen Fragen zum Sorgerecht, Umgangsrecht und Kindesunterhalt geklärt werden. Das Wohl des Kindes steht dabei immer im Mittelpunkt.

4. Vermögensaufteilung: Die Aufteilung des gemeinsamen Vermögens sollte klar geregelt werden, entweder einvernehmlich oder durch gerichtliche Entscheidung.

5. Versorgungsausgleich: Das Familiengericht gleicht die Rentenansprüche beider Ehegatten so aus, dass beide die Ehe mit den gleichen Rentenanwartschaften verlassen. Dabei werden auch Betriebsrenten berücksichtigt.

6. Aufteilung des Hausrat: Hausrat sind alle Dinge, die der gemeinsamen Lebensführung dienen. Dinge, die beiden gemeinsam gehören, können von einem der Partner eingefordert werden, wenn er oder sie darauf angewiesen ist. Der andere Partner kann dafür unter Umständen einen finanziellen Ausgleich fordern.

7. Wohnung: Wer die gemeinsame Wohnung weiterhin nutzen darf, richtet sich nach dem Einzelfall. Sind Kinder vorhanden, die zumeist bei einem Elternteil wohnen, wird diesem mit Blick auf das Kindeswohl häufig auch die Wohnung zugesprochen.
Statistiken zufolge werden etwa 40 Prozent der Ehen in Deutschland geschieden. Natürlich schwankt die Scheidungsrate jedes Jahr etwas. Während 1990 noch 154.000 Ehen geschieden wurden, waren es 2005 laut Statistischem Bundesamt 201.000. Im Jahr 2017 wurden 153.501 Ehen geschieden, im Jahr 2019 waren es 148.066 und 2020 waren es 143.800. Die deutschen Familiengerichte arbeiten auf Hochtouren, um all diese Ehescheidungen zu bewältigen. Eheleute, die sich scheiden lassen wollen, müssen sich mit vielen rechtlichen Fragen befassen – vom Sorgerecht für die Kinder bis zu Unterhalt und Versorgungsausgleich.

1. Wann kann man sich scheiden lassen?


Ein Ehepaar kann sich scheiden lassen, wenn seine Ehe gescheitert ist. Das bedeutet: Wenn die Lebensgemeinschaft zwischen den Ehegatten nicht mehr besteht und mit ihrer Wiederherstellung nicht mehr zu rechnen ist. Die Ehepartner müssen sich also getrennt haben, ohne dass es Hoffnung auf ein erneutes Zusammenkommen gibt. Dies bezeichnet man auch als "Zerrüttung der Ehe". Per Gesetz geht man von einer solchen Zerrüttung aus, wenn die Ehepartner mindestens ein Jahr getrennt leben und beide die Scheidung wünschen. Wenn nur einer von beiden die Scheidung anstrebt, ist eine Trennungszeit von drei Jahren nötig.

2. Wie läuft eine Scheidung ab?


Rechtsgültig geschieden wird eine Ehe durch eine Entscheidung des Familiengerichts. Dort gilt Anwaltszwang. Mindestens einer der Ehepartner muss also durch einen Rechtsanwalt vertreten sein. Nur ein Rechtsanwalt kann einen Scheidungsantrag beim Gericht stellen.

Entweder beantragen beide Ehegatten die Ehescheidung - dann benötigen auch beide einen Anwalt. Oder nur einer stellt den Scheidungsantrag und der andere muss diesem zustimmen. Den Scheidungsantrag können die Eheleute schon ein oder zwei Monate vor Ablauf des Trennungsjahres stellen.

Zumindest einer der Ehegatten muss über seinen Anwalt beim Gericht einen Scheidungsantrag stellen. Sobald dieser Antragsteller einen Kostenvorschuss für die Gerichtskosten gezahlt hat, stellt das Gericht den Scheidungsantrag dem anderen Ehepartner zu. Dann schickt das Familiengericht beiden Formulare zum Versorgungsausgleich zu, die sie ausfüllen müssen. Auch holt das Gericht Auskünfte bei den Rentenversicherungsträgern ein, um den Versorgungsausgleich berechnen zu können. Danach legt es den Scheidungstermin fest.

Dies ist ein Gerichtstermin, zu dem beide Ehepartner persönlich erscheinen müssen. Dabei prüft der Richter, ob die Voraussetzungen für eine Ehescheidung gegeben sind. Er fragt die Eheleute, ob sie geschieden werden wollen und seit wann sie getrennt leben. Liegen alle Voraussetzungen vor, verkündet das Gericht den Scheidungsbeschluss. Ein Scheidungsurteil gibt es seit 2009 nicht mehr. Sind beide Eheleute anwaltlich vertreten und verzichten sie auf weitere Rechtsmittel, wird die Ehescheidung sofort rechtskräftig. Andernfalls kann einer von beiden innerhalb von einem Monat ab Zustellung das Rechtsmittel der Beschwerde gegen den Scheidungsbeschluss einlegen.

Hat also eine Partei keinen Rechtsanwalt, muss erst der Ablauf der Beschwerdefrist abgewartet werden, damit die Scheidung rechtskräftig wird. Eine neue Eheschließung oder eine Änderung des Familiennamens sind erst mit rechtskräftigem Scheidungsbeschluss möglich.

3. Wann ist eine Scheidung rechtskräftig?


Wird eine Scheidung rechtskräftig, kann sie nicht mehr mit Rechtsmitteln angefochten werden. Zwar verkündet der Scheidungsrichter den Scheidungsbeschluss meist mündlich am Ende der Verhandlung. Damit ist die Scheidung jedoch noch nicht rechtskräftig. Die Ehepartner haben dann ab Zustellung des schriftlichen Scheidungsbeschlusses noch einen Monat Zeit, um Rechtsmittel einzulegen. Vergeht dieser Monat ohne Rechtsmittel, tritt die Rechtskraft ein. Legt ein Ehepartner Rechtsmittel ein, geht das Gerichtsverfahren in eine höhere Instanz. Eine andere Möglichkeit für den Eintritt der Rechtskraft besteht darin, dass die Ehepartner im Scheidungstermin vor Gericht auf Rechtsmittel verzichten. In diesem Fall wird die Scheidung sofort rechtskräftig. Möglich ist dies nur, wenn beide durch je einen eigenen Anwalt vertreten werden - denn den Antrag kann nur ein Anwalt stellen. Bevor man dies beantragt, sollte man sich aber in Erinnerung rufen, welche Folgen die Rechtskraft einer Scheidung hat. So verlieren Ehepartner von Beamten in diesem Moment ihre Beihilfeberechtigung und Ehegatten von gesetzlich Krankenversicherten scheiden aus der Familienversicherung aus. Aber: Auch eine neue Eheschließung und die Änderung des Ehenamens werden möglich.

4. Die Trennungszeit als Vorstufe der Scheidung


Eine Scheidung setzt voraus, dass die Ehepartner seit mindestens einem Jahr getrennt leben. Erst dann gilt die Ehe per Gesetz als gescheitert. Will nur einer von beiden die Scheidung, verlängert sich die Trennungszeit auf drei Jahre.

Die Ehepartner dürfen während der Trennungszeit in einer gemeinsamen Wohnung leben. Es muss aber eine Trennung "von Tisch und Bett" geben. Es darf nicht zu gemeinsamen Freizeitaktivitäten kommen und auch nicht zu einer gegenseitigen Hilfe im Haushalt. Ausnahmen werden gemacht, wenn Kinder vorhanden sind. Dann kann nicht verlangt werden, dass beide Elternteile zum Beispiel alle Mahlzeiten getrennt einnehmen. Aber auch hier gilt: Das übliche Familienleben mit Arbeitsteilung und Haushaltskasse darf nicht einfach unverändert weitergehen.

Die Ehepartner haben während der Trennung noch Pflichten. Dazu gehört, in eine Zusammenveranlagung bei der Einkommenssteuer einzuwilligen. Voraussetzung ist, dass dadurch die Steuerschuld des anderen reduziert wird und der Einwilligende dadurch nicht mehr Steuern zahlen muss. Das Oberlandesgericht Koblenz hat betont, dass Ehepartner einander grundsätzlich verpflichtet sind, die finanziellen Lasten des anderen nach Möglichkeit zu vermindern, soweit sie dies ohne eine Verletzung eigener Interessen können. Das betreffe auch getrenntlebende Ehepartner (Beschluss vom 12.6.2019, Az. 13 UF 617/18).

5. Ist die Scheidung auch vor Ablauf des Trennungsjahres möglich?


Schon vor Ablauf des Trennungsjahres ist eine sogenannte Härtefallscheidung möglich. Diese beruht auf § 1565 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Dazu muss das Fortbestehen der Ehe für einen der Partner eine unzumutbare Härte sein. Eine solche Situation nehmen die Familiengerichte nur im absoluten Ausnahmefall an. Beispiel: Untreue allein reicht nicht. Ein Härtefall kann etwa bei körperlicher Gewalt vorliegen - aber auch dann nur, wenn diese keine einzelne Affekthandlung war und Wiederholungsgefahr besteht.

6. Was gilt in der Trennungsphase hinsichtlich des Unterhalts?


Während der Trennung hat der finanziell schlechter gestellte Partner Anspruch auf Trennungsunterhalt. Die Regeln unterscheiden sich von denen für den nachehelichen Unterhalt. Das OLG Frankfurt/M. hat sich mit der Frage befasst, ob dafür ein Zusammenleben der Partner nötig ist. In dem Fall ging es um ein Ehepaar, dessen Ehe von den indischen Eltern beider Eheleute arrangiert worden war. Während die Frau in Deutschland lebte und arbeitete, hatte der Mann eine Stelle in Paris. An sich sollte die Frau zu ihm ziehen. Nach der Eheschließung fanden mehrere Treffen ohne sexuelle Kontakte statt. Schließlich entschieden beide, die Vereinbarungen ihrer Eltern zu den Akten zu legen und sich scheiden zu lassen. Allerdings verlangte die Frau nun Trennungsunterhalt, weil der Mann als Wertpapierhändler besser verdiente. Das Oberlandesgericht kam zu dem Ergebnis, dass ein Anspruch auf Trennungsunterhalt kein vorheriges Zusammenleben der Eheleute voraussetze und auch keine wirtschaftliche Verflechtung der beiden Partner. So etwas wie eine Ehe mit verminderten Rechten existiere nicht. Die Frau bekam den Unterhalt (Beschluss vom 12.7.2019, Az. 4 UF 123/19).

Mehr dazu:
Trennung der Ehepartner: Was ist aus rechtlicher Sicht zu beachten?

7. Kann das Trennungsjahr unterbrochen werden?


Natürlich ist es denkbar, dass das Paar während des Trennungsjahres einen Versöhnungsversuch unternimmt und man es zeitweise wieder miteinander versucht. Das Gesetz erlaubt in § 1567 Abs. 2 BGB ein kürzeres Zusammenleben zum Zwecke der Versöhnung, welches die Frist des Trennungsjahrs nicht hemmt oder unterbricht. "Kürzer" bedeutet aus Sicht der Familiengerichte meist ein paar Wochen lang. Zwei Oberlandesgerichte haben allerdings entschieden, dass "kürzer" hier bis zu drei Monate bedeuten kann (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 14.9.2009, Az. 6 WF 98/09). Während dieser Zeit kann also die häusliche Gemeinschaft zumindest teilweise wieder hergestellt werden. Wollen beide sich dann später doch noch trennen, zählen die drei Monate zum Trennungsjahr. Dauert die Versöhnungsphase jedoch länger als drei Monate, sehen die Gerichte das Trennungsjahr meist als unterbrochen an. Dann beginnt es nach Ende des Versöhnungsversuches neu zu laufen und es vergeht insgesamt mehr Zeit bis zur Scheidung.

8. Was gilt für die Scheidung nach drei Jahren Getrenntleben?


Lebt ein Ehepaar drei Jahre lang getrennt, gilt die gesetzliche Vermutung, dass die Ehe gescheitert ist. Dann ändert es nichts, wenn einer der Ehepartner sich nicht scheiden lassen will. Seine Zustimmung wird nicht mehr benötigt (§ 1566 Abs. 2 BGB). Wichtig: Der scheidungswillige Partner muss die Dauer der Trennungszeit vor Gericht beweisen können. Auch hier wird die Ehe nicht "automatisch" geschieden, sondern nur auf Antrag (den ein Rechtsanwalt stellen muss).

9. Was unterscheidet die einvernehmliche und die streitige Ehescheidung?


Bei einer einvernehmlichen Scheidung wollen sich beide Partner scheiden lassen. Es besteht kein Streit um Unterhalt oder das Sorgerecht oder beide sind dazu bereit, entsprechende Vereinbarungen zu unterschreiben. In diesem Fall reicht es aus, wenn der Anwalt eines Partners den Scheidungsantrag stellt und der andere Ehepartner zustimmt.

Will sich einer der Partner nicht scheiden lassen, handelt es sich um eine streitige Scheidung. Dann muss das Gericht entscheiden, ob es die Ehe durch Beschluss scheidet, weil die Trennungszeit vorbei ist und keine Hoffnung mehr auf Versöhnung besteht. Sieht das Gericht noch Chancen für die Ehe, kann es das Verfahren aussetzen. Von einer streitigen Ehescheidung spricht man auch, wenn es nicht um das "Ob", sondern allein um die Folgen der Trennung geht - vom Unterhalt über das Sorgerecht für Kinder bis hin zum Eigentum am Auto oder der Frage, wer den Hund bekommt.

Entschließt sich einer der Ehepartner während einer unfreiwilligen Trennung etwa infolge eines Gefängnisaufenthaltes des Partners zur Scheidung, stellt sich die Frage, wann denn das Trennungsjahr zu laufen beginnt. Das Oberlandesgericht Zweibrücken hat entschieden: Das Trennungsjahr beginnt zu laufen, sobald der andere Partner von der Scheidungsabsicht erfährt - auch, wenn er zu diesem Zeitpunkt noch im Gefängnis sitzt (Beschluss vom 21.4.2021, Az. 2 UF 159/20).

Wenn ein Ehepartner im Scheidungsverfahren gegen die Schritte des anderen vorgehen und selbst Anträge stellen möchte, muss er sich selbst anwaltlich vertreten lassen. Wichtig zu wissen ist: Im Scheidungsverfahren gibt es keinen ”gemeinsamen Anwalt”. Zwar kann ein Rechtsanwalt ein Paar, das sich über alle wesentlichen Punkte einig ist, bei einer einvernehmlichen Ehescheidung beraten. Auf diese Weise spart man Kosten. Wenn es jedoch zum Streit vor Gericht kommt, vertritt der Rechtsanwalt immer nur die Interessen desjenigen, der ihn beauftragt hat.

10. Was steht mir nach der Ehescheidung zu?


Ist die Scheidung einmal rechtskräftig, gilt der Grundsatz der Eigenverantwortung. Das heißt: Jeder sorgt für sich selbst. Das Bürgerliche Gesetzbuch nennt aber in den §§ 1570 ff. mehrere Gründe, aus denen der finanziell schlechter gestellte Partner vom anderen nachehelichen Unterhalt fordern kann (etwa Betreuung eines Kindes, wegen Erwerbslosigkeit). Wichtige Voraussetzung für jeden Unterhaltsanspruch ist die Bedürftigkeit. Sie besteht, wenn der Betreffende nicht selbst für seinen Lebensunterhalt aufkommen kann. Hat die Ehe nicht länger als zwei Jahre gedauert, gewähren die Gerichte meist keinen Unterhalt.

Berechnet wird der nacheheliche Unterhalt nach dem sogenannten Halbteilungsgrundsatz. Grob gesagt bedeutet dies, dass jeder die Hälfte des Gesamteinkommens des Paares zur Verfügung haben soll, auf Basis der finanziellen Verhältnisse während der Ehe. Allerdings hat der Unterhaltspflichtige immer einen Selbstbehalt, der ihm bleiben muss. Aber: Der Unterhaltsberechtigte hat eine Erwerbspflicht. Er oder sie muss zumindest versuchen, selbst Geld zu verdienen. Macht er das nicht, rechnet das Gericht bei der Unterhaltsberechnung ein fiktives Einkommen an.

11. Was passiert nach der Scheidung mit einem gemeinsamen Testament?


Bei einer Scheidung wird ein gemeinsames Ehegattentestament unwirksam. Dazu ein Fall: Ein Ehepaar hatte ein Berliner Testament verfasst. Als beide sich trennten, setzte der Mann ein neues Testament auf. Darin wurde die gemeinsame Adoptivtochter zur Alleinerbin bestimmt und die Ehefrau enterbt. Danach reichte die Ehefrau die Scheidung ein und der Ehemann stimmte zu. Allerdings wollten beide noch im Rahmen einer Mediation prüfen, ob noch Hoffnung für die Ehe bestünde.

Dann starb der Ehemann. Ehefrau und Adoptivtochter stritten nun um das Erbe. Das Oberlandesgericht Oldenburg entschied: Nach den §§ 2268, 2077 BGB ist ein gemeinschaftliches Testament unwirksam, wenn die Ehe geschieden wird oder die Voraussetzungen für eine Scheidung vorlagen und der Erblasser die Scheidung beantragt oder einem Scheidungsantrag zugestimmt hat. Genau dies war hier der Fall gewesen. Daran ändere auch das Mediationsverfahren nichts - zumal die Trennung hier bereits über drei Jahre angedauert habe. § 1566 BGB enthalte eine gesetzliche Vermutung, dass die Ehe nach dieser Zeit gescheitert sei. Da letztendlich der Ehegatte der Scheidung zugestimmt habe, sei das Erbrecht der Ehefrau entfallen und die Adoptivtochter sei Erbin (Oberlandesgericht Oldenburg, Beschluss vom 26.9.2018, Az. 3 W 71/18).

12. Was genau ist der Versorgungsausgleich?


Das Familiengericht führt bei der Scheidung einen Versorgungsausgleich durch. Dabei werden die Rentenansprüche beider Partner so ausgeglichen, dass beide die Ehe mit den gleichen Rentenanwartschaften verlassen. Dabei werden auch Betriebsrenten berücksichtigt. So soll zum Beispiel verhindert werden, dass jemand Nachteile erleidet, der sich zu Hause um die Kinder gekümmert hat, anstatt zu arbeiten. Der Versorgungsausgleich kann aber durch einen vor oder während der Ehe geschlossenen Ehevertrag ausgeschlossen werden. Der Anspruch auf den Versorgungsausgleich kann auch in Extremfällen wegen "grober Unbilligkeit" wegfallen, wenn ein Ausgleich also als sehr ungerecht erscheinen würde.

13. Welche finanziellen Ausgleichsleistungen im Zuge der Scheidung gibt es noch?


Soweit bei der Eheschließung nichts anderes vereinbart wurde (Ehevertrag), wird ein Zugewinnausgleich durchgeführt. Das bedeutet: Die während der Ehe erfolgten Vermögenszuwächse werden unter den Partnern ausgeglichen. Womöglich hat ein Ehepartner während der Ehe persönlich einen Vermögenszuwachs erzielt – zum Beispiel durch einen Lottogewinn, eine Abfindung des Arbeitgebers, Aktiengewinne oder die Zahlung einer privaten Unfallversicherung. Haben beide während der Ehe im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt, kann dann der andere die Hälfte des während der Ehe hinzugekommenen Vermögens einfordern. Besondere Regeln gibt das Gesetz dabei für Erbschaften oder Schenkungen vor - man berücksichtigt sie nur mit ihrem Wertzuwachs während der Ehe, jedoch nicht mit dem Wert der Erbschaft selbst.

Übrigens fließt die sogenannte Aussteuer in Form von Haushaltsgegenständen, die nur einem der Ehegatten gehören, in den Zugewinnausgleich ein und zählt auch beim Anfangsvermögen mit. Dies beruht auf einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 11.5.2011, Az. XII ZR 33/09).

14. Wer darf nach der Scheidung die gemeinsame Wohnung weiternutzen?


Natürlich stellt sich nach der Scheidung die nicht unerhebliche Frage, wer die gemeinsame Wohnung weiter bewohnen kann. Dies umso mehr, wenn gemeinsame Kinder da sind. Dafür gibt es keine pauschale Regel. Folgende Möglichkeiten sind denkbar.

- Im besten Fall können sich die Partner einvernehmlich darauf einigen, wer in der Wohnung bleibt.

- Sind gemeinsame Kinder vorhanden, wird zumeist demjenigen Elternteil, bei dem die Kinder die meiste Zeit leben, die Wohnung vom Familiengericht zugesprochen.

15. Wer bekommt nach der Scheidung den Hausrat?


Gehören Haushaltsgegenstände einem der Ehegatten allein, darf dieser sie normalerweise auch nach der Scheidung behalten. Dinge, die beiden gemeinsam gehören, können von einem der Partner eingefordert werden, wenn er oder sie darauf angewiesen ist - etwa im Hinblick auf das Wohl im Haushalt lebender Kinder. Dann kann der andere Partner jedoch unter Umständen eine Ausgleichszahlung fordern.

Alles, was der gemeinsamen Lebensführung dient, gehört zum Hausrat. Dies reicht von der Kaffeemaschine bis zum Familienauto. Nicht zum Hausrat gehören persönliche Wertgegenstände, Kapitalanlagen, Schmuck, Kunstwerke, Antiquitäten usw. Wenn sich die Ehegatten nicht über den gemeinsamen Hausrat einigen können, teilt das Familiengericht diesen unter ihnen auf.

16. Wer bekommt nach der Trennung / Scheidung das Auto?


Während des Trennungsjahres müssen sich die Partner einigen, wer das gemeinsam genutzte Auto weiter nutzen darf. Ist keine Einigung möglich, kann eine gerichtliche Entscheidung erfolgen. Dann wird die vorläufige Nutzung des Autos demjenigen zugesprochen, der es notwendiger braucht, zum Beispiel beruflich oder zum Herumfahren kleinerer Kinder. Voraussetzung ist, das das Auto als Haushaltsgegenstand anzusehen ist, also als Familienauto im Alltagsbetrieb eingesetzt wurde.

Nach der Scheidung gilt: Steht das Auto im Alleineigentum eines Ehepartners, ist es diesem herauszugeben. Daran ändert eine vorläufige Zuweisung während der Trennung nichts. Alleineigentum ist zu beweisen. Die Eintragung in den Fahrzeugpapieren allein reicht nicht aus. Berücksichtigt wird auch, wer Wartung und laufende Kosten bezahlt hat und wer im Kaufvertrag als Käufer steht.

Wurde das Auto während der Ehe angeschafft und hauptsächlich für Familienzwecke genutzt, gilt die sogenannte Eigentumsvermutung des § 1568b Abs. 2 BGB. Es wird also hälftiges Eigentum beider Partner vermutet. Die Folge: Das Auto gilt als Haushaltsgegenstand, der in die normale Hausratsverteilung einfließt. Auch hier kann also derjenige, der das Auto dringender braucht, es herausverlangen - aber dann in der Regel gegen eine Ausgleichszahlung.

17. Wo lebt das gemeinsame Kind nach der Ehescheidung?


Nach der Scheidung lebt das Kind bei dem Partner, der das Sorgerecht und damit das Recht zur Aufenthaltsbestimmung hat. Aber: Meist haben beide Elternteile das gemeinsame Sorgerecht. Daran ändert die Scheidung zunächst nichts. Die Eltern müssen sich also einigen, bei wem das Kind lebt. Der Elternteil, bei dem das Kind wohnt, darf auch über dessen alltägliche Angelegenheiten entscheiden. Er/sie muss aber bei allen wichtigen Entscheidungen – etwa Auslandsreisen, größeren medizinischen Eingriffen oder wichtigen finanziellen Fragen – den sorgeberechtigten Ex-Partner mitentscheiden lassen.

Das Familiengericht kann auf Antrag der Mutter oder dem Vater durch Beschluss das Sorgerecht allein zusprechen. Es wird vorher das Kind anhören - unabhängig von dessen Alter. Durch eine Sorgerechtsvereinbarung der Eltern kann ebenfalls ein Elternteil das alleinige Sorgerecht erhalten.

18. Was ist eine Online-Scheidung?


Oft wird mit dem Begriff ”Online-Scheidung” geworben. Diese Wortwahl ist jedoch etwas irreführend: Eigentlich gibt es so etwas nicht.
Gemeint ist: Einige Rechtsanwälte bieten an, die vor einer Ehescheidung erforderlichen Formalitäten online oder per Post zu erledigen. So spart der Mandant Wege und Zeit. Allerdings ist auch keine ausführliche Beratung möglich.

All dies ändert nichts daran, dass eine Ehe nur im Rahmen eines Gerichtsverfahrens geschieden werden kann. Beide Ehepartner kommen nicht darum herum, sich persönlich zum Gericht zu begeben. Sie kommen auch nicht darum herum, dort Fragen zu ihrem Privatleben oder ihrem letzten sexuellen Kontakt zueinander zu beantworten. Eine sogenannte Online-Scheidung macht Sinn bei einfachen und einverständlichen Scheidungen ohne Streitpotential, nicht dagegen bei Ehescheidungen mit vielen Streitpunkten und Beratungsbedarf.

19. Werden ausländische Scheidungen in Deutschland anerkannt?


Eine Ehe, die im Ausland aufgelöst wurde, gilt deshalb nicht automatisch auch in Deutschland als geschieden. Eine Übersetzung des ausländischen Scheidungsbeschlusses reicht nicht aus. Die Ehescheidung muss auch in Deutschland formell behördlich anerkannt werden. Dafür sind bestimmte Gerichte zuständig, in Hamburg etwa das Hanseatische Oberlandesgericht. Erforderlich sind die ausländischen Scheidungsdokumente mit Übersetzung und ein Nachweis, dass die ausländsche Entscheidung tatsächlich rechtskräftig, also nicht mehr anfechtbar, ist.

20. Was passiert, wenn ich mein Scheidungsurteil verloren habe?


Trennungen führen zu Umzügen, Umzüge führen manchmal dazu, dass Unterlagen verloren gehen. Wenn dies mit dem Scheidungsurteil - korrekter: dem Scheidungsbeschluss - passiert, kann dies Folgen haben. Denn: Man muss den Scheidungsbeschluss unter Umständen bei diversen Gelegenheiten vorlegen - zum Beispiel bei einer neuen Eheschließung oder dem Beantragen staatlicher Leistungen. Aber: Die Eheleute oder auch zum Beispiel deren Kinder können durchaus eine neue Ausfertigung der Scheidungsurkunde beim Familiengericht beantragen. Zuständig ist das Familiengericht, bei dem die Scheidung stattgefunden hat. Der Antrag kann meist persönlich oder schriftlich gestellt werden. Allerdings kann es in den einzelnen Bundesländern unterschiedliche Voraussetzungen und Gebühren geben. Manchmal werden Unterlagen und Nachweise verlangt, wie etwa eine beglaubigte Kopie des Personalausweises.

Praxistipp zu Fragen rund um die Scheidung


Im Vergleich mit jahrelangen Rechtsstreitigkeiten ist eine einverständliche Ehescheidung die bessere Lösung. Dies gilt umso mehr, wenn Kinder vorhanden sind, die unter der Situation langfristig leiden. Sinnvoll ist es, alle auftretenden Fragen einverständlich zu regeln, etwa durch eine Scheidungsfolgenvereinbarung. Ein Fachanwalt für Familienrecht kann Ihnen dabei zur Seite stehen.

(Wk)


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 Günter Warkowski
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