Einzug kann Abnahme darstellen

06.09.2018, Autor: Frau Esther Maria Czasch / Lesedauer ca. 2 Min. (103 mal gelesen)
Die Abnahme der Bauleistung ist ein zentrales Element im Baurecht, da an die Abnahme wesentliche Rechtsfolgen geknüpft sind. Unter anderem wird durch die Abnahme die Vergütung fällig, geht die Beweislast für das Vorhandensein von Baumängeln auf den Bauherrn über und beginnen die Gewährleistungsansprüche zu laufen. Umso wichtiger ist genau zu prüfen, ob eine – ausdrücklich oder stillschweigend erklärte – Abnahme vorliegt. Diese Frage wurde im nachfolgenden Fall geklärt.

OLG Braunschweig, Urteil vom 27.09.2017 – 8 U 14/17

„Durch einen rügelosen Einzug in das vom Unternehmer hergestellte Gebäude nimmt der Besteller die Leistung des Unternehmers konkludent ab.“


Zum Sachverhalt

Der Auftragnehmer verlangt vom Auftraggeber die Bezahlung von 80.000 Euro für geleistete Stundenlohnarbeiten. Der Auftragnehmer hat seine Leistung erbracht, ohne das Mängel gerügt wurden. Es zieht sodann in das Gebäude ein. Der Auftraggeber wendet ein, die Forderung des Auftragnehmers sei mangels Abnahme und prüfbarer Abrechnung nicht fällig.

 

Entscheidung

Der Auftraggeber muss zahlen! Das Gericht entschied, dass eine konkludente Abnahme der Werkleistungen des Auftragnehmers dadurch erfolgt ist, indem der Auftraggeber das vom Auftragnehmer hergestellte Werk durch den rügelosen Einzug in das Haus in Gebrauch genommen hat.

Sofern der Auftraggeber noch rügt, dass eine ordnungsgemäße Abrechnung nicht vorliege, ist zu berücksichtigen, dass diese bei einem BGB-Werkvertrag in der alten Fassung, d.h. vor Inkrafttreten des neuen Bauvertragsrechts, keine Fälligkeitsvoraussetzung dargestellt hat.

 

Praxishinweis
Die Benutzung des Werks ist ein typisches Beispiel für eine Abnahme durch konkludentes Verhalten. Allerdings ist dem Besteller hierbei eine angemessene Prüffrist zuzugestehen, damit er das fertige Werk testen und ausprobieren kann um ihm eine Willenserklärung zu unterstellen. Die Dauer kann dabei nicht abstrakt bestimmt werden. So hat beispielsweise das OLG Düsseldorf bei Bodenbelagsarbeiten in einem Fitnessstudio eine Prüffrist von zwei Monaten für ausreichend gehalten. Nach Ansicht des BGH kann die konkludente Abnahme einer Architektenleistung darin liegen, dass der Besteller nach Fertigstellung der Leistung, Bezug des fertig gestellten Bauwerks und Ablauf einer Prüffrist von sechs Monaten keine Mängel der Architektenleistungen rügt. Umgekehrt kommt eine konkludente Abnahme durch Nutzung des Werks nicht in Betracht, wenn die Abnahme zuvor wegen wesentlicher Mängel ausdrücklich verweigert wurde. Wurden daher trotz eines Einzugs Mängel genannt, kann dies einer Abnahme entgegenstehen.

Zu beachten ist auch, dass man in Notsituationen gezwungen ist, in ein Haus einzuziehen, etwa weil die bisher angemietete Wohnung nicht mehr verfügbar ist und auch kein anderweitiger Ersatzwohnraum zur Verfügung steht. In diesem Falle ist man gezwungen, einzuziehen, was aber nicht heißt, dass man die Arbeit stillschweigend billigt.

Hinweis zum neuen Bauvertragsrecht: Bei BGB-Bauverträgen, die nach dem 01.01.2018 geschlossen wurden, ist die Erteilung einer prüfbaren Schlussrechnung nunmehr gem. § 650g Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BGB Fälligkeitsvoraussetzung. Die Schlussrechnung gilt gem. § 650g Abs. 4 Satz 2 BGB als prüfbar, wenn der Besteller nicht innerhalb von 30 Tagen nach ihrem Zugang begründete Einwendungen gegen die Prüfbarkeit erhoben hat. Dies galt für BGB-Bauverträge, die vor dem 01.01.2018 abgeschlossen wurden, nicht.